Keine Angst vor der Prüfung Bonner Schulpsychologen helfen Schülern

Bonn · Ein bisschen Angst vor Prüfungen könne sogar hilfreich sein, sagen die Mitarbeiter der Schulpsychologischen Beratungsstelle. Sie vermitteln aber auch Strategien für problematische Fälle.

 Esther Overheid (l.) und Christina Bieling zeigen, wie sich entspannt einer Prüfung entgegensehen lässt.

Esther Overheid (l.) und Christina Bieling zeigen, wie sich entspannt einer Prüfung entgegensehen lässt.

Foto: Stefan Hermes

„Anna ist jetzt 16 Jahre alt und besucht die 11. Klasse. Eigentlich geht sie gerne zur Schule, wenn da nicht die Klausuren wären“, so beschreiben Bonner Schulpsychologen ein typisches Beispiel aus ihrem Arbeitsgebiet. Vor Klausuren schläft Anna schlecht ein und am Morgen hat sie meistens Bauchschmerzen. Manchmal kann sie in einer Klausur kaum klar denken. Immer wieder geht ihr die Vorstellung durch den Kopf, sie könnte etwas vergessen haben. So wie Anna leiden viele Schülerinnen und Schüler unter Prüfungsangst.

Dem guten Beispiel der Schulpsychologischen Beratungsstelle des Rhein-Sieg-Kreises folgend, ist auch die Bonner Schulpsychologie dabei, den ersten angebotenen Kursus für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe zum Umgang mit Prüfungsängsten erfolgreich abzuschließen. Die Nachfrage war groß und der Kurs war schnell mit zwölf Teilnehmern gefüllt. „Mit den gemachten positiven Erfahrungen gehen wir davon aus, den Kurs für das nächste Schuljahr erneut anzubieten“, sagt Schulpsychologin Esther Overheid, die zusammen mit ihrer Kollegin Christina Bieling für den GA ein vorläufiges Resümee ihrer Erfahrungen zog.

An vier Terminen konnten sich die Jugendlichen mit ihren Ängsten auseinandersetzen, Entspannungstechniken lernen und erfahren, wie eine sinnvolle Prüfungsvorbereitung gelingt. Das bevorstehende fünfte und letzte Treffen der Oberstufenschüler wird noch einmal das Erlernte vertiefen und Erkenntnisse für die kommende Fortsetzung des Kursangebots liefern.

Wissensvermittlung zum Thema Prüfungsangst

Den Psychologinnen gelingt es dabei, auf die vielfältigen Ursachen von Prüfungsängsten einzugehen. Häufig werden Misserfolge auf persönliche Defizite bezogen. Oder die Schüler gehen von vornherein davon aus, dass sie scheitern werden, was dann tatsächlich auch dazu führt, das dies eintritt. Oft sind auch ungünstige Lerntechniken ein Auslöser für die Prüfungsangst. Eine „Aufschieberitis“, ein Lernen ohne Pause bis kurz vor der Prüfung oder auch ein ungünstiges Lehrerverhalten können ausreichende Gründe für die Entstehung von Stresssymptomen sein. Zudem können schulische Über- und Unterforderung Angst auslösen – genau wie der überhöhte Leistungsanspruch an sich selber oder vonseiten der Eltern.

„Wir versuchen mit den Schülern zunächst einmal zu erarbeiten, dass sie ihre Angstgefühle nicht mehr so negativ bewerten“, so Overheid. Mit der Wissensvermittlung zum Thema Prüfungsangst kann es gelingen, eine neue Sicht auf die eigenen Gefühle zu bekommen. Man müsse sich bewusst machen, dass Angst durchaus evolutionär begründbar sei, so Bieling. Sie versorge den Körper mit Energie und mache ihn leistungsbereiter. Wer das verstehe, könne lernen, seine Körperreaktionen zu erkennen und damit die jeweilige Situation weniger dramatisch einzuschätzen. „Ein kleines bisschen Angst oder Erregung“, ergänzt Overheid, sei aber in Ordnung oder sogar hilfreich. Das, was man über eine Situation denke und wie man sie bewerte, ziehe immer auch ein entsprechendes Gefühl nach sich. „Ich habe gelernt und gebe mein Bestes“, sei eben wesentlich förderlicher, als „ich bin so nervös und werde wieder alles vermasseln.“

Innerhalb des Kursangebotes standen auch Themen wie „Lernen lernen“ oder „Motivation als Motor“ für eine gezielte Veränderung auf dem Programm – sowie Entspannungsübungen vor und während Prüfungssituationen.

Auch die Eltern werden miteinbezogen

Eltern sollten sich bei Prüfungsängsten ihrer Kinder fragen, ob eine mögliche schulische Überforderung vorliegt und welchen Stellenwert Leistung in der Familie einnimmt. Möglichst frühzeitig sollte vermittelt werden, wie man richtig lernt. Dabei sollten Anstrengungen belohnt werden, nicht die Ergebnisse. Man solle eher die Stärken und Erfolge seines Kindes herausstellen und bei Niederlagen das Relativieren üben (Was ist wichtig im Leben?). Die Psychologinnen sprechen dabei von „Entkatastrophisieren“. Und es könne immer auch eine Beratung in Anspruch genommen werden. In der Schule oder dem Schulpsychologischen Dienst. Gerade in der Pubertät seien Eltern oft nicht mehr die ersten Ansprechpartner, wenn es um emotionale Probleme gehe.

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