Zuschauer können spenden Bonner Künstler streamen ihre Auftritte auf neuer Plattform

Bonn · Künstler in Bonn tun sich in der aktuellen Corona-Krise besonders schwer, Live-Auftritte vor Publikum sind zurzeit undenkbar. Eine neue Plattform soll nun Abhilfe schaffen. Dahinter stehen die Veranstalter des Green Juice Festival und des Panama Open Air.

 Jack Rush auf der Dachterrasse des Marriott Hotels.

Jack Rush auf der Dachterrasse des Marriott Hotels.

Foto: Nicolas Ottersbach

Wer Bonner Musiker, Kabarettisten und Schauspieler sehen will, steht derzeit vor verschlossenen Türen. Die Eventagenturen Fünfdrei und Rheinevents, die das Green Juice Festival und das Panama Open Air in der Rheinaue organisieren, wollen Abhilfe schaffen. Ab sofort streamen sie auf bonnlive.com Auftritte im Internet. Wer zuguckt, kann für die Künstler spenden.

„Im Moment kocht jeder sein eigenes Süppchen. Und wir dachten uns, dass es genial wäre, wenn wir das bündeln könnten“, erzählte Julian Reininger von Fünfdrei. Innerhalb weniger Tage war das Projekt fertig. Auftreten können bekannte und unbekannte Künstler gleichermaßen. „Ziel ist, dass die Bonner Kultur den Inhalt liefert, wir kümmern uns im die Plattform.“ Interessierte Kulturschaffende, Veranstalter und Locations, die ein Konzert oder Programm streamen wollen, bekommen Profi-Technik und das zugehörige Team bei Bedarf gestellt.

Die Hintergrundarbeit gleicht der eines Fernsehsenders. „Jeden Tag gibt es mindestens einen Dreh, dafür brauchen wir einen Redaktionsplan“, sagte Sandro Heinemann von Rheinevents. Man wolle die komplette Szene abbilden, mit Rock, Pop und House, aber auch Comedy. „Wir sind da völlig offen, wenn auch andere sich noch beteiligen wollen.“ So könnten Künstler eigene Videos zur Verfügung stellen, die dann über die Plattform verbreitet werden. Die meisten Aufnahmen sind ohnehin schon vorher entstanden. „Technisch und organisatorisch wäre das live viel zu aufwendig.“

Am Mittwoch stand Jack Rush, besser bekannt als DJ Dekon, mit seinem Mischpult auf der Dachterrasse des Marriott Hotels. Zwei Kameras und Bartische: Mehr brauchte die improvisierte Bühne nicht. „Das ist natürlich ganz anders, als im Club, wo du den Vibe des Publikums spürst“, erzählte er. Allerdings habe die Einsamkeit einen Vorteil. „Ich kann mich voll auf die Musik konzetrieren. Bei der Aussicht auf die Stadt ist das einmalig.“

„Für die Künstler und Clubs ist das momentan eine Katastrophe“, sagte Andreas Lorenz von der Veranstaltungsreihe Lustig Wandern. Viele Clubbesitzer hätten Angst, weil sie von Wochenende zu Wochenende leben würden. „Man weiß noch nicht einmal, wie und wohin man Veranstaltungen verschieben könnte.“ Für DJ Oliver Neufang hat die Zwangspause aber auch etwas Gutes. „Die Zeit können wir für Produktionen nutzen und uns weiterentwickeln.“ Große Einnahmen verspricht er sich von der Plattform nicht.

Die Zuschauer können während der Streams freiwillig zahlen. Die Macher appellieren an die Solidarität mit der Bonner Musik- und Kulturszene. In Anlehnung an das Berliner Modell „UnitedWeStream“ werden die Einnahmen zwischen Spielstätten, Veranstaltern und Künstlern zu je 30 Prozent aufgeteilt. Die restlichen zehn Prozent gehen an den Verein für Gefährdetenhilfe. In den ersten sechs Wochen sollen 100.000 Euro zusammenkommen. Finanzielle Unterstützung gibt es von Sponsoren, darunter die Deutsche Post, Wetteronline und der Verkehrsverbund Rhein-Sieg.

Am Mittwochabend um 18 Uhr beginnt die erste Übertragung mit einer Unplugged-Session von Ijaz Ali  auf dem Dach des Marriott Hotels. Am Donnerstag wird Lahos ab 20 Uhr von zu Hause aus streamen, ab 22 Uhr legt dann DJ Craaazy A die Musik der Ladies Night im Club Nachtschicht auf. „Das Programm für die Tage danach steht noch nicht genau fest, es ändert sich nahezu stündlich“, erklärt Reininger. Bislang hätten sich vor allem viele Singer-Songwriter gemeldet.

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