Ärzte Behandlung durch einen Bienenstich

BONN · Langsam nähert sich die Pinzette dem Rücken von Branko Klepac. Miljen Bobic drückt die eingeklemmte Biene gegen ein feinmaschiges Netz und wartet, bis sie zusticht. Was für viele ein Alptraum ist, ist für Bobic und Klepac eine alternative Behandlungsmethode.

 Miljen Bobic setzt eine Biene auf den Patienten, damit diese den Mann sticht.

Miljen Bobic setzt eine Biene auf den Patienten, damit diese den Mann sticht.

Foto: MAX MALSCH

"Das Bienengift gibt dem Immunsystem etwas zu tun", erklärt Bobic. "Man kann damit die Beschwerden von Autoimmunerkrankungen bekämpfen und lindern."

2006 wurde bei dem ehemaligen Basketball-Nationalspieler Klepac Multiple Sklerose diagnostiziert. "Das Immunsystem ist quasi fehlgeleitet", sagt Klepac. "Es greift körpereigene Zellen, die Hüllen der Nervenbahnen, an." Multiple Sklerose (MS) gilt als nicht heilbar und verläuft meist in Schüben. "Ich habe erst auf die Schulmedizin gesetzt, aber die Nebenwirkungen eines Medikaments waren beinahe tödlich", erzählt Klepac. Eine Freundin habe ihm dann den Imker Bobic empfohlen, der sich auf Apitherapie spezialisiert hat. Die Apitherapie versucht, mit dem Einsatz von Bienenprodukten Beschwerden zu lindern und Krankheiten zu therapieren.

"Neben dem Handauflegen ist es wahrscheinlich eine der ältesten Behandlungsformen der Welt. Es ist schon erstaunlich, wie wenig Naturheilkunde in der zivilisierten westlichen Welt bekannt ist", so Bobic. In östlichen Kulturkreisen, beispielsweise in der chinesischen Medizin, aber auch in Osteuropa, sei Apitherapie viel weiter verbreitet. "Seit ich vor einem Jahr mit dem Bienengift angefangen habe, habe ich keinen Schub gehabt und spüre keine Verschlechterung", erzählt Klepac. Er nehme ansonsten keine Medikamente, sondern mache nur Physio- und Ergotherapie. "Ich fühle mich sehr gut und in guten Händen", sagt Klepac. Alle drei Tage lässt er sich von einer Biene stechen. Der Zyklus beginnt mit einem Stich und steigert sich bis zu maximal 15. Dann reduzieren sich die Stiche wieder bis zu einem, bevor eine dreiwöchige Pause folgt. "Jede Beratung ist komplett individuell, denn es gibt auch niemals genau dieselben Beschwerden", sagt Bobic.

Vor zwölf Jahren bekam er sein erstes Bienenvolk von einem Nachbarn am Meßdorfer Feld und beschloss, seinen Beruf als Kameramann aufzugeben. "Ich stamme aus Bosnien, auf dem Balkan gehört die Imkerei traditionell zu einem Selbstversorgerhof." Gleichzeitig begann er, sich mit Bienenprodukte in der Heilkunde zu beschäftigen und engagiert sich seitdem im Deutschen Apitherapie Bund. "Mit den sechs Grundprodukten der Biene kann man gegen alle Krankheiten wirken", sagt Bobic. Honig werde immer in eine Schublade mit Zucker gesteckt. Dabei enthalte er neben Glukose und Fructose noch 300 weitere Stoffe und könne komplett verstoffwechselt werden. "Es sind noch nicht alle Mechanismen untersucht, wie Honig wirkt, aber er ist ein autosteriles entzündungshemmendes Mittel", sagt Bobic. "Honig ist das letzte Lebensmittel, das uns aus dem Paradies geblieben ist." Die Biene erkenne verunreinigte und belastete Blütenpollen.

"In Babynahrung dürfen 200 mal mehr Schwermetallspuren nachweisbar sein als in Honig", so Bobic. Unterschätzt würde auch Propolis, ein von der Biene produziertes Kittharz. "Es wirkt gegen Bakterien, Viren und Pilze", so Bobic. "In einem Bienenstock ist es sauberer als in einem OP-Saal, weil die Biene alles damit beklebt." Das Bienenbrot, zu dem die Bienen ihrer eigentliche Nahrung, die Blütenpollen, verarbeiten, sei ein perfekt zusammengesetztes Lebensmittel. "Man kann damit Mangelerkrankungen bekämpfen", sagt Bobic. Noch energiereicher sei nur der Gelee Royale, mit dem eine Bienenkönigin ihr Leben lang gefüttert wird. "Gelee Royale hat mir in meiner schlechtesten Phase die Energie gegeben, die ich brauchte, um überhaupt wieder Motivation entwickeln zu können", erzählt Klepac.

Dann habe er sich zu der Behandlung mit Bienengift entschieden. "Vorher muss man einen Allergietest machen, denn ein allergischer Schock ist lebensgefährlich", sagt Bobic. Klepac spürt die Stiche kaum noch. "Ich vergleiche das immer mit gesundem Essen. Rosenkohl schmeckt am Anfang oft auch nicht, aber wenn man sich bewusst macht, wie gesund er ist, isst man ihn gerne." Bobic fasst die medizinischen Vorteile der Api-therapie so zusammen: "Unsere Mittel schaden nicht. Ob sie helfen, muss man von Fall zu Fall sehen. Aber es gibt auf jeden Fall keine Nebenwirkungen und keinen Schaden."

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