Bonner Landgericht Vereiste Scheibe wird Kläger zum Verhängnis

Bonn · Nach einem Verkehrsunfall will ein 50-jähriger Autofahrer Geld von einer 30-jährigen Frau haben und verklagt sie. Dabei hatte er nicht einmal einen Führerschein. Vor dem Bonner Landgericht wird ihm die Klage zum Verhängnis.

 Eine vereiste Autoscheibe.

Eine vereiste Autoscheibe.

Foto: picture alliance / dpa/Arno Burgi

In der Nacht zum 18. März 2018 hatte es geschneit, die Straßen waren glatt. Alle Verkehrsteilnehmer schlichen vorsichtig durch die ungeräumten Wohnstraßen. In der verkehrsberuhigten Mackestraße im Bonner Norden begegneten sich an diesem Morgen zwei Autos - ein Passat, ein Polo - und kollidierten frontal.

Es kam nur zum Blechschaden, aber zu großer Aufregung, weil jeder der beiden Unfallfahrer eine entgegengesetzte Version ablieferte und jeweils sicher war, dass der andere der Verursacher gewesen sei. Der 50-jährige Autoschlosser schwor sogleich, dass die Unfallgegnerin zu schnell durch einen Engpass mit parkenden Autos gefahren sei. Die 30-Jährige hingegen meinte, dass sie bereits mit dem Polo gestoppt habe, als es knallte. Den frontalen Unfall hätte sie nicht vermeiden können.

50-Jähriger verklagte 30-Jährige

Vor dem Bonner Amtsgericht verklagte der 50-Jährige daraufhin siegesgewiss die Unfallgegnerin auf Zahlung der Hälfte des Schadens über 2745, 27 Euro. Was der Kläger jedoch nicht im Blick hatte: Die seitlichen Fensterscheiben des Passat hatte er - wie es seine Pflicht gewesen wäre - nicht von Eis und Schnee befreit. Selbst als die Polizeibeamten zur Unfallstelle kamen, waren sie immer noch "blind" - und wurden fotografisch dokumentiert. Die Amtsrichterin beauftragte einen Gutachter, der klären sollte, welche Version stimmt.

Das Ergebnis des Sachverständigen war eindeutig: Der Kläger sei mit dem Passat keinesfalls auf den Bürgersteig gefahren, um auszuweichen, sondern sei mittig unterwegs gewesen. Ausschließlich durch die komplett vereisten Seitenscheiben habe er, als er aus einer leichten Rechtskurve gekommen sei, das auf ihn zukommende Auto nicht gesehen. Bei freier Sicht, so der Gutachter weiter, hätte er den Polo der 30-Jährigen bereits zehn Meter vor der Unfallstelle als Gefahr erkennen und den Unfall vermeiden können.

Kläger fuhr ohne Führerschein

Mit anderen Worten: Er hätte noch rechtzeitig anhalten können, wenn ihm die Sicht nicht versperrt gewesen wäre. Für die Polofahrerin hingegen sei die Kollision unvermeidbar gewesen. Entsprechend hat die Zivilrichterin die Klage als unbegründet abgewiesen. Nicht zuletzt wunderte sie sich über die Chuzpe des 50-Jährigen, der an dem frostigen Morgen mit dem Auto einer Freundin unterwegs gewesen war, ohne eine Fahrerlaubnis zu besitzen; die soll er bereits vor Jahren verloren haben. Nicht ausgeschlossen, dass ihn zudem noch ein Strafverfahren erwartet.

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