Örtliche Engpässe bei Suche nach Plätzen Bonner Eltern beklagen fehlende Kita-Plätze in ihrer Nähe

Bonn · Viele Eltern in Bonn suchen händeringend nach Betreuungsplätzen für ihre Kinder. Das Problem ist, dass es oftmals keine Plätze in der Nähe gibt. Dadurch entstehen nicht nur Unannehmlichkeiten, sondern auch Mehrkosten.

Der Vater ist aufgebracht, weil er seinen Sohn schon als unter Dreijährigen (U3) nicht in einer nahe gelegenen Kindertagesstätte (Kita) hat unterbringen können. Nun ist der Nachwuchs drei (Ü3), und die Kitas im Ort haben offenbar keinen Ü3-Platz frei. Das Familienbüro der Stadt habe ihm zwar Hoffnung auf einen Platz in anderen Stadtteilen gemacht, berichtet der Lengsdorfer, aber wenn er das annähme, würde er für seine Kinder täglich drei Stunden mit Bringen und Holen unterwegs sein.

Der Mann will anonym bleiben, um dem Kind nicht die letzte Chance zu verbauen, aber er klagt: „Wir finden keine wohnortnahen Betreuungsplätze.“ Die nahe gelegene städtische Kita Hainstraße nehme im Sommer kein einziges Ü3-Kind auf. „Als Folge des Ausbaus der Betreuung von U3 werden offensichtlich Ü3-Plätze abgebaut. Und wir berufstätigen Eltern stehen im Regen“, glaubt er.

Dem widerspricht das Jugendamt. „Alle U3-Plätze wurden in Bonn neu geschaffen“, sagt Markus Schmitz vom Presseamt. Eine Reduzierung von Ü3-Plätzen sei also nicht erfolgt. Das Gegenteil sei der Fall: „Seit 2007 sind zusätzliche 1000 neue Ü3-Plätze entstanden.“ Allerdings habe sich seit Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr die Nachfrage deutlich geändert. Zunehmend würden U3-Plätze in Anspruch genommen. „Dies wurde bei der Ausbauplanung berücksichtigt“, sagt Schmitz und verweist auf derzeit 3875 U3-Plätze in Kitas und Tagespflege sowie 9184 Ü3-Plätze. „Dies entspricht einer Versorgungsquote von 40,2 der U3-Kinder und einer von über 100 Prozent für Ü3-Kinder.“

Fehlender Platz in der Nähe "kann vorkommen"

Trotzdem sind Eltern unzufrieden. Schmitz bestätigt, dass wegen des Rechtsanspruchs Klagen bei Gericht anhängig seien. Auch wenn es in Bonn mittlerweile mehr Kita-Plätze gebe, so decke das Angebot derzeit insgesamt trotzdem noch nicht den Bedarf, sagt Reinhard Sentis, Sprecher des Stadtdekanats. Bonn hat derzeit 51 Kitas in katholischer Trägerschaft. Je nach Ortsteil stelle sich die Lage laut Sentis immer wieder unterschiedlich dar.

Die Frage, warum örtlich Engpässe entstehen und Eltern von Pontius zu Pilatus laufen, um einen Kita-Platz für ihre dreijährigen Kinder zu ergattern, beantwortet das Jugendamt folgendermaßen: Weil Kitas auch von Mädchen und Jungen aus anderen Stadtbezirken genutzt würden, kann es „vorkommen, dass nicht alle Ü3-Kinder ein wohnortnahes Betreuungsangebot in einer Kita ihrer Wahl finden“. Wobei laut Gesetz wohnortnah eine Entfernung von bis zu fünf Kilometern bedeutet.

Schmitz verweist darauf, dass in allen Kitas das Aufnahmeverfahren für das nächste Kindergartenjahr noch laufe und Eltern jetzt möglichst in mehreren Einrichtungen anfragen sollten. Auch könnten Kitas in Betracht gezogen werden, die in der Nähe des Arbeitsplatzes der Eltern liegen. Genau das will aber der Lengsdorfer bei seinem Zweitgeborenen vermeiden. Zum einen will er dem Dreijährigen – anders als dem Erstgeborenen bei seiner Einschulung – den emotional sozialen Vorteil bieten, auf Freunde in der Nachbarschaft zurückgreifen zu können. Zum anderen bedeutet für ihn Wohnortnähe einen engeren Radius als den der Stadt.

Platzreduzierung an der Hainstraße

Laut Presseamt stimmt es nicht, dass in der städtischen Kita Hainstraße zehn Familien gekündigt werden sollen, wie der Lengsdorfer gehört haben will. Allerdings erfülle das Gebäude nicht mehr die zeitgemäßen qualitativen Anforderungen an ein Raumprogramm. Die Stadt als Trägerin von 70 Kitas müsse in jeder Einrichtung für Räumlichkeiten sorgen, die Platz für unterschiedliche Angebote, für Bewegung, Kreativität und Rückzug bieten. Deshalb müsse es an der Hainstraße eine Platzreduzierung geben und folglich eine Gruppe abgebaut werden.

Mithin könnten die Plätze für künftige Schulkinder ab Sommer ausnahmsweise nicht nachbelegt werden, erläutert Schmitz. Was zum Nachteil für einige Lengsdorfer Familien werden dürfte. Andere Träger drücken ebenfalls Sorgen. Die Evangelische Gesellschaft für Kind, Jugend und Familie (KJF) kann „wegen des Phänomens der Mehrfachanmeldungen“ in ihren 16 Kitas keine belastbaren Aussagen machen, so Sprecherin Kerstin Rüttgerodt. Aber im Bad Godesberger Söderblomhaus werde die KJF diesen Sommer keine Neulinge aufnehmen können. Man müsse die Zahl vorübergehend auf 44 Kinder begrenzen, da „substanzielle bauliche Maßnahmen“ unumgänglich seien, steht in einem KJF-Elternbrief an offensichtlich besorgte Familien. Man nutze „die natürliche Fluktuation, um die Zahl der Kinder vorübergehend abzusenken“.

Laut Gesetz steht Eltern ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr zu. Da dem bisher offenbar nicht in jedem Fall entsprochen wurde, liegen Klagen bei Gericht vor.

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