Schwimmbad-Situation in Bonn Bonner Frankenbad ist voller als gewohnt

Bonn · Das Frankenbad in der Altstadt wird noch immer sehr gut besucht. Lehrer ärgern sich über Schließung der Frankenbads wenn das geplante Kombi-Bad Wasserland in Dottendorf eröffnet wird.

Wie Schäfchen schleust Eva Schmitt, Leiterin der Stiftsschule, am Mittwochmorgen ihre Klasse durch das Drehgitter des Frankenbads und zählt. Eins, zwei … 29, 30. Vollzählig! Und alles im Zeitplan. Die Mützen sind über die nassen Haare gestülpt. Die Badesachen im Beutel verstaut. Die Kinder sind müde, abgekämpft vom anstrengenden, aufregenden Schwimmunterricht. Draußen wartet der Bus, der alle zur Schule zurückbringt. Insgesamt kommen 33 Schulen regelmäßig zum Schwimmunterricht ins Frankenbad. Laut Schulamt sind für den Transport die Stadtwerke Bonn gebucht. Jede Fahrt kostet rund 69 Euro und wird vom Schulträger, also der Stadt, bezahlt.

Auch Klassen der Kettelerschule in Dransdorf sind am Mittwochmorgen im Frankenbad. „Von 50 bei uns eingeschulten Kindern kann im Durchschnitt nur eins bereits schwimmen“, sagt Schulleiterin Christina Lang-Winter. In anderen Schulen seien es weitaus mehr. „Diese lebensrettende Fähigkeit muss aber jeder lernen“, ist ihr Credo. „Daher verlassen alle Kinder die Kettelerschule als sichere Schwimmer.“ Das Ziel verlange dem Lehrerkollegium sehr viel Energie ab. „Aber die Kinder sollen das Wasser als Element erleben, in dem man Freude haben kann und als Option zur Freizeitgestaltung. Das ist für die Dransdorfer besonders wichtig.“ Rundheraus räumt Lang-Winter ein, dass sie die Bürgerinitiative zur Erhaltung des Frankenbads unterstützt. Wie berichtet, schließt das Hallenbad in der Altstadt, wenn das geplante Kombi-Bad Wasserland in Dottendorf – voraussichtlich 2020 – eröffnet wird. Bestand haben Hardtbergbad und Beueler Bütt.

So sieht es im Frankenbad aus
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Die Aussicht, mit dem Bus nach Dottendorf zu fahren, ärgert Lang-Winter. „Der weitere Weg ist für uns eine teure Investition.“ Die Schulleiterin macht folgende Rechnung auf: Die Strecke bis zum neuen Kombi-Bad dauert etwa 22 Minuten – ohne Stau. Mit zwei Lehrern und 30 Kindern im Bus brauchen wir etwa sechs Lehrerstunden, also doppelt so viele wie bisher für 30 Minuten Wasserzeit. „Das kann unsere Schule nicht leisten.“ Die günstigere Alternative seien Hallenzeiten im Hardtbergbad, das von der Schule etwa so weit entfernt ist wie das Frankenbad. „Aber dort ist alles belegt.“ Außerdem hat Lang-Winter Bedenken, ob Schwimmunterricht mit vielen Klassen im geplanten Kombi-Bad überhaupt möglich ist. „Wie soll der Platz aufgeteilt werden, dass kein Chaos entsteht? Gar nicht zu reden von der Lautstärke.“ Sie wolle kein Spaßbad. „Kinder, die nicht schwimmen können, gehen auch nicht dorthin. Das sollten alle, die entscheiden, mitberücksichtigen.“

"Viele fremde Gesichter dabei"

Immerhin, noch steht das Frankenbad zur Verfügung. In den vergangenen Wochen war es sogar das einzige Hallenbad, das geöffnet hatte. Die Beueler Bütt ist wegen Sanierung voraussichtlich bis Herbst geschlossen. Das Hardtbergbad macht nach dreiwöchigen Reparaturarbeiten an diesem Samstag wieder auf. Laut Bademeister Ingo Gassen waren seit Beginn der Weihnachtsferien mehr Badegäste im Frankenbad als üblich. „Es waren viele fremde Gesichter dabei. Man kennt ja seine Leute. Außerdem haben sich viele zu den Umkleidekabinen durchgefragt, weil sie sich hier nicht auskennen“, sagt er. Offensichtlich seien sie wegen dern geschlossenen Bädern ins Frankenbad ausgewichen. Die Besucherstatistik des Bäderamtes bestätigt seinen Eindruck. An neun Öffnungstagen vom 27. Dezember bis 6. Januar kamen im Jahr 2016/2017 rund 2420 Besucher, wohingegen es 2017/2018 rund 3420 Besucher waren – also 1000 mehr. Die höchste Besucherzahl während der Weihnachtsferien 2017 wurde am 4. Januar mit 369 Eintritten verbucht. In diesen Weihnachtsferien hatte das Frankenbad an zwei Tagen eine sehr starke Frequenz. Am 30. Dezember mit 589 und am 6. Januar mit 707 Badegästen.

Auch Mittwochabend gegen 18 Uhr ist das Frankenbad deutlich voller als gewohnt – beim Frühschwimmen war es ebenso. Die meisten Besucher kämen in der Woche, um ihr Sportprogramm zu absolvieren, sagt Gassen. „Sonntags sind mehr Familien hier. Dann haben wir Tummeltag.“ Tendenziell sei die Besucherzahl in den vergangenen zehn Jahren gleichbleibend. Erwachsene Badegäste würden etwa anderthalb Stunden bleiben. „Kinder kommen manchmal schon am frühen Nachmittag und bleiben, bis der Hunger sie nach Hause treibt.“

Ob er nicht besorgt sei, dass die Technik des Frankenbads wegen des Alters schlappmache? „Soweit ist alles in Schuss“, sagt er bei einem Rundgang durch die Anlagen im Keller. „Die Beueler Bütt hat eine ganz andere Technik, die anfälliger ist.“ Freilich nage auch am Frankenbad der Zahn der Zeit.

Nach seiner Auffassung sollten Kinder schon vor Schulbeginn schwimmen können. „Eigentlich ist das Aufgabe der Eltern.“ Allerdings seien sie nicht immer die besten Lehrer. Daher plädiert er für mehr Schwimmkurse. Der Beueler Verein für Behindertensport etwa bietet regelmäßig Kinderkurse im Frankenbad an. Sprecherin Martina Weiß-Bischof bestätigt „einen riesigen Bedarf“. Die Kurse seien rasch ausgebucht, obgleich sie nicht von den Krankenkassen gefördert werden. „Dabei müsste es ein Präventionsangebot sein.“

An der aktuellen Diskussion über Bäderstandorte will sich Ingo Gassen eigentlich nicht beteiligen. Ist er doch auf besondere Weise mit dem Frankenbad verbunden. Er wohnt nämlich seit über 40 Jahren in der zum Gebäude gehörenden Wohnung. Schon sein Vater war hier Bademeister. Er erinnert sich noch gut an die großen Zeiten, als der Weltklassesportler Michael Groß rekordverdächtige Runden durchs Becken zog.

Eine klare Position in der Bäderdiskussion bezieht Fynn Ackermann. Jeden Tag steht er von 8 bis 18 Uhr mit dem Café-Roller auf dem Vorplatz des Frankenbads. „Das Bad in der Altstadt ist ein ganz eigener Kosmos.“ Der passionierte Schwimmer sieht „noch nicht, dass das Dottendorfer Bad überhaupt gebaut wird. Das ist wie mit vielen anderen Großprojekten in der Stadt.“ Er stelle eine „Diskrepanz zwischen Bürger- und politischem Willen“ fest. „Viele Bürger wollen das Spaßbad nicht“, behauptet er. Bei der derzeitigen Bäderpolitik laufe Bonn Gefahr, eine „Stadt der Nichtschwimmer zu werden“.

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