Staatsanwaltschaft Bonn Beamter hat sich selbst 650.000 Euro beschafft

Bonn · Die Bonner Staatsanwaltschaft wirft einem 50-jährigen Beamten vor, durch Betrug einen Schaden von 650.000 Euro verursacht zu haben. Seine Frau muss sich ebenfalls vor Gericht verantworten.

 Der Angeklagte soll sich selbst 650.000 Euro beschafft haben.

Der Angeklagte soll sich selbst 650.000 Euro beschafft haben.

Foto: Symbolfoto dpa

Der Mann auf der Anklagebank hat als Beamter einen Treueid geleistet, doch treu soll der 50-jährige Bedienstete des Beschaffungsamtes des Bundesinnenministeriums keineswegs gewesen sein: Die Anklage wirft ihm vor, jahrelang seine Funktion im Amt missbraucht und sich in 154 Fällen mit Betrugsmanövern insgesamt 650.000 Euro auf Kosten des Steuerzahlers erschlichen zu haben. Neben ihm vor der 9. Großen Bonner Wirtschaftskammer sitzt seine Frau, ihr wirft die Staatsanwaltschaft Beihilfe zum Betrug in 63 Fällen vor.

Gleich zwei Anklägerinnen sitzen den von jeweils zwei Verteidigern flankierten Eheleuten gegenüber, und es dauert mehr als eineinhalb Stunden, bis alle 154 Anklagepunkte verlesen sind. Die lauten: Betrug, Urkundenfälschung, Unterschlagung und Missbrauch von Titeln. Außerdem hat Oberstaatsanwältin Angela Wilhelm am 19. Januar noch eine weitere Anklage nachgereicht: Weil der 50-Jährige von dem ergaunertem Geld nichts an den Fiskus abgegeben habe, wirft sie ihm nun auch noch Steuerhinterziehung von 60.000 Euro vor.

Der vom Dienst suspendierte Beamte, der als Netzwerkadministrator für die Anschaffung von IT-Programmen, Hardware und Geräten zuständig war, soll nebenher drei Firmen gehabt haben, über die er die Betrügereien abgewickelt haben soll. Um seine Manöver zu verschleiern, soll er die Geschäfte aus dem Hintergrund geführt haben. Offizielle Geschäftsführerin einer seiner Firmen war laut Anklage seine Frau.

Jahrelang soll der Beamte Aufträge an „seine“ Firmen vergeben und kassiert haben – ohne eine Gegenleistung. So sollen Softwareupdates und Computerausrüstungen in Auftrag gegeben und vom Bund bezahlt, jedoch nie geliefert worden sein. Um die Aufträge zu erhalten, soll der 50-Jährige Vergabeverfahren manipuliert haben, indem er Vergleichsangebote von Konkurrenten fälschte, damit sein Angebot das günstigste war. Zudem soll der IT-Spezialist für das Beschaffungsamt Festplatten, hochwertige Kameras samt Objektiven und Tablets für 25.000 Euro eingekauft und entweder privat genutzt oder weiterverkauft haben. Computerhardware für 40.000 Euro nahm er laut Anklage mit nach Hause.

Weitere Manipulationen bis Juli 2014

Die Betrugsmanöver fielen laut Staatsanwaltschaft zwar Mitte 2013 bei einer internen Kontrolle auf, doch der 50-Jährige, der weiterhin beschäftigt wurde, soll bis Juli 2014 auch weiter manipuliert haben. So soll der Beamte mit Genehmigung seines Dienstherrn nur 40 statt 41 Stunden pro Woche gearbeitet haben, weil er angeblich seine pflegebedürftige Mutter bei sich zu Hause betreute.

Doch laut Anklage lebte die Mutter gar nicht bei ihm. Durch diese zu Unrecht verkürzte Arbeitszeit wurden ihm laut Anklage 4500 Euro brutto zu viel ausbezahlt. Außerdem soll der Beamte sich in Schreiben unberechtigt als Diplomingenieur ausgegeben und damit Titelmissbrauch betrieben haben. Laut Anklage führte das Paar, das seit 2012 verheiratet ist, ein Luxusleben mit teuren Autos und kostspieligen Reisen.

Am ersten Prozesstag hüllten sich beide in Schweigen. „Hier und heute möchte sich mein Mandant weder zur Person noch zur Sache äußern“, erklärte Anwalt Michael Hakner für den Beamten. Damit beginnt für das Gericht unter Vorsitz von Richter Thomas Stollenwerk ein langwieriger Weg der Wahrheitsfindung. Der Prozess ist bis Ende Juli terminiert

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