Dauerkonflikt in der Bonner Nordstadt Eigentümer des Kurfürsten-Carrés droht Stadt mit Klage

Bonn · Der Unternehmer Hellmuth Hansen will sich wehren, falls der Stadtrat gegen seinen Willen Wohnungsbau auf dem Areal durchsetzen will. Ein Rechtsstreit um zwei denkmalgeschützte Häuser an der Franzstraße läuft bereits.

Das Kurfürsten-Carré liegt zwischen Bornheimer Straße (im Vordergrund), Heerstraße (links), Weiherstraße (rechts neben dem Firmenparkplatz) und Franzstraße (hinter dem Parkplatz im Bildzentrum). Nicht alle Häuser des Blocks gehören dazu.

Das Kurfürsten-Carré liegt zwischen Bornheimer Straße (im Vordergrund), Heerstraße (links), Weiherstraße (rechts neben dem Firmenparkplatz) und Franzstraße (hinter dem Parkplatz im Bildzentrum). Nicht alle Häuser des Blocks gehören dazu.

Foto: Benjamin Westhoff

Um das Kurfürsten-Carré in der Nordstadt bahnt sich ein Rechtsstreit zwischen der Stadt und dem Eigentümer des Geländes an. Für den Fall, dass die Kommune die vom Planungsausschuss beschlossene städtebauliche Entwicklungsmaßnahme einleitet, will der Bonner Unternehmer Hellmuth Hansen vor Gericht ziehen.

„Wenn die Ratsmehrheit die Verwaltung in Kenntnis der Fakten zwingen sollte, eine solche rechtswidrige Maßnahme einzuleiten, wird das zu einem überflüssigen Prozess mit hohen Kosten zu führen“, gibt sich der Geschäftsführer der H&G Hansen & Gieraths EDV Vertriebsgesellschaft mbH siegesgewiss. „Wir werden dieses Gerichtsverfahren gewinnen.“ In anderer Sache ist bereits eine Klage gegen die Stadt anhängig: Hansen will den Abriss der baufälligen Häuser Franzstraße 8 und 10 durchsetzen, den die Untere Denkmalbehörde abgelehnt hat.

Seit Jahren werfen ihm vor allem Politiker der Grünen und der Linkspartei vor, das rund 14 000 Quadratmeter große Areal zwischen Bornheimer, Heer- und Franzstraße sei nicht ausreichend genutzt. Mit einer Entwicklungsmaßnahme soll gegen den Willen des Eigentümers der Bau von Wohnungen und einer Kindertagesstätte ermöglicht werden. Hansen weist die Aussagen der Politiker zurück. In den Gebäuden des Areals würden über 10 000 Quadratmeter für Büros, Gewerbe und Wohnungen verwendet, betont er. Die H&G-Vertriebsgesellschaft beschäftige dort 142 Mitarbeiter, die Tochterfirma IT-Solutions weitere elf. Insgesamt befinden sich auf dem Gelände 17 Betriebe wie der Getränkeservice Vendel, die Physiotherapiepraxis Soyka und ein Architektenbüro. Alle zusammen bieten nach Hansens Angaben mehr als 300 Arbeitsplätze. In die Sanierung der Gebäude habe er rund sechs Millionen Euro investiert, seitdem er das Gelände 1997 von Brau und Brunnen für H & G gekauft habe. Etwa 900 Quadratmeter Nutzfläche in verschiedenen Gebäuden seien derzeit ungenutzt, darunter auch die beiden alten Wohnhäuser.

Dem Unternehmer zufolge ist rund ein Drittel des Grundstücks unbebaut. 176 Parkplätze werden für Mitarbeiter und Besucher vorgehalten, zehn weitere fremdvermietet. Doch die freie Fläche benötige H & G selbst, um zu wachsen. Laut Hansen ist das Systemhaus „eines der führenden mittelständischen IT-Unternehmen in Deutschland“: Die Firma liefert bundesweit Computer und IT-Ausrüstung und hat aktuell Aufträge in zweistelliger Millionenhöhe, unter anderem von Bundes- und Landesverwaltungen. „Langfristig muss das Grundstück für den Bedarf der Firmengruppe zur Verfügung stehen“, unterstreicht Hansen. „Dazu gehören auch Wohnungen für unsere Mitarbeiter, eine Kindertagesstätte und ähnliche Einrichtungen.“

Wenn das Hauptgebäude Bornheimer Straße 48 durch einen Neubau ersetzt wird, braucht das Unternehmen für die Zwischenzeit Ausweichflächen. Die planen Hellmuth Hansen und seine beiden Söhne als Eckbebauung an der Heer- und der Franzstraße. Eine Bauvoranfrage bei der Stadt läuft seit März 2019. Für das Projekt, argumentiert der Unternehmer, müssten aber die beiden denkmalgeschützten Häuser Franzstraße 8 und 10 weg. „Sie waren schon unbewohnbar, als ich das Gelände 1997 gekauft habe“, sagt Hansen. „Ihre Sanierung war vom Voreigentümer beantragt worden und von der Stadtverwaltung 1996 abgelehnt worden. Und dennoch hat die Untere Denkmalbehörde bis heute den Abbruch dieser Häuser nicht erlaubt.“ Sie sind dem Unternehmer zufolge einsturzgefährdet und dürfen nur von maximal zwei Personen mit Atemschutzmasken betreten werden.

„Die Untere Denkmalbehörde ist der Auffassung, dass Teile der Gebäude gerettet werden können“, erklärt Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann. Der Eigentümer habe jedoch auf einem Totalabbruch bestanden. Die beiden Anträge auf eine denkmalrechtliche Erlaubnis nach Paragraph 9 Denkmalschutzgesetz habe die Behörde abgelehnt, nachdem in „diversen Gesprächen“ erfolglos versucht worden sei, den Eigentümer umzustimmen. „Gegen die Ablehnung hat er Klage eingereicht“, bestätigt Hoffmann. Das Haus Franzstraße 6, das nicht unter Schutz stand, ist im Januar bereits abgerissen worden.

H & G hat bereits  600 000 Euro Gewerbesteuer gezahlt

Falls der Rat die Entwicklungsmaßnahme beschließt, fürchten einige Kommunalpolitiker negative Folgen für den Wirtschaftsstandort Bonn. Die CDU spricht von einem „verheerenden Signal“ für Investoren. „Zu unserem Selbstverständnis gehört, für den Erhalt der Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter zu kämpfen“, sagt Hellmuth Hansen zu möglichen Konsequenzen. „Allerdings würde eine solche Entwicklung das nachhaltige Engagement für den Standort Bonn dämpfen.“ Sollte H&G auf den Gedanken kommen, Bonn zu verlassen, wäre es ein finanzieller Schlag für die Kommune: Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben im laufenden Geschäftsjahr bereits knapp 600 000 Euro Gewerbesteuer entrichtet.

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