Heiligabend in der City Station Bescherung im Freien

BONN · Es gibt keine Predigt, keinen richtigen Gottesdienst im Prälat-Schleich-Haus an der City-Station, das Wohnungslosen eine Bleibe bietet. Die Weihnachtsfeier ist trotzdem gut besucht.

 Vor der City Station freuen sich nicht nur diese vier Männer über die Bescherung.

Vor der City Station freuen sich nicht nur diese vier Männer über die Bescherung.

Foto: Nicolas Ottersbach

Der Chor "Starke Stimmen" singt in der Kapelle, während nebenan den ganzen Tag über mehr als 350 Gästen ein Spitzenessen serviert wird. Entenkeule mit Rotkohl und Klößen hat Volker Hermann gekocht, insgesamt knapp 460 Mal. "Das ist eigentlich viel zu teuer für eine Mahlzeit, aber an Heiligabend muss das sein. Wir holen das dann über das Jahr wieder rein", sagt er.

Wer sich an die vielen Tische in den beiden Sälen des roten Backsteinhauses setzt, ist nicht immer in Betreuung. Viele "Ehemalige" kommen vorbei, um alte Freunde zu treffen. Wie Bernd zum Beispiel. Er hatte bis 2006 ein Zimmer, schaffte den Absprung und steht nun auf eigenen Beinen. "Ich treffe mich heute noch mit Freunden, aber so ein leckeres Essen lässt man sich natürlich nicht entgehen", sagt er. Ihm gegenüber sitzt Volker. Auch er hat eine bewegte Vergangenheit und hat mittlerweile eine Wohnung. Er genießt die Zeit zu Tisch, in der er sich besonders fühlen kann. Denn er wird bedient, fast 20 Ehrenamtliche helfen im Hintergrund. Damit die große Anzahl an Gästen überhaupt bewältigt werden kann, gibt es mehrere Durchgänge über den Tag verteilt.

Wer fertig ist, bekommt ein Geschenk, das von den Kirchengemeinden, Bürgern und der Caritas gespendet wurde. Drinnen wird es von den wenigsten ausgepackt. Draußen, auf dem Vorplatz, dort ist die richtige Bescherung. Auf den Bänken liegt das Geschenkpapier, Haribo und Habseligkeiten stehen auf den Tischen. Man unterhält sich darüber, dass die Menschen toleranter geworden sind, nicht nur an Weihnachten. "Die Arroganz der Bürger lässt nach, wer Probleme hat, wird immer besser akzeptiert und in die Gesellschaft integriert", sagt eine Frau. Das sei gemeinnützigen Organisationen zu verdanken, aber auch Privatleuten.

Einer dieser "Privatleute" ist Wahid Raufi. In sein Endenicher "Café Rausch" hatte er Einsame eingeladen, die an Heiligabend nicht einsam sein wollten. Viele unterstützten ihn, brachten Kuchen, Getränke und kleine Präsente vorbei. "Wirklich toll, wie viele sich bei mir gemeldet haben", sagte er. Da tat es ihm umso mehr leid, dass niemand das Angebot annahm. Kein Gast kam. Woran es lag, wusste er nicht. Mit Freund Farbod Khosravani überlegte er sich einen "Plan B": Alle Spenden brachten sie in das Endenicher Paulusheim, in dem Flüchtlinge leben. "Dass es nicht funktioniert hat, entmutigt mich nicht", sagte Raufi. Viele hatten ihm gut zugesprochen. Am Ende des Tages konnte er dann doch mit einem guten Gefühl die Füße hochlegen. "Wir haben jemandem eine Freude gemacht."

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