Skoda Transportation Straßenbahnen aus Tschechien kommen ab 2022 nach Bonn

Bonn · Die neuen Bonner Straßenbahnen kommen aus Pilsen: Die Skoda Transportation Gruppe mit Sitz in Tschechien wird für die Stadtwerke Bus und Bahn (SWB) 26 neue Straßenbahnen bauen.

 Die neuen Bahnen sollen mehr Freiflächen für Rollstuhlfahrer, Kinderwagen und Koffer bieten.

Die neuen Bahnen sollen mehr Freiflächen für Rollstuhlfahrer, Kinderwagen und Koffer bieten.

Foto: Skoda Transportation Gruppe

Den Kaufvertrag haben am Montag der Vorstandsvorsitzende Petr Brzezina, der Vorstand Vertrieb, Zdenenk Majer, und die beiden SWB-Geschäftsführer Anja Wenmakers und Hansjörg Spielhoff unterschrieben. Für die klimatisierten, mit Wlan ausgestatteten Bahnen zahlen die SWB rund 70 Millionen Euro. Zudem schlossen die Beteiligten einen Ersatzteilversorgungsvertrag über 30 Millionen Euro ab. Skoda sichert zu, in den kommenden 25 Jahren Ersatzteile zu liefern.

Die neuen Zweirichtungsbahnen sind 30 Meter lang, 3,60 Meter hoch und 2,40 Meter breit. Teil der Vereinbarung ist eine Option auf den Kauf von zwölf weiteren Niederflurbahnen, die in Bonn auf den Linienwegen 61, 62 und 65 verkehren.

Mit dem Optionspassus verfolgt die Kommunalpolitik das Ziel, auf mögliche Streckenverlängerungen flexibel reagieren zu können. Überlegungen gehen dahin, entweder die Linie 61 oder die Linie 63 bis ins Buschdorfer Gewerbegebiet zu verlängern.

Petr Brzezina von Skoda, Anja Wenmakers und Hansjörg Spielhoff von den Stadtwerken Bus und Bahn unterschreiben die Verträge für die Anschaffung von 26 Straßenbahnen.

Petr Brzezina von Skoda, Anja Wenmakers und Hansjörg Spielhoff von den Stadtwerken Bus und Bahn unterschreiben die Verträge für die Anschaffung von 26 Straßenbahnen.

Foto: Benjamin Westhoff

Wenmakers ist froh über den Abschluss: „Mit den neuen Bahnen werden wir die Kapazität für die Fahrgäste steigern können.“ SWB Bus und Bahn-Aufsichtsratsvorsitzende Margarete Heidler sieht eine wichtige Investition in die Zukunft.

Ein Wermutstropfen: Nachdem der Auftraggeber zuletzt verhalten optimistisch war, dass Ende 2021 die ersten neuen Bahnen in Bonn rollen könnten, wird Skoda erst ab Mitte 2022 liefern. Sodann will das tschechische Unternehmen, das seit 150 Jahren auf dem Markt ist und sich auf den Bau von Bahnen, elektrischen Lokomotiven, Triebzügen, Elektrobusse sowie Oberleitungsbusse und damit verbundene Dienstleistungen spezialisiert hat, alle zwei Wochen eine neue Bahn nach Bonn schaffen. Zuvor war ein Monatsrhythmus angedacht.

Brzezina erklärte, dass Unternehmen wolle den westeuropäischen Markt stärker erschließen. In der finnischen Hauptstadt Helsinki fahren bereits Bahnen des Unternehmens, das 5000 Mitarbeiter beschäftigt, nahe Berlin ebenfalls. Die 26 neuen Straßenbahnen sollen den bestehenden Fuhrpark von 24 Fahrzeugen ersetzen.

Letztere stammen von 1994, der TÜV Rheinland stellte 2017 unter anderem erhebliche Rostschäden fest und empfahl, im Jahr 2020 neue Wagen anzuschaffen. Sie in Betrieb zu halten, bedeutet für die SWB einen hohen Wartungsaufwand. Zu zeitlichen Verzögerungen bis zur Vertragsunterzeichnung kam es auch, weil Details der Finanzierung zu klären waren (siehe „Finanzierung“).

Wie berichtet, lehnte der Stadtrat nach kontroverser Debatte ab, die Bahnen für weitere 2,8 Millionen Euro kuppelbar (traktionsfähig) zu bestellen. Rolf Beu (Grüne) hält das auch mit Blick auf den Bau einer möglichen Westbahn-Trasse für einen „historischen Fehler“. Schließlich hätte der Gutachter in der Sache betont, eine solche Bahn würde nur in Doppeltraktion, also mit gekuppelten zwei Bahnen, Sinn ergeben. Eine Ratsmehrheit hielt die zusätzliche Investition aber nicht für notwendig, weil Stadtbaurat Helmut Wiesner im Ungefähren blieb, wann mit einem Bau der Westbahn zu rechnen sei. Auf den anderen Strecken fehlen an vielen Stellen ausreichend lange Bahnsteige für eine Doppeltraktion.

Eine Investition ähnlicher Größenordnung wird in den kommenden Jahren anstehen, weil Stadt und Kreis ab 2023 in den Hauptverkehrszeiten einen Fünf-Minuten-Takt auf den Hauptstrecken der Stadtbahnen beschlossen haben. Dafür ist der Kauf von 22 neuen Stadtbahnen vorgesehen.

Die SWB investieren also erheblich. Im Rahmen des vom Bund geförderten Programms Lead City haben sie den Fahrplan ausgeweitet und fahren im engeren Takt am Wochenende. Vor allem ein Mangel an Fahrerinnen und Fahrern führt zu Unpünktlichkeiten und Ausfällen, die sich, so Wenmakers, unterm Strich seit dem Fahrplanwechsel im August gebessert hätten. Am Montagmittag allerdings fielen je eine Fahrt der Linien 16 und 18 aus. Personalbedingt, wie SWB-Sprecherin Veronika John mitteilte.

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