Sozialer Wohnungsbau in Bonn Bezahlbarer Raum schwindet weiter

BONN · Wohnraum ist knapp in Bonn, und die Mieten sind hoch. Nicht jeder kann sich das leisten, und so steht die Stadt vor dem Dilemma: Wie kann man all die bedürftigen Bürger unterbringen, die ein Anrecht auf sozial geförderten Wohnraum haben? In den Parteien scheiden sich die Geister.

"Die Sozialwohnungen brechen in Bonn in immer schnellerem Tempo weg", erklärt Holger Schmidt, stellvertretender Vorsitzende der Linksfraktion im Stadtrat. "Im vergangenen Jahr sind für 676 Wohnungen die Besetzungsrechte durch die Sozialverwaltung entfallen, während gleichzeitig nur für 64 Wohnungen Förderbewilligungen ausgesprochen werden konnten." Da tut sich also eine Lücke von über 600 Sozialwohnungen auf, während der Bedarf weiter steigt.

Das Problem ist durchaus bekannt in der Stadt, und auch die Politiker quer durch alle Fraktionen bestreiten nicht, dass dringender Handlungsbedarf besteht. "Wir müssen jetzt dem Beispiel anderer Städte wie etwa Köln folgen und eine verbindliche Quote für Neubauvorhaben bei Grundstücksverkäufen und vorhabenbe-zogenen Bebauungsplänen festschreiben", fordert Schmidt. 30 Prozent aller Neubauten mit mehr als zehn Wohneinheiten müssten als Sozialwohnraum verpflichtend werden.

"Auch wir setzen uns schon lange für eine verbindliche Quote ein", erklärt Peter Kox, SPD-Stadtverordneter und Vorsitzender des Sozialausschusses. Er weiß, dass das jahrelange "Prinzip Hoffnung" auf den guten Willen bei Bauherren und Investoren nicht zielführend ist. "Bei den derzeitigen Zinssätzen auf dem freien Markt ist es für keinen Bauherrn richtig interessant, sich um eine öffentliche Förderung zu bemühen."

Die gewährt zwar einen Zinssatz von Null Prozent, dafür muss der Eigentümer zukünftig Teile seiner Wohnungen als Sozialwohnraum ausweisen und für 6,25 Euro pro Quadratmeter vermieten. "Dem stehen Mietpreise von 10 bis 13 Euro und mehr auf dem freien Markt gegenüber."

Kox, der auch Mitglied im Vorstand Vereinigten Bonner Wohnungsbau AG (Vebowag) ist, sieht die städtische Wohnungsbaugesellschaft in der Pflicht. "Die könnte aktiver werden." Doch die Vebowag kennt ihre Grenzen. Vorstandsmitglied Detlef Eckert verweist auf den Mangel an Bauland und setzt daher auf "Wohnraumverdichtung", also Abriss alter und Aufstockung bestehender Häuser. Eine verbindliche Quote von 30 Prozent Sozialwohnraum bei Neubauten "unterstützen wir".

Solche Forderungen stoßen in der Jamaika-Koalition nur bei den Grünen auf offene Ohren. Deren planungspolitischer Sprecher Hartwig Lohmeyer hätte eine solche Quotierung schon vor Jahren für sinnvoll gefunden. "Dass wir das nicht gemacht haben, fällt uns jetzt auf die Füße." Ob seine Partei sich mit einer verbindlichen 30-Prozent-Quote durchsetzen kann, "muss koalitionsintern noch besprochen werden".

Das wird wohl schwierig, denn die CDU befürwortet zwar eine Quote, die aber eher stadtweit flexibel gehandhabt werden sollte, wie ihr sozialpolitischer Experte Georg Goetz erklärt. "Eine starre Quote kann nicht die Lösung sein. Das müsste man von Stadtteil zu Stadtteil und von Projekt zu Projekt neu entscheiden." Bauherren und Bürger müssten einbezogen werden.

Auch die FDP hält "eine Quote für nicht erstrebenswert. Weil nicht klar ist, wie sie umgesetzt werden kann", erläutert Zehiye Dörtlemez. Ohne Anreize, so die Sozialexpertin der Liberalen, werde es keine Lösung geben. Aber dass etwas geschehen muss, weiß auch sie und schließt sich daher den Vorschlägen der Stadtverwaltung an. Dazu gehören die "vergünstigte und verstärkte Abgabe städtischer Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau", Subventionierung von Grundstückskaufpreisen und eine "weitere Reduzierung des Stellplatzschlüssels für geförderte Wohnungen", so Dörtlemez

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