Schrebergärten in Bonn Bonner Gartenidylle mit Tulpen und Radieschen

BONN · Kleingärten erfahren eine Renaissance, das eigene Grün zu pflegen, erfreut sich steigender Beliebtheit. Während klassische Schrebergärtner sich in Vereinen organisieren, setzen private Initiativen auf flache Hierarchien.

Ihr Wahrzeichen ist der Gartenzwerg und für viele Menschen sind sie der Inbegriff von Spießigkeit und Abschottung. Deutschland ist das Land der Schrebergärten. Nirgendwo sonst auf der Welt sind so viele Kleingärtner in Vereinen organisiert.

Der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde zählt knapp 912.000 Pächter in 14.000 Vereinen unter seinem Dach. In Nordrhein-Westfalen verteilen sich 118.000 Parzellen auf 1600 Vereinsanlagen. Die Landesverfassung schreibt in Artikel 29 sogar vor: „Die Kleinsiedlung und das Kleingartenwesen sind zu fördern.“

Die Vorurteile über Vereinsmuff in deutschen Kleingartenanlagen sind aber vielerorts längst überholt, meint Ralf Krücken, Geschäftsführer vom „Landesverband Rheinland der Gartenfreunde“. Das Klischee des klassischen Kleingärtners halte sich zwar hartnäckig, „wir erfahren heute aber einen spürbaren Zufluss junger Familien“, sagt er. „Es gab Zeiten, da haben wir uns über Leerstand Sorgen gemacht“, so Krücken. Heute sei der Trend gegenläufig, Kleingärten würden eine Renaissance erleben, die Warteschlangen seien mancherorts lang.

Wer noch nach einem Kleingärtner der alten Schule sucht, wird bei Hans-Peter Milde fündig. Der 77-Jährige ist ein Urgestein des Bonner Vereinslebens und pflegt seit 50 Jahren einen Schrebergarten in Tannenbusch. „Der Garten ist mein Leben und ein Leben ohne ihn ist für mich nicht vorstellbar“, sagt er. Im Alter von 25 Jahren kam Milde als Beamter im Verteidigungsministerium aus dem bayrischen Tutzing nach Bonn.

Als Ausgleich für den Bürojob suchte der frisch gebackene Bonner nach einem Garten – und wurde in der neu angelegten Gartenanlage in Tannenbusch fündig. Heute wachsen auf seinem 320 Quadratmeter großen Grundstück Rosen, Tulpen, Radieschen, Äpfel, Kirschen, Rosmarin, Thymian und vieles mehr. Dazwischen winkt dem Besucher der ein oder andere obligatorische Wicht mit roter Mütze zu. Es ist eine Idylle mit Gartenzwerg – für 33 Cent Pachtgebühr pro Quadratmeter und Jahr.

Milde, der 25 Jahre Vorsitzender des Kleingartenvereins Bonn-Nord war, ist fast täglich im Garten. Heute fungiert er noch als Schriftführer des Stadtverbands der Kleingärtner, der in Bonn 20 Vereine unter seinem Dach hat. Früher sei das Vereinsleben lebendiger gewesen.

Heute nutzten viele Familien die Flächen als Freizeitgarten und weniger zur Selbstversorgung. Eigentlich regelt das Bundeskleingartengesetz die Nutzung, die eine Drittelung zwischen Nutz-, Zierpflanzen und Gartenlaube vorschreibt. Das werde heute aber weniger streng durchgesetzt, sagt Milde.

Neben den durchorganisierten Vereinen sorgen auch private Initiativen für grüne Flächen in Bonn. Jost Brökelmann aus Kessenich engagiert sich seit einigen Jahren mit Gleichgesinnten für die Rekultivierung des Kessenicher Hangs. Früher als Weinberg genutzt, sei der Hang nach 1945 zunehmend verwildert.

Heute legen dort private Pächter auf rund 20 Grundstücken Naturgärten an. Es entstehen Streuobstwiesen und Nistplätze für Vögel. „Im Gegensatz zu klassischen Kleingärten haben wir keine Vorschriften, unsere Hierarchien sind flach“, sagt Brökelmann. Besonders wichtig ist dem 81-Jährigen aber der junge Nachwuchs: „Sehr viele Gärtner bei uns sind unter 40 Jahre alt. Wir ältere Semester freuen uns, dass sie unser Projekt fortführen.“

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