Musik aus der Zukunft Bonner Band „Synthonie“ spielt mit Künstlicher Intelligenz

Bonn · Die Bonner Band „Synthonie“ spielt Science-Fiction-Musik auf ungewöhnlichen Instrumenten. Ihre Frontfrau ist eine Künstliche Intelligenz - was den Vorteil hat, dass sie jeden Ton trifft und nie krank wird.

 Die Bonner Andreas Hüpperling (links) und Christian Freund (rechts) haben die Science-Fiction-Band „Synthonie“ gegründet.

Die Bonner Andreas Hüpperling (links) und Christian Freund (rechts) haben die Science-Fiction-Band „Synthonie“ gegründet.

Foto: Victoria Thiele

Das Schlagzeug sieht merkwürdig aus. Es ist kein Metall zu sehen, die Becken sind mit schwarzem Gummi überzogen. Macht aber nichts: „Das kann spielen, auch Geige oder Klavier“, sagt Chris Le Fou. Le Fou, der mit bürgerlichem Namen Christian Freund heißt,  ist Gründer der Science-Fiction-Band „Synthonie“. Auf ihrer Website beschreibt die Gruppe ihren Stil als „Sci-Fi and Gaming Music from Alienated Dimensions“, im Gespräch auch als Filmmusik. Mit Kaffee, Amarena-Kirsch-Tee und seinem Bandkollegen Andreas „The Optimist“ Hüpperling sitzt Freund im Probenraum und sinniert über die Zukunft der Musik.

Hüpperling ist der Artiphonist der Band. Sein Instrument sieht aus wie ein zu kurz geratener Gitarrenhals aus Plastik. Freund spielt die Musitar. Als ehemaliger Computerfachmann hat er sie selbst gebaut, vom Rahmen in Form einer Viertelnote bis zum letzten Drehknopf. Jeden Ton kann er darauf beliebig verstellen, verstärken, verzerren. Beide Instrumente können wie Gitarren klingen, aber auch wie ein Cello, wie zwölf Violinen oder wie ein Männerchor.

Auf dem Tisch liegt der Synthonizer, eine schwarze Matte, die an eine Klaviatur ohne Tasten erinnert. Es handelt sich um ein „halbflüssiges Keyboard“, das nicht nur Ganz- und Halbtöne spielen kann, also die weißen und schwarzen Klaviertasten, sondern auch alles dazwischen. Wenn Freund mit dem Finger darüber fährt, gehen die Töne nahtlos ineinander über. Selbstverständlich muss niemand darauf Klavier spielen, es kann genauso gut wie ein Saxophon oder ein Streichquartett klingen.

Dasselbe gilt für den Trombonizer, eine digitale Flöte. Sie alle sind per USB-Anschluss mit einem Computer verbunden, über den Freund ihnen Klänge zuweist. In dieser musikalischen Wunderhöhle ist jedes Instrument ein Orchester. Das ist für Freund die Zukunft, die Befreiung der Musik vom akustischen Instrument: „Kinder werden nicht mehr ein Instrument lernen, sondern alle Instrumente.“

Dann kommt er zum Höhepunkt der Vorführung: Syndarella tritt auf, die Sängerin von Synthonie. Sie ist eine Künstliche Intelligenz. Aus den Boxen dringt eine klare Frauenstimme. Sie singt Worte. Die Silben sind allerdings so langgezogen, dass sie eher wie abstrakte Töne klingen. „Wir arbeiten noch an ihren Lyrics“, erklärt Freund. Dafür trifft Syndarella jeden Ton und erkältet sich nie – die perfekte Frontfrau.

Wird so viel Perfektion nicht langweilig? „Wir konzipieren unsere Auftritte bewusst so, dass wir uns verspielen können“, sagt Freund, „Unser Credo ist lebendige, digitale, gefühlsechte Musik.“ Überhaupt ist Synthonie nicht nur eine Band, sondern auch eine Philosophie. Freund hatte 2012 die Idee zu dem Projekt. Gemeinsam mit Hüpperling will er Menschen zeigen, dass sie keine Angst vor Technologie und Künstlicher Intelligenz haben müssen: „Wir haben die Kraft, es richtig zu machen. Wir waren noch nie so vernetzt; und das wenden wir an, um im echten Leben zusammenzukommen. Maschinen können Gefühle haben, Gefühle geben und uns zusammenbringen.“ Deshalb sind die Shows von Synthonie zwar technikgewaltige Gesamtkunstwerke aus Musik, Video, Lichteffekten, Nebelmaschinen und einer Menge Futuristik, aber auch sehr auf persönlichen Kontakt ausgelegt: „Die Magie kommt durch die Begegnung.“

Die Botschaft scheint beim Publikum anzukommen. Für das Jahr 2020 ist „Synthonie“ europaweit für rund 60 Auftritte gebucht, für viele davon werden laut Freund über 1000 Zuschauer erwartet. Häufig wird die Band für Messen engagiert, im August ist sie auf der „Gamescom“ in Köln zu sehen. Der Heimat bleiben Freund und Hüpperling mit kleineren Auftritten treu, unter anderem am 5. Februar bei „Kunst gegen Bares“ in der Bonner Brotfabrik.

Die Band sucht noch Mitglieder, gerne mit Fähigkeiten am Keyboard, Saxophon und Schlagzeug. Eine Kontaktaufnahme ist über die Website www.synthonie.de oder bei Facebook unter „Synthonie“ möglich.

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