Kirche Online Bonner Christen improvisieren mit virtuellen Angeboten

Bonn · Einzelkommunion in Sankt Remigius, virtuelle Gottesdienste und gestreamte Beisetzungen: Die großen christlichen Kirchen haben für die Krisenzeit neue Wege der Seelsorge entdeckt

 Allein in der Remigiuskirche: Von hier aus wird Stadtdechant Wolfgang Picken die nächste Folge seiner Predigtreihe ins Internet ausstrahlen.

Allein in der Remigiuskirche: Von hier aus wird Stadtdechant Wolfgang Picken die nächste Folge seiner Predigtreihe ins Internet ausstrahlen.

Foto: Benjamin Westhoff

Alle christlichen Gotteshäuser geschlossen, Freitagsgebete und Gottesdienste in den Synagogen fallen ebenfalls aus. Hochzeiten und Taufen werden verschoben, ebenso die für die nächsten Wochen geplanten Kommunionfeiern und Konfirmationen. Beisetzungen finden nur noch in kleinem Rahmen statt: Die Corona-Pandemie stellt auch die Gemeinschaft der Gläubigen aller Religionen und Konfessionen auf eine harte Probe.

Doch die Geistlichen sowie haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter haben die Hände nicht in den Schoß gelegt. Sie haben sich viele Gedanken gemacht, wie sie die Gläubigen trotzdem noch gut erreichen können und ihnen „Nahrung für die Seele“ spenden können, wie Stadtdechant Wolfgang Picken es ausdrückt.

Es sind vor allem virtuelle Angebote, die die Katholische und die Evangelische Kirche in Bonn derzeit bereithalten. So überträgt die am Münster beheimatete Kirchengemeinde Sankt Martin an diesem Sonntag um 12 Uhr die Heilige Messe aus der Remigiuskirche an der Brüdergasse live auf der Internetseite des Münsters. Stadtdechant Wolfgang Picken wird in der Remigiuskirche unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Predigtreihe „Seelen-Sehnsucht“ fortsetzen.

„Wir wollen den geistlichen Zusammenhalt ermöglichen und allen zuhause die Gelegenheit geben, über den Bildschirm verbunden miteinander zu beten und Gottesdienst zu feiern. Das wird die Seele stärken,“ erklärt er.

Vorausgesetzt, es kommt nicht zur Ausgangssperre, bietet er anschließend von 13.15 bis 15 Uhr allen, die das dringende Bedürfnis haben, die Gelegenheit zur Einzelkommunion. „Wir müssen eine Möglichkeit schaffen, die es gerade jetzt Gläubigen und denen, die nach Kraft für ihre Seele suchen, ermöglicht, auch die Heilige Kommunion zu empfangen.“ Picken bittet aber alle, in räumlichem und zeitlichem Abstand zum Altar zu kommen.

Trauungen und Taufen finden in keiner Kirche statt, Nottaufen ausgenommen. Bei Beerdigungen müssen sich alle auf das Notwendigste beschränken. So halten Picken und seine Kollegen wie auch die evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrer Trauerfeiern, die aufgrund der geschlossenen Gotteshäuser und Trauerkapellen nur noch im Freien auf dem Friedhof und nur mit den engsten Angehörigen stattfinden dürfen, „in gebotener Kürze und im gebotenen Abstand voneinander“ ab. „Aber es ist wichtig, den Trauerenden Trost und Zuspruch zu geben“, sagt der Stadtdechant.

Bestatter: Trauerfeier kurz, aber würdevoll

Joachim Gerhardt, Pressepfarrer des Kirchenkreises Bonn, überlegt mit Kollegen, Beerdigungen zu filmen und gegebenenfalls zu streamen, damit Hinterbliebene, die nicht teilnehmen können oder dürfen, wenigstens virtuell dabei sein können. „Das könnten vielleicht die Bestatter übernehmen.“

Die haben sich aufgrund der Corona-Pandemie längst auf ungewöhnlichere Bestattungsformen eingestellt, wie Werner Kentrup, Vizevorsitzender des Bonner Bestatterverbands, sagt. „Für uns ist das eine große Herausforderung, die Trauerfeiern dürfen ja nur kurz sein, sie sollen aber trotzdem würdevoll gestaltet werden.“

Im Moment laufe alles noch in ruhigen Bahnen, die Mortalitätsrate in Bonn sei nicht höher als normal und die meisten Angehörigen zeigten trotz ihrer Trauer großes Verständnis für die Einschränkungen. Er habe zwar gehört, dass vereinzelt Bestatter Särge horteten, dafür habe er aber kein Verständnis. „Wenn aus unserem Verband jemand Unterstützung benötigt, so bekommt er sie auch. Entscheidend ist, dass wir, dass alle jetzt zusammenhalten“, sagt Kentrup.

Pfarrer Gerhardt hat insgesamt den Eindruck, „dass wir als Seelsorger noch mehr als sonst gefragt sind“, sagt er. „Wir merken, dass bei vielen die Verunsicherung wächst.“ Viel Zuspruch erfahre unter anderem das regelmäßige Orgelspiel in unterschiedlichen Kirchen am Abend, das auf der Webseite des Kirchenkreises nachzuhören ist. Ab Sonntag sollen auch regelmäßig Gottesdienste ohne Gemeinde gestreamt werden. Als Erster predigt an diesem Sonntag Superintendent Dietmar Pistorius in der Friedenskirche in Kessenich.

Alle Angebote und Informationen der Katholischen und Evangelischen Kirche finden sich im Internet unter www.bonner-muenster.de und www.bonn-evangelisch.de

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