Angeklagter im Sugardaddy-Fall Bonner soll 16-Jährige zur Prostitution gezwungen haben

Bonn · Ein 36-jähriger Bonner muss sich neben dem Sugardaddy-Prozess in einem zweiten Verfahren vor Gericht verantworten. Demnach soll er eine damals 16-Jährige zur Prostitution gezwungen haben.

 Der Angeklagte steht am 5. Februar mit seinem Verteidiger im Gerichtssaal. Er soll eine Minderjährige zur Prostitution gezwungen haben.

Der Angeklagte steht am 5. Februar mit seinem Verteidiger im Gerichtssaal. Er soll eine Minderjährige zur Prostitution gezwungen haben.

Foto: Peter Kölschbach

Nach dem zweiten Treffen soll sie ihm gestanden haben, dass sie nicht wie behauptet 17, sondern erst 16 Jahre alt sei. Juristisch macht das jedoch keinen Unterschied: Denn, wenn es stimmt, was die Bonner Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vorwirft, läge die entscheidende Altersgrenze erst bei 21 Jahren: Wegen Zwangsprostitution und Zuhälterei muss sich seit Mittwochmorgen ein 36 Jahre alter Mann vor dem Bonner Landgericht verantworten, der bereits im sogenannten Sugardaddy-Prozess auf der Anklagebank sitzt.

Wie es heißt, war der Mann Präsident des im Jahr 2015 aufgelösten Bonner Chapters der Rocker-ähnlichen Gruppierung „United-Tribuns“. Nicht die Volljährigkeit, sondern die erwähnte Altersgrenze ist in dem Fall von Bedeutung: Wer nämlich eine Jugendliche unter 21 Jahren zur Prostitution überredet, macht sich automatisch der Zwangsprostitution schuldig.

Die Taten sollen vor einigen Jahren begonnen haben: Im Jahr 2013, so heißt es in der Anklage, soll der heute 36-Jährige die junge Frau in einer Düsseldorfer Edel-Disco angesprochen haben. Offenbar beruhte die erste Sympathie auf Gegenseitigkeit, man traf sich einige Tage später in einem Bergisch-Gladbacher Spaßbad wieder. Schnell kam es zu gegenseitigen Liebesbekundungen in deren Verlauf es zu dem eingangs erwähnten Geständnis kam. Genauso schnell soll der Angeklagte dann auch mit seinem eigentlichen Anliegen über den Tisch gekommen sein: Nach einem Abendessen zu viert – an dem neben den “frisch Verliebten“ auch der zweite im Sugardaddy-Prozess angeklagte Mann mit seiner damals 15-jährigen Freundin teilgenommen haben soll – eröffnete ihr neuer Lover der 16-Jährigen, dass die 15-Jährige für ihren Freund anschaffen gehe und er das „cool finde“. Da es sich bei dem anderen Mädchen um eine Schulfreundin der 16-Jährigen handelte, war diese zunächst schockiert.

In einer Godesberger Kneipe trafen sie sich wieder

Dennoch zog die „Lover-Boy-Masche“ des Mannes offenbar: Die Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft bewegte die Schülerin nach kurzer Zeit, dem Drängen ihres vermeintlichen Liebhabers nachzugeben Es folgten Besuche bei drei Kunden, bevor sich das Mädchen nach dem Tod seines Vaters entschloss, der Beziehung ein Ende zu setzen und wieder die Bank der Abendrealschule zu drücken. Da der nicht unerheblich vorbestrafte Angeklagte etwa zur selben Zeit in einer anderen Sache in Untersuchungshaft kam, riss der Kontakt ab, bis man sich im März 2015 in einer Godesberger Kneipe wieder über den Weg lief.

Auch hier war der Mitangeklagte wieder mit von der Partie. Offenbar hatten die Männer erfahren, dass die junge Frau neben der Schule in der Gaststätte als Kellnerin jobbte. Es folgten erneute Liebesschwüre und die beiden bezogen eine gemeinsame Wohnung. Dann die Ernüchterung: Er habe ja rund 30 000 Euro in die gemeinsame Zukunft investiert, soll der Mann der mittlerweile Volljährigen eröffnet haben. Die solle sie doch bitte erneut mit einem Job als Prostituierte abarbeiten. Das soll sie dann auch getan haben: Bis zu ihrem 21. Geburtstag soll sie in Clubs in Lohmar und Berlin tätig gewesen sein und das erwirtschaftete Geld an ihn abgeführt haben.

Angeklagte äußerte sich nicht

Der Angeklagte wollte sich am Mittwoch zunächst nicht äußern. Das könnte sich aber im Verlauf des Verfahrens ändern. Dann werden auch möglicherweise Sicherheitsmaßnahmen notwendig: Das Opfer soll sich nämlich, genau wie die Angeklagte im Sugardaddy-Fall, in einem Zeugenschutzprogramm befinden und beide Frauen sollen auch in diesem Prozess aussagen. Mit einem Urteil ist frühestens Ende März zu rechnen.

Den drei Angeklagten im sogenannten Sugardaddy-Prozess – neben den beiden 36 und 27 Jahre alten Männern einer 31-jährigen Frau – wird von der Staatsanwaltschaft Bonn gemeinschaftliche räuberische Erpressung vorgeworfen. Die Frau soll einem 50-jährigen reichen Geschäftsmann aus dem Sauerland, mit dem sie eine Liaison hatte, vorgetäuscht haben, von einer Rockergang entführt und mit Gewalt bedroht worden zu sein. Dieser soll daraufhin den drei Angeklagten Geldbeträge in Höhe von insgesamt 1,6 Millionen Euro gezahlt haben.

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