Wohnen im Bundesviertel Boardinghaus am WCCB ist in Betrieb

Bonn · Aus Abgeordneten-Wohnungen sind 46 Appartements geworden, die Baukosten haben sich mit fast 8,4 Millionen Euro verdoppelt: Das Boardinghaus am WCCB hat den Betrieb aufgenommen.

Die Boardinghäuser in der Heussallee sind eröffnet.

Die Boardinghäuser in der Heussallee sind eröffnet.

Foto: Martin Wein

18 Jahre nach dem Umzug der Bundestagsabgeordneten nach Berlin sind die drei Appartement-Häuser an der Heussallee 7 - 11 nun wieder bewohnt. Ohne offizielle Einweihung hat die Bonn Conference Center Management GmbH (Bonn CC) in zwei der Gebäude Ende Juni ihr sogenanntes Boardinghaus eröffnet. Dort stehen 46 Appartements in direkter Nachbarschaft zum WCCB zur Anmietung von einer Nacht bis zu einem halben Jahr zur Verfügung.

Die Zeit drängte: 40 der Wohnungen benötigte die Berliner Firma für ihre Mitarbeiter, die die Klimakonferenz im November organisiert. Bis Dezember muss sich Boardinghaus-Leiterin Claudia Tewes mithin um die Auslastung keine Sorgen machen. Und auch danach sieht die Hotelfachfrau entspannt in die Zukunft: Es gebe bei hohem Bedarf nur drei Mitanbieter auf vergleichbarem Niveau in der Stadt. Mietpreise von 89 bis 179 Euro pro Nacht je nach Wochentag und Jahreszeit seien auch bei einer Daueranmietung sicher zu erzielen.

Im dritten Haus sind die Rezeption des Boardinghauses und die Bonn Tourismus- und Congress GmbH eingezogen. Man habe ein „Soft-opening“ gewählt, da noch Restarbeiten angestanden hätten, erklärt Marketingleiterin Christina Esser dem General-Anzeiger. Mit der Sanierung wollte sich öffentlich wohl niemand schmücken. Schließlich hat wie im Fall des WCCB selbst das Städtische Gebäude-Management (SGB) auch bei diesem Projekt keine gute Figur gemacht.

Die Kosten der denkmalgerechten energetischen Sanierung haben sich von veranschlagten 4,4 Millionen auf 8,4 Millionen Euro netto fast verdoppelt, bestätigt Stadtsprecherin Monika Hörig. Hinzu komme der Kaufpreis von 3,6 Millionen Euro.

Auch 18 Jahre für eine Gebäudesanierung sind ein ziemlich langer Zeitraum. 2000 hatte der damalige Landeskonservator Udo Mainzer einem Abriss widersprochen und das Ensemble unter Denkmalschutz gestellt. „Als Wohnunterkunft für Abgeordnete 'auf Zeit' bilden sie ein anschauliches Beispiel für genormtes Wohnen in dennoch ansprechender und aufgelockerter Bauweise“, schrieb dazu Angelika Schyma, beim LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland bis 2014 für Inventarisierung zuständig. Von 2000 an stand mithin fest, dass die Häuser nicht weg konnten, auch wenn die Pläne für das WCCB zeitweilig dennoch einen Abriss vorgesehen hatten. So wurde auch das 1959/60 gebaute Laubengang-Haus an der Saemischstraße ab 2006 abgerissen.

Ein ansprechender Kompromiss

Es dauerte einige Jahre, bis die Immobilien vom Bund in den Besitz der Stadt Bonn übergingen. Ab 2009 war dann ursprünglich die Sanierung vorgesehen, begann aber erst 2012. Drei Jahre später wurden die angeblich fertig sanierten und voll ausgestatteten Häuser von der Stadt an die Bonn CC übergeben. Fragen zum künftigen Betreiber sowie zum Vermarktungskonzept und „andauernde kommunalwirtschaftliche Prüfungen“ hätten danach die „relativ späte Inbetriebnahme“ verursacht, erklärt Hörig.

„Es haben noch bis vor wenigen Wochen Gewerke in einem der Häuser gearbeitet“, berichtet Christina Esser. Die ARGE WCCB hatte das Haus an der Heussallee 7 bis März noch als Baubüro zur Erledigung von Restarbeiten und Beseitigung von Mängeln genutzt. Erst im Anschluss habe die Sanierung begonnen, bestätigt Hörig. Rechnet man einen Durchschnittspreis von 100 Euro pro Nacht, dann hätte die Bonn CC in der Zwischenzeit Mieteinnahmen von rund sechs Millionen Euro erzielen können.

Im Ergebnis sind die Häuser ein ansprechender Kompromiss aus den Wünschen der Denkmalschützer und einer zweckmäßigen, zeitgemäßen Einrichtung geworden. Die Appartements gruppieren sich jeweils um eine große Halle mit Sichtbetondecke und runden Lichtschächten. Auffällig darin der lange Rippenheizkörper mitten im Raum, der auf Wunsch der Denkmalpflege bleiben musste.

Die mit erkennbarer Liebe zum Detail ausgestatteten Einheiten haben jeweils Bad, Küche und einen begehbaren Kleiderschrank zur Unterbringung von Koffern sowie ein eigenes Kellerabteil. Die Wände zieren Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus der Zeit der Bonner Republik. Im Keller gibt es zudem Waschmaschinen, Trockner und Abstellplätze für Fahrräder. Auffällig sind die schmalen Badezimmertüren und die schweren Eingangstüren. Schließlich sollten die Abgeordneten nicht belauscht werden können. Nur die Gartenmöbel für die geräumigen Balkone fehlen noch. „Aber die sind schon bestellt“, versichert Hauschefin Claudia Tewes.

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