Prozess am Amtsgericht Bettlägerige Seniorin in Bonner Pflegeheim bestohlen

Bonn · Nach einem Diebstahl in einem Bonner Pflegeheim hatten Mitbewohnerinnen den Dieb in den Schwitzkasten genommen, bis die Polizei kam. Das Gericht schickte den 47-Jährigen jetzt hinter Gitter.

 Symbolbild

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Foto: Benjamin Westhoff

Agata R., Bewohnerin eines Bonner Pflegeheims, wunderte sich sehr: Im Zimmer der 75-Jährigen stand plötzlich ein Mann, den sie nie zuvor gesehen hatte und der behauptete, Sohn einer adeligen Mitbewohnerin des Stifts zu sein. Agata R. (alle Namen geändert) jedoch erklärte, das könne nicht sein, sie kenne sowohl die Gräfin als auch deren Sohn. Daraufhin wurde der Fremde etwas unruhig, behauptete plötzlich, der Neffe zu sein, und trat den Rückzug an.

Doch die 75-Jährige durchschaute das falsche Spiel und alarmierte die Heimleitung darüber, dass ein seltsamer Gast im Hause ist. Derweil zog der Fremde weiter, enterte das Zimmer der bettlägerigen und pflegebedürftigen Susanna K. und nutzte deren Hilflosigkeit aus: Aus dem Portemonnaie der 85-Jährigen zog er 185 Euro und verschwand.

Vor dem Bonner Amtsgericht musste sich der 47-jährige Dieb jetzt wegen räuberischen Diebstahls verantworten. „Das war eine doofe Schnapsidee von mir, ins Altersheim zu gehen“, erklärte der ehemalige Bonner Koch dem Gericht. Seinen Heroinkonsum, so räumte er offen ein, finanziere er regelmäßig mit Diebstählen. Aber in einem Altersheim sei er vorher noch nie gewesen. Am Nachmittag des 16. Februar 2017 aber betrat er das Seniorenstift mit seinen 49 Zimmern. Der 85-jährigen Susanna K. in dem dritten Zimmer, das er öffnete, erklärte er, er sei der Nachtpfleger und bräuchte ihre Krankenkarte. Als die Seniorin ihn bat, ihr die Handtasche zu reichen, die am Rollator hing, griff er von ihr unbemerkt zu.

Doch als er das Zimmer verließ, kam ihm bereits eine misstrauische Pflegerin entgegen: Was er hier denn wolle, fragte sie. Schließlich wurde der Junkie, bevor er ins Freie treten konnte, im Foyer des Hauses von vier Mitbewohnerinnen festgehalten und in den Schwitzkasten genommen. Der Angeklagte trat um sich und versuchte aus der Fixierung zu kommen. Erst als sich eine Heimmitarbeiterin beherzt auf ihn setzte, gab er jeden Widerstand auf, bis er festgenommen wurde.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten zu einem Jahr und vier Monaten Haft – und schickte ihn ins Gefängnis. Eine Bewährung kam nicht mehr in Frage: Sich ein so schwaches Opfer auszusuchen, zeuge von erheblicher krimineller Energie und sei besonders verwerflich, so das Urteil: „Eine kranke Seniorin beklauen, das ist das Allerletzte“, hielt ihm Richter Dirk Hackler vor.

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