Rundgang über das Gerüst Bonner dürfen aufs Münster-Gerüst

BONN · Architekten erklären die Schäden, deren Ausmaße immer noch nicht absehbar sind

Die Zierelemente an der Fassade des Bonner Münsters sind besonders von der Verwitterung betroffen, wie es Architekt Reto Bellinger zeigt.

Die Zierelemente an der Fassade des Bonner Münsters sind besonders von der Verwitterung betroffen, wie es Architekt Reto Bellinger zeigt.

Foto: Volker Lannert

Ebene elf in 22 Metern Höhe: "Willkommen in meinem Büro", sagt Architektin Kitlin Papa. An dieser Stelle auf dem Gerüst am Bonner Münster, oberhalb des Martinsplatzes, ist gut zu sehen, wie der Zahn der Zeit an der fast 1000 Jahre alten Basilika genagt hat. Dort bröckelt der Trachyt, durch den Sandstein ziehen sich Risse; Säulen werden am Sockel immer dünner. Morgen können sich Bonner selbst davon überzeugen, wie schlimm es um das Münster steht.

Die Kirche ist zwar längst nicht einsturzgefährdet. Doch jetzt muss gehandelt werden, "sonst bekommen wir in zehn Jahren ein Problem", sagt Reinhard Sentis. Der Sprecher des Stadtdekanats lädt zur Gerüstbesteigung ein (siehe Infotext) - es ist ein Ausflug in die Baukunst vergangener Tage und die Aufgaben der Denkmalpflege heute.

Wie der GA berichtete, laufen noch bis voraussichtlich nächstes Frühjahr die Analysen, wie groß die Schäden an der Kirche sind. Man habe allerdings nicht erwartet, "dass die Fassade den größten Teil ausmacht", sagt Sentis. Zu Kosten und Sanierungsbeginn könne man erst nach allen Untersuchungen etwas sagen. Fest steht, dass das Gotteshaus wegen der Arbeiten wohl mindestens ein Jahr lang geschlossen werden muss.

Die Gerüste stehen an repräsentativen Stellen, so dass man aus den dort sichtbaren Schäden Rückschlüsse auf die übrige Fassade ziehen kann. Einiges fällt den Fachleuten sofort ins Auge. An anderen Stellen klopfen sie, um Hohlräume und lose Fugen auszumachen. Kernbohrungen geben Auskunft über das Mauerwerk an sich. Wenn dann noch etwas unklar ist, wird Gestein im Labor untersucht.

Kirchenbesucher können sich an Stellwänden die Kartierungen ansehen. Als tragende Elemente, in Blau, finden sich die uralten Trachyte vom Drachenfels. In Rosa und Gelb sind die Füllsteine wie Tuffe aus dem Siebengebirge und der Eifel eingezeichnet. Aus Kalksandstein bestehen viele der Schmuckelemente.

"Insgesamt haben wir schon 22 Steinsorten gefunden", sagt Architektin Jutta Pieper. Durchaus auch schon am Boden, denn vergangenes Jahr ist ja schon mal ein Konsolstein aus der Fassade gebrochen, so ihr Kollege Reto Bellinger.

Chorsäulen bestehen aus "Eifelmarmor"

Wie gut, dass es die Römer gab. Denn in deren Eifelwasserleitung hat sich bis ins dritte Jahrhundert nach Christus eine dicke Kalkschicht abgelagert, aus der Säulen für den Chorumgang des Münsters gefertigt wurden. Wegen seiner besonderen Oberfläche wird dieser Kalksinter auch gern Eifelmarmor genannt - vom Gerüst aus schön zu sehen. Die Säulen haben sich über die Jahrhunderte ihre ursprüngliche Farbe bewahrt.

Aus Fehlern wird man klug: Da gibt es Fugen mit viel zu hartem Mörtel. Eigentlich sollten sie das Wasser aufnehmen, stattdessen durchdringt es den Tuffstein und zerfrisst ihn. Dann waren in den 90er Jahren Spezialisten am Werk, die die Drähte gegen Tauben mit normalen Schrauben befestigt haben. Die rosten nun und zerstören den Stein. "Man muss Edelstahlschrauben nehmen", sagt Kitlin Papa.

Jutta Pieper zeigt noch eine Besonderheit: Einen alten Ringbalken, der die Ostapsis wie eine Klammer zusammenhält. "Das ist sehr selten. Das macht man heute mit Beton." Die anstehenden Sanierungsmaßnahmen sollen mindestens 25, besser noch 40 Jahre halten.

Rundgang über das Gerüst

Kostenlose Gerüstbesteigungen bietet das Stadtdekanat morgen um 14, 15 und 16 Uhr an. Interessenten können sich ein Bild über die Schäden an Mauerwerk, Säulen und Kapitellen machen.

Um dabei zu sein, ist zum einen festes Schuhwerk, zum anderen eine Zulasskarte erforderlich. Die gibt es im Münsterladen, Gerhard-von-Are-Straße (Tel. 02 28/2 80 88 99). Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.

Wer die Sanierung unterstützen möchte, erfährt mehr auf www.mein-bonner-muenster.de

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