Bonner Stummfilmtage Bewegte Bilder zu bewegender Musik

Bonn · Charlie Chaplin und „Das schlafende Paris“ haben bei den 32. Bonner Stummfilmtagen Akzente gesetzt. Dass die Open-air-Filmreihe nichts von ihrer Attraktivität eingebüßt hat, beweisen die Besucherzahlen: Gut 24000 Besucher kamen zu den Vorführungen im Arkadenhof der Uni.

Dunkel wird es jetzt spürbar früher als noch vor zehn Tagen, als die Bonner Stummfilmtage im Arkadenhof in ihre 32. Saison gestartet sind. Und so flimmert bereits pünktlich um 21 Uhr der Vorspann über die Leinwand: graue Strichmännchen, die einen schwarzen Flügel an den linken Bildrand wuchten. Dafür ist das Wetter an diesem Samstagabend deutlich besser.

Und so sind statt der rund 600 Filmfreunde, die sich ihr Vergnügen am völlig verregneten 11. August nicht verderben lassen wollten, nun gut und gern doppelt so viele gekommen. Sie füllen die Reihen im Innenhof und machen es sich unter den Arkaden bequem. Einen garantiert trockenen Platz gibt es für den Pianisten Joachim Bärenz unter dem weißen Zeltdach. Und der tschechische Film „So ist das Leben“ aus dem Jahr 1930 verdankt vor allem seinem Anschlag viel von seinem nostalgischen Charme: mal zupackend, mal melancholisch.

„Ohne diese Musik hätte mich der Film bestimmt nur halb so sehr berührt“, sagt Lehramtsstudentin Sina aus Köln. Sie ist zum ersten Mal überhaupt bei den Stummfilmtagen. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? „Bestimmt. Nächstes Jahr komme ich wieder. Die Atmosphäre hier und das Ganze unter freiem Himmel – wirklich schön.“ Herzukommen war ein spontaner Entschluss – auch weil der Eintritt – nach wie vor – frei ist. Das gilt auch für Filip Jacobson, der ebenfalls aus Köln kommt und in seiner polnischen Heimat Film studiert hat. „Ein-, zweimal Stummfilmtage in Bonn, das hat schon Tradition.“ Der Blick ins Programmheft kann den Ausschlag geben – muss es aber nicht. Ein Blind Date also? „So oder ähnlich“, fügt Jacobson hinzu.

Für Sigrid Limprecht, Leiterin der Beueler Kinemathek in der Brotfabrik und Vorsitzende des Fördervereins Filmkultur Bonn, ist genau diese Spontaneität typisch für das Publikum im Arkadenhof. „Schätzungsweise 20 Prozent zählen zum Stamm, kommen seit Jahren und Jahrzehnten regelmäßig. Die Zuschauerzahlen sind konstant: „In diesem Jahr werden wir, einschließlich des Rahmenprogramms, geschätzt auch wieder auf insgesamt gut 24 000 Besucher kommen“, schätzt Limprecht.

Die Stummfilmtage – eine Kooperation des Fördervereins mit dem Filmmuseum München, der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, der Bonner Kinemathek und dem LVR-Landesmuseum, werden von der Stadt Bonn mit 50 000 Euro unterstützt, von der Film- und Medienstiftung NRW mit 30 000 Euro und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien mit 17 000 Euro gefördert. „Womit das Grundgerüst steht“, wie Limprecht hinzufügt.

„Es ist aber andererseits so, dass die Kosten stetig steigen: Zum Beispiel für den Brandschutz, die zunehmende Digitalisierung, sodass wir mit zwei Projektoren arbeiten, und mehr Personal; zum Beispiel bei der Taschenkontrolle. Die Selbstverpflegung ist aber inzwischen passé. Die Leute kaufen ihre Getränke hier bei uns, weil sie wissen, dass wir diese Unterstützung auch brauchen.“ Der Andrang ist groß genug, dass die Pause bis zum zweiten Film „Hands up“ – einer Komödie aus dem amerikanischen Bürgerkrieg zur Musik von Stephen Horne – schon knapp wird.

Auch die Spendenboxen sind augenfälliger platziert als im Vorjahr – was letztlich dort gelandet ist, werden die Organisatoren in ein paar Tagen auszählen. Nebenan am Stand mit den Stofftaschen, den Thermobechern, DVDs und Postkarten hat Tobias Heinrichs, Mitarbeiter der Brotfabrik, noch alle Hände voll zu tun. „Besonders gefragt war übrigens unser Festival- Plakat mit dem Motiv des Films 'Paris qui dort' (Das schlafende Paris).“

Den größten Andrang hat Stefan Drößler, Kurator des Bonner Festivals und Direktor des Filmmuseums München bei „Charlie tut was er kann“ von und mit Charlie Chaplin verzeichnet. „Eine der größten Überraschungen für mich selbst war Richard Siedloff, der bei 'Maldone' plötzlich begann, zusätzlich zum Klavier auch noch Akkordeon zu spielen. „Und es ist immer wieder faszinierend, das Programm, das man zusammengestellt hat, live zu erleben.“ Wie schließlich alles zusammenpasst. Nächstes Jahr wieder.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort