GA-Serie "Bonner Kopf": Manuela Glitz Bonner Schülerin fuhr mit der Thor Heyerdahl

Ückesdorf · Die Bonner Schülerin Manuela Glitz ist von ihrer Fahrt auf dem Segelschulschiff „Thor Heyerdahl“ zurückgekehrt. Sechs Monate war sie unterwegs, überquerte den Atlantik von Kiel nach Panama und von Kuba wieder nach Kiel. Für sie ein Sprung ins kalte Wasser.

 Zwischenstation Kuba: Manuela Glitz hat auf dem Segelschiff Thor Heyerdahl die Weltmeere befahren.

Zwischenstation Kuba: Manuela Glitz hat auf dem Segelschiff Thor Heyerdahl die Weltmeere befahren.

Foto: Stefan Knopp

Den Seewind im Gesicht, ringsum Wellen bis zum Horizont, jeder an Bord muss sich auf den anderen verlassen können: Ein bisschen, aber nicht allzu viel von dieser Segeltörn-Romantik konnte Manuela Glitz in ihrer Zeit auf der „Thor Heyerdahl“ genießen. Heimweh? Nein, eher Sehnsucht, aber auch das nur in kleinen Dosen, „weil man immer irgend etwas zu tun hat“, so die 16-Jährige aus Ückesdorf. Wenn man aufpassen muss, dass die Tampen nicht durchrauschen, ist volle Konzentration gefragt.

„Das trennt einen von den Landratten“

Die Zehntklässlerin am Carl-von-Ossietzky-Gymnasium verwendet diese nautischen Begriffe ganz selbstverständlich und beiläufig. Die Tampe ist letztlich ein Seil, „aber man darf niemals Seil sagen“, das hat sie schnell gelernt. „Das trennt einen von den Landratten.“ Und wenn es einem durch die Hände rauscht, fällt das Segel. „Das ist einem passiert, der hatte nachher keine Fingerkuppen mehr.“ Sechs Monate war sie auf dem Segelschulschiff unterwegs, überquerte den Atlantik von Kiel nach Panama und von Kuba wieder nach Kiel. Für sie ein Sprung ins kalte Wasser.

Denn sie hat vor der „Summer School“ 2015 noch nie gesegelt. Die dauerte drei Wochen und diente dazu herauszufinden, ob sich Manuela überhaupt für ein sechsmonatiges Abenteuer auf hoher See eignet. Eigentlich wollte sie während der Schulzeit ein Auslandsjahr einlegen, aber ein halbes Jahr auf der „Thor Heyerdahl“, eine Idee, von der ihr eine Arbeitskollegin ihrer Mutter erzählte, interessierte sie mehr. Die dreiwöchige Sommerschule sagte ihr zu: „Der Zusammenhalt, die anderen Leute, der Moment, in dem man erstmals nur Meer um sich herum hat“, erinnert sie sich, „das war, als wäre man in seiner eigenen Blase“. Sie war begeistert und bewarb sich für die große Fahrt.

Als eine von 34 Schülern dabei

Motivationsschreiben, Lehrerempfehlung, ein sechstägiger Probetörn, Interviews, um Stärken, Schwächen und charakterliche Tauglichkeit herauszufinden, das alles lieferte und bewältigte sie, und im Oktober letzten Jahres stach sie als eine von 34 Schülern von Kiel aus in See. „Wir wurden so ausgewählt, dass wir sozial sind, Verantwortung tragen und uns anpassen können“, sagt Manuela. „Wir waren ein richtig cooler bunter Haufen.“ Über Teneriffa und Granada ging es über den Atlantik, jeden Tag wurde mindestens eine Stunde lang Reinschiff gemacht, und man musste froh sein, wenn man die Toiletten und nicht die „Glocken“, die Abflüsse, säubern musste.

In Panama ging es landeinwärts, und das bedeutete, in den Regenwald, durch Wasser und Schlamm zu einer Hütte, in der übernachtet wurde, um sie herum Moskitos, Spinnen und nächtliche Tiergeräusche. Sie erfuhr hautnah, was der Unterschied zwischen primärem und sekundärem Regenwald ist. Wiese statt Wald, die Folge intensiver Abholzung. „Das macht einen schon wütend.“

Es folgte ein Kontrastprogramm im lebendigen Panama City, dann die Überfahrt nach Kuba, das, so ihr Eindruck, „eine vergangene Schönheit ist“. Dort machten sie eine Radtour und lernten Land und Leute kennen: „Die Kubaner sind supernett. Die jungen Leute legen viel Wert auf Markensachen und sparen teils lange dafür“, erzählt Manuela. Sie war von Havanna beeindruckt, feierte Weihnachten am Strand, dann ging es wieder an Bord und über die Azoren zurück nach Kiel. Dort landete sie am 23. April.

Am aktuellen Weltgeschehen vorbeigesegelt

Amri, Trump, Erdogan, am aktuellen Weltgeschehen segelte sie vorbei. Schnell hatte sie Routine. „Man ist zufrieden mit dem, was man hat, und gewöhnt sich an den Standard dort“, so die Gymnasiastin. Nur manchmal habe sie sich nach heimischem Essen gesehnt. Man lerne sich selber kennen, und: „An Bord denkt man viel darüber nach, was man werden will.“ Auf jeden Fall studieren, Ausbildung ist unter ihrer Würde – so denkt sie nach der Fahrt nicht mehr. „Jetzt denke ich: Warum war ich so komisch?“ Sie will sich als Mensch verbessern, „finden, was mich glücklich macht“.

Der Schulalltag hat Manuela jetzt wieder. Sie quält sich nicht mehr, ist motiviert zu lernen. „An Bord hat man gelernt, dass Schule wirklich Spaß machen kann.“ Und es klingt, als hätte sie ihre Kindheit auf hoher See gelassen, wenn sie erzählt, dass sie jetzt ihr Zimmer umdekoriert, alte Bilder von den Wänden gerissen hat und Dinge aus 16 Jahren Manuela Glitz aussortiert. Es zieht sie auch wieder in die Ferne, Asien will sie gerne bereisen. Ihre kleine Schwester hat sie mit ihrer Begeisterung schon angesteckt: Sie hat sich ebenfalls für die „Thor Heyerdahl“ beworben.

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