Bonner Köpfe Bei Wind und Wetter auf dem Blumenmarkt

Bonn · Gabriele Stein half schon als 15-Jährige am Stand der Eltern am Remigiusplatz. Bald baut sie die Heizstrahler auf, um die Pflanzen vor niedrigen Temperaturen zu schützen.

 Gabriele Stein verkauft seit über 30 Jahren auf dem Bonner Blumenmarkt

Gabriele Stein verkauft seit über 30 Jahren auf dem Bonner Blumenmarkt

Foto: Barbara Frommann

Gelbe Rosen? Weiße Orchideen? Oder doch lieber leuchtend rote Chrysanthemen? „Ich kann mich wirklich nicht entscheiden. Ich liebe einfach alle Blumen“, lacht Gabriele Stein und schaut sich in ihrem „Paradies“ um. „Ist das nicht toll? All’ diese Blumen, der betörende Duft und die Farben. Ich kann mich gar nicht satt sehen“, schwärmt sie. Dabei ist der 47-Jährigen dieser Anblick seit frühester Kindheit mehr als vertraut.

Als Tochter der Familie Himberg aus Endenich ist sie in eine alteingesessene „Blumendynastie“ hineingewachsen: Nach den Großeltern haben ihre Eltern Hans und Elisabeth Himberg über Jahrzehnte einen Stand am „Blumenmarkt“ – offiziell Remigiusplatz – gehabt. „Seit meinem 15. Lebensjahr habe ich hier bei Wind und Wetter gestanden und mit ihnen Sträuße und Gestecke verkauft“, erzählt sie. „Das hat mir immer viel Spaß gemacht. Das ist meine Welt.“

Dabei war Gabriele Stein, Mutter zweier Töchter von 21 und neun Jahren sowie passionierte Pferdebesitzerin, nie ein typisches Mädchen. „Ich habe mit meinem Bruder lieber mit Autos, Pferden und Werkzeug gespielt. Mit Puppen konnte ich nie etwas anfangen.“

Daher war ihr schon als Kind der Umgang mit Ast- und Heckenschere bestens vertraut. Noch heute hat sie immer eine Rosenschere im Auto, um sofort reagieren zu können, wenn am Wegesrand ein besonders schöner Zweig wächst. „Was für andere Unkraut ist, gehört für mich längst nicht auf den Kompost“, sagt sie und zeigt ein Gesteck, in das sie alte Lavendelwurzeln eingearbeitet hat.

Der eigene Blumenstand der Familie ist längst Geschichte. Als die Eltern ihn im Jahr 2000 altersbedingt aufgeben mussten, konnte Gabriele Stein ihn nicht übernehmen. „So etwas kann man nicht alleine. Dafür braucht man einen Partner“, erzählt sie. „Und mein damaliger Mann wollte nicht mitmachen.“ Nach verschiedenen Stationen bei anderen Betrieben ist die gelernte Floristin jetzt wieder an ihren angestammten Platz zurückgekehrt. Morgens ab 7 Uhr baut sie den einzigen noch existierenden Blumenstand am Remigiusplatz auf, der von Axel Volberg betrieben wird. Noch bevor es offiziell losgeht, sind die ersten Kunden da. „Viele kommen seit Jahren gezielt zu uns. Wir sind uns vertraut, ich kenne ihren Geschmack und sie verlassen sich auf mich.“ Gerne erinnert sie sich an die Hauptstadtzeiten zurück. „Damals haben wir mindestens sechs große Sträuße am Tag für offizielle Anlässe gebunden. Wenn man üppige Arrangements binden kann, dann schlägt das Floristenherz gleich höher.“

Eine Lieblingsjahreszeit hat sie nicht. „Nein, alle Monate haben ihren Reiz. Doch es ist schade, dass der Übergang der verschiedenen Jahreszeiten kaum noch erkennbar ist“, beklagt sie. Denn an ihrem Stand gibt es bereits die ersten Amaryllis, obwohl noch Chrysanthemenbüsche blühen. „Und wir haben noch Disteln und roten Zierpaprika. Beides sind eigentlich richtige Sommerblumen.“ Aber, so erklärt sie, das sei nicht anders als im Einzelhandel. „Die Produzenten bieten die Saisonware immer früher an. Das gilt auch in der Floristik.“

Noch erreichen die Temperaturen zweistellige Werte, doch schon in wenigen Tagen bläst Gabriele Stein ein eisiger Wind um die Nase. „Kein Problem“, winkt sie ab: „Ich kann mit der Kälte gut umgehen. Hauptsache man hat dicke, feste Schuhe. Dann hält man jedes Wetter aus.“ Mehr als auf das eigene Wohlbefinden achtet sie dann auf ihre Blumen. „Die stehen dann windgeschützt und werden von einem Heizstrahler gewärmt. Außerdem werden sie ab null Grad in eine extra Schicht Papier gewickelt“, erklärt sie.

Langsam zieht auch bei ihr zu Hause die Weihnachtszeit ein. Dann bindet Gabriele Stein unzählige Kränze – für den Stand und das eigene Heim. Und auch in ihrem Lädchen in der Theodor-Litt-Straße, das sie nebenher betreibt, wird es allmählich vorweihnachtlich. „In der Adventszeit kann ich mich nicht mehr zurückhalten. Dann wird das ganze Haus festlich geschmückt. Bei den Farben bin ich aber konservativ. Weihnachten ist für mich Rot, Weiß und Gold“, erzählt sie. Und auch ein riesiger Tannenbaum ist ein absolutes Muss: „Sonst würden meine Töchter auf die Barrikaden gehen.“

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