Sprung in die Selbstständigkeit Geflüchteter eröffnet Restaurant in Endenich

Endenich · Der Iraner Behzat Gholizadhe Bosjien hat in Endenich das Restaurant Kolbe eröffnet. Die Fassade mit den vielen kleinen Fensterrahmen hat der Gaststätte den Namen gegeben, denn Kolbe ist das persische Wort für Holz.

 Behzat Gholizadhe Bosjien vor seinem Restaurant Kolbe an der Endenicher Straße.

Behzat Gholizadhe Bosjien vor seinem Restaurant Kolbe an der Endenicher Straße.

Foto: Nicolas Ottersbach

Was beim ersten Hinhören wie eine urdeutsche Familien-Gaststätte klingt, ist eigentlich das persische Wort für Holz: Kolbe. „Die Fassade mit ihren kleinen Fensterrahmen aus Holz hat mich daran erinnert“, sagt Behzat Gholizadhe Bosjien. Der Iraner flüchtete 2015 aus seiner Heimat und hat sich jetzt mit einem Restaurant an der Endenicher Straße selbstständig gemacht.

Als Koch hat er zwar schon Erfahrung – doch das Geschäft in Deutschland unterscheidet sich grundlegend von dem in Irans Hauptstadt Teheran. Dort war die Welt für den 38-Jährigen anfangs noch in Ordnung. Erst fing er mit einem Imbiss an, zuletzt war er Restaurant-Chef und hatte fünf Angestellte. Doch als er sich dazu entschied, vom Islam zum Christentum zu konvertieren, geriet sein Leben aus den Fugen.

„Wir feierten die Messen zu Hause, immer so versteckt, dass niemand etwas davon erfuhr“, erzählt er. Wer seinen nicht-muslimischen Glauben auslebte, habe mit Repressionen rechnen müssen. Und nicht nur das: „Immer wieder wurden Menschen deshalb hingerichtet“, sagt Bosjien. Der Staat dulde keine Abweichler. Genau das wäre er in den Augen der politischen und religiösen Führung gewesen. „Ich wollte nicht, dass meine Frau mit einem Kopftuch herumrennen muss. Ich wollte ein freiheitliches Leben führen.“

Er entschloss sich, den Iran in Richtung Deutschland zu verlassen. Wie viele andere flüchtete er 2015 über die Türkei und die Balkan-Staaten – und landete schließlich alleine in Bonn. „Meine Familie hatte erst einmal nichts zu befürchten, aber ich wollte sie natürlich nachholen“, erzählt Bosjien. Seit einem Jahr leben sie nun gemeinsam in Endenich, was aber mit einigen Hürden verbunden war. „Es ist viel Papierkram.“

Unterstützung in vielen Lebenslagen hat er vom ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer Günter Böhm bekommen – auch bei der Eröffnung des Restaurants. „Das ist gar nicht so einfach“, erzählt Böhm. Bosjien spricht gebrochenes Deutsch, die Sprache zu lernen fällt ihm schwer. „Das ist bei Gesprächen mit den Behörden oder beim Ausfüllen von Formularen ein Problem“, erklärt Böhm. Und davon brauche es viele, wenn man sich selbstständig machen wolle.

„Vor allem aber war Geld nötig, das ich nicht hatte“, erzählt Bosjien. Eigentlich wollte er ein anderes Restaurant in der Endenicher Straße übernehmen. Die Verhandlungen scheiterten jedoch, weil er es nicht einfach mieten konnte, sondern auch die Ausstattung für mehrere Zehntausend Euro auf einen Schlag abkaufen sollte. Die jetzigen Räume sind kleiner, das Mobiliar nicht so teuer. Aber auch hier unterstützten ihn Freunde, Bekannte und die Kirche finanziell. Ein Businessplan, der auch von der Agentur für Arbeit bewertet wurde, sei vielversprechend. „Jetzt am Anfang machen wir minus, aber später wird meine Familie davon leben können“, ist er sich sicher.

Auf der Speisekarte stehen rund 60 traditionelle iranische Gerichte, die er auch schon in seinem früheren Imbiss servierte. Vieles muss dafür Tage vorbereitet werden. „Ich bin den ganzen Tag im Restaurant.“ Die Ausbildung als Koch im Kameha unterbricht er für seine Selbstständigkeit. „Jetzt kann ich endlich das kochen, was ich will.“

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