Verhandlung im Landgericht Bonn Angeklagte im Sugardaddy-Prozess revidiert ihre Aussage

Bonn · Drei Angeklagte stehen vor Gericht, weil sie einen Geschäftsmann um 1,6 Millionen Euro betrogen haben sollen. Durch die Aussage einer 31-jährigen Frau bekommt der Prozess jetzt aber einen neuen Dreh.

 Im Bonner Landgericht herrschen beim sogenannten Sugardaddy-Prozess strenge Sicherheitsvorkehrungen (Archivfoto).

Im Bonner Landgericht herrschen beim sogenannten Sugardaddy-Prozess strenge Sicherheitsvorkehrungen (Archivfoto).

Foto: Leif Kubik

Wenn es denn der Wahrheit entspricht, was die mitangeklagte Kronzeugin am Freitagmorgen von ihrer Anwältin verlesen ließ, dann erhält die Geschichte im sogenannten Sugardaddy-Prozess einen neuen Dreh: Sie habe dem reichen Geschäftsmann, mit dem sie eine Beziehung unterhielt, bereits im Herbst des Jahres 2015 eröffnet, dass es die von ihr bis dahin behauptete Drohkulisse gegen sie in der Form gar nicht gegeben habe.

Vor dem Bonner Landgericht wurde am Freitag der Strafprozess gegen eine 31-jährige Frau und zwei Männer im Alter von 27 und 36 Jahren fortgesetzt und insbesondere die Aussage des wohlhabenden Sugardaddys war von den zahlreich erschienen Zuschauern und den Medien mit Spannung erwartet worden. Dessen Befragung erfolgte dann aber ab Mittag unter Ausschluss der Öffentlichkeit und so ist noch unklar, ob der Geschäftsmann die Aussage seines „Sugarbabes“ vom Vormittag stützen oder ihr widersprechen wird.

Den drei Angeklagten wird von der Staatsanwaltschaft Bonn gemeinschaftliche räuberische Erpressung vorgeworfen, der Plot klingt wie aus einem schlechten Krimi: Die Frau soll einen 50-jährigen Medienunternehmer aus dem Sauerland über die Internetplattform „mysugardaddy“ kennengelernt haben. Hier suchen und finden sich meist ältere, wohlhabende Männer und jüngere, attraktive Frauen, um gegen Geldzahlungen eine vornehmlich sexuelle Beziehung einzugehen.

Trotz des monetären Charakters der Vereinbarung habe es sich um eine Beziehung gehandelt. Die Gefühle des Geschäftsmanns seien allerdings wohl stärker gewesen als ihre eigenen, hatte sich die Angeklagte bei ihrer Befragung als Zeugin eingelassen.

Angeklagte täuschte Entführung durch Rocker vor

Laut Anklage soll sie dem Mann nach einiger Zeit vorgetäuscht haben, von Mitgliedern der Rockergang Hells Angels entführt und mit Gewalt bedroht worden zu sein. Dieser soll daraufhin Geldbeträge in Höhe von insgesamt 1,6 Millionen Euro gezahlt haben. Die 31-Jährige hatte sich bislang dahingehend geäußert, dass sie im Sommer des Jahres 2015 den jüngeren Mitangeklagten kennengelernt und sich Hals über Kopf in diesen verliebt hätte. Als der Mann aus dem Türsteher-Milieu dann aber ihr Handy ausgespäht und entdeckt habe, dass sie eine Beziehung zu einem reichen Sugardaddy unterhalte, hätte ihr neuer Lover das als „Jackpot“ empfunden und die Erpressung geplant.

Sie habe die Gelder immer nur weitergereicht, zahlreiche Luxusartikel habe sie nur auf Geheiß des Mitangeklagten bestellt und meist ungeöffnet in ihrer Wohnung verwahrt. In der von ihrer Anwältin verlesenen Erklärung modifizierte sie diese Aussage nun dahingehend, dass sie ab und zu kleinere Beträge für sich behalten und „auch Kleinigkeiten für sich bestellt“ habe.

Ihr neuer Lover habe sie allerdings ständig bedroht und sogar geschlagen und vergewaltigt. Verzweifelt habe sie ihrem Sugardaddy dann im Herbst 2015 erzählt, die Geschichte der Bedrohung durch die Hells Angels sei nur erfunden. Das Geld floss aber offenbar weiter: Im Rahmen seiner polizeilichen Befragung soll der Geschäftsmann noch im Frühjahr vergangenen Jahres die Geschichte von der Entführung als Grund für seine Zahlungen angegeben haben, stellte der Verteidiger des jüngeren Mitangeklagten fest. Die Staatsanwaltschaft Arnsberg hat mittlerweile Anklage gegen den Sugardaddy wegen Steuerhinterziehung und Veruntreuung erhoben, weil er das vorgebliche Lösegeld mit Firmengeldern bezahlt hatte und dies nicht an das Finanzamt meldete.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort