150 Helfer waren im Einsatz Wie betroffene Bonner die Entschärfung der Bombe erlebt haben

Bonn · Die Fliegerbombe an der Uniklinik in Bonn wurde am Donnerstagnachmittag erfolgreich entschärft. Dafür mussten mehr als 200 Patienten verlegt werden. Rund 1200 Anwohner mussten ihre Häuser verlassen.

 Die Fliegerbombe konnte am Donnerstag entschärft werden.

Die Fliegerbombe konnte am Donnerstag entschärft werden.

Foto: Benjamin Westhoff

Um 15.31 Uhr war der Spuk vorbei: Experten des Kampfmittelräumdienstes gelang es, eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gelände der Uniklinik erfolgreich zu entschärfen. Zuvor mussten rund 150 Einsatzkräfte mehr als 200 Patienten im Umkreis von 500 Metern um die Bombenfundstelle verlegen und zahlreiche Häuser in Dottendorf evakuieren. Betroffen waren rund 1200 Bürger. Ein Großaufgebot von Feuerwehr, Polizei und Ordnungsamt war vor Ort.

Es ist kurz nach 8 Uhr, als die städtischen Ordnungskräfte sich in Dottendorf auf den Weg machen, um  zu prüfen, ob auch alle Bewohner der Sperrzone unterhalb des Venusberghangs ihre Wohnungen und Häuser verlassen haben. Christiane Scheidt leitet eines der 16 Teams, die unter der Führung von Abteilungsleiter Carsten Sperling von Haus zu Haus gehen, klingeln und dort, wo möglich, zur Sicherheit noch einmal am Fenster klopfen. An den Zugängen der abgesperrten Straßen sorgen weitere Ordnungskräfte und die Polizei dafür, dass niemand mehr hineinkommt.

„Hier lag doch vorhin noch keine Hundeleine vor der Tür“, sagt Scheidt, als sie in einer Straße unterwegs ist.  Aus dem Einfamilienhaus ertönen Stimmen, offensichtlich läuft der Fernseher. Scheidt klingelt und klopft. Nichts rührt sich. „Vielleicht wollen die Bewohner so Einbrecher abhalten“, meint sie. Die Rollläden sind herunter gelassen, wie es in dem Bürgerbrief  als Zeichen dafür, dass die Bewohner das Haus verlassen haben, auch empfohlen wurde. Die Briefe hatten die Ordnungskräfte und die vielen ehrenamtlichen Helfer der Hilfsorganisationen am Abend zuvor verteilt, berichtet Sperling bei einem  Pressegespräch am Quirinusplatz.

Dieses Video ist Teil einer Kooperation zwischen GA und WDR.

Viele Bürger, die man auf der Straße antrifft,  zeigen Verständnis. Nur wenige aber wählen den Weg zur Gesamtschule „Bonns Fünfte“, wo die Stadt  den Ausquartierten für den Tag ein Notquartier anbietet. Eine Frau beschwert sich beim GA, dass die Stadt ihnen keine Hotels zur temporären Unterbringung angeboten hat. In die Schule gehe sie auf keinen Fall. „Das wäre logistisch nur schwer umsetzbar gewesen. Wir müssen ja auch alle verpflegen und in medizinischen Notfällen schnell bereitstehen“, erklärt Sperling später, als er darauf angesprochen wird.

„Ich gehe zu meiner Schwester. Sie hat ein großes Haus, da können wir uns in den Garten setzen. Das ist mir jedenfalls lieber, als mit fremden Leuten in der Schule abzuwarten“, sagt eine junge Mutter, die mit ihren beiden Kindern gerade das Haus an der Winzerstraße verlässt. Das ist eigentlich nicht im Sinne der Stadt Bonn, meint später Sperling. Die Leute sollten eigentlich das Kontaktverbot einhalten und eben nicht zu Verwandten gehen. In der Schule werde auf jeden Fall Abstand zu den anderen gewahrt.

Brigitte und Volker Berger sitzen zu dem Zeitpunkt bereits an einem Tisch in der Mensa der Gesamtschule.  Das Rentner-Ehepaar ist mit dem Fahrrad gekommen und will später das schöne Wetter für eine Radtour nutzen. „Dass das neben Corona jetzt auch noch sein muss“, seufzt Brigitte Berger, allerdings findet sie die Situation für die Patienten auf dem Klinikgelände weitaus schlimmer.  „Das tut mir für alle, die in der Klinik betroffen sind, sehr leid.“ Das Paar lobt die vielen Helfer des Malteser-Hilfsdienstes und des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), die die Betreuung und Verpflegung der Dottendorfer im Schulgebäude und der Turnhalle übernommen haben. Hähnchen mit Reis und Gemüse stehen auf dem Speiseplan in der Mensa. Kaffee und Kaltgetränke gibt es wie das Mittagessen für Dottendorfer und Einsatzkräfte in der Schule natürlich kostenlos.

Mit genügend Abstand harrt Dieter Barkow (75) an einem anderen Tisch der Dinge, die da noch auf ihn zukommen. „Ich habe mein Laptop mitgenommen, aber hier hat man leider nur schlechten Empfang“, sagt er. „Man bemüht sich, die Bombe so schnell wie möglich zu entschärfen, damit Sie alle wieder schnell nach Hause kommen können“,  verspricht Sperling den Wartenden.

Währenddessen sind die Feuerwehr und das UKB den ganzen Vormittag damit beschäftigt, alle Patienten aus der Gefahrenzone zu bringen. „Mehr als 200 Patienten müssen woanders untergebracht werden“, sagt Frank Frenser, Pressesprecher der Feuerwehr Bonn. Insgesamt 125 Krankentransporte hat die Feuerwehr dafür bereits am Mittwoch durchgeführt, weitere 30 kommen am Donnerstagvormittag dazu. Zum Glück, so Frenser, habe die Uniklinik „wegen Corona die Kapazitäten zur Unterbringung bereits früher erhöht“. Im Zuge dessen seien auch geplante Operationen abgesagt worden.

Zusätzlich transportiert das Uniklinikum mit seinen Rettungswagen die Patienten in den südlichen Bereich zum Neurozentrum, so weit wie möglich weg von der Bombe. Die Patienten, die mit dem Coronavirus inifiziert sind, werden dabei abgeschirmt von den anderen untergebracht.

Gegen 14 Uhr sind alle Patienten verlegt, Helfer überprüfen noch einmal jeden Raum. Dann kommt das Go für den Kampfmittelräumdienst. Um 15.31 Uhr kann er vermelden: Die Bombe ist entschärft. „Wir sind erfreut, dass alles gut verlaufen ist“, sagt Pflegeleiter Alexander Pröbstl. „Jetzt haben wir noch 24 Stunden Stress, bis alle Patienten wieder zurückgebracht sind.“

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