Neubau in Bonn Warum die Kosten der Viktoriabrücke explodieren

Bonn · Die Kosten für den Abriss und Neubau der Viktoriabrücke liegen bei rund 45 Millionen Euro statt, wie ursprünglich veranschlagt, 24,6 Millionen. Der Stadtbaurat klagt über fehlerhafte Bestandspläne und überhöhte Baupreise.

Stadtbaurat Helmut Wiesner hat am Mittwoch Hintergründe für die Kostensteigerung beim Abriss und Neubau der Viktoriabrücke von 24,6 Millionen auf rund 45 Millionen Euro erläutert. Eine Rolle spiele dabei die Kombination aus der guten konjunkturellen Lage der Bauwirtschaft und dem engen Korsett des öffentlichen Vergaberechts.

Wiesner, der selbst bis vor einem Monat noch von einer Steigerung von lediglich zehn Prozent ausgegangen war, sprach in dem Zusammenhang von „Mondpreisen“, die teilweise auf dem Markt verlangt würden, und dass diese Entwicklung einen „ungenierten Griff in die öffentlichen Kassen“ ermögliche. Weitere Gründe für die Kostenexplosion seien geänderte Planungen und unvorhergesehene Probleme wegen Fehlern in alten Bauplänen. So hätten die Stützrampen der 1949 errichteten und 1963 erweiterten Brücke erneuert werden müssen, weil die Bauweise nicht dem entsprach, was in den alten Plänen stand. In der Folge musste ein Kanal verlegt werden, das habe zu erheblichen Mehrkosten geführt. Die höchste Steigerung verzeichnet Wiesner beim Abriss und Neubau der Stahlbrückenkonstruktion: Hier stiegen die Kosten von 12,5 Millionen auf 28,54 Millionen Euro.

Weitere Steigerung der Kosten nicht auszuschließen

Wie am Dienstag berichtet, liegen die Kosten für das Brückenbauprojekt derzeit bei rund 45 Millionen Euro. Mit Tendenz nach oben. „Eine weitere Steigerung ist nicht auszuschließen“, sagte Monika Gehrmann, stellvertretende Leiterin des für das Projekt verantwortlichen städtischen Tiefbauamts. Die ursprüngliche Kostenschätzung von 24,6 Millionen Euro beruhte laut Wiesner auf einer Planung aus dem Jahr 2012. Drei Jahre später sei aber erst das Ergebnis des Gestaltungswettbewerbs beschlossen worden, auf dessen Grundlage die eigentlichen Planungen begonnen wurde. Während die noch liefen, habe man im Sommer 2016 mit dem Abriss und Neubau beginnen müssen.

Grund: Wegen der in den Jahren 2006 und 2009 festgestellten erheblichen Schäden an der Viktoriabrücke bestand ein unmittelbarer Handlungszwang zu Abriss und Erneuerung der Brücke. „Die Brücke führt über eine der meistbefahrenen Zugstrecken Europas, deshalb mussten wir sehr früh mit der DB die für die Bauarbeiten nötigen Sperrpausen beantragen, um die Genehmigungen rechtzeitig zum Baubeginn 2016 zu erhalten“, sagte Wiesner. „Planung und Bau mussten also in großen Teilen parallel erfolgen.“

Ausführungsplanung war erst Ende 2018 fertig

Auf die Frage, warum erst jetzt klar geworden sei, dass das Projekt nun mindestens 20 Millionen Euro teurer wird, antwortete Gehrmann: „Eine realistischere Aussage über die Kostenentwicklung war nicht zuletzt erst jetzt möglich, weil die Ausführungsplanung für die Brücke erst Ende 2018 fertiggestellt war.“ Auch die Entscheidung für den Fußgänger- und Fahrradtunnels habe erst zu dem Zeitpunkt vorgelegen. Hinzu komme, dass der Hauptauftrag als verlässliche Grundlage für einen Ausblick auf die voraussichtliche Kostenentwicklung erst im März vergeben werden konnte. „Trotz europaweiter Ausschreibung haben wir nur zwei Angebote erhalten“, berichtete Gehrmann. „Eines davon lag sogar sechs Millionen Euro über unsere geschätzten Kosten von 18,53 Millionen Euro.“ Den Zuschlag erhielt das Angebot über 20,8 Millionen Euro. Wiesner versicherte, dass Bund und Land trotz der Steigerung nach wie vor 60 Prozent der Kosten tragen würden.

Ungewiss ist zurzeit, was die Ausschreibungen für den Rad- und Fußgängertunnel, für die Rampe zur Thomastraße sowie für den Lichterbaldachin über der Brücke ergeben. Wiesner und Gehrmann gehen auch hier von höheren Kosten aus als bisher geplant. Optimistisch sind sie dagegen hinsichtlich des Fertigstellungstermins Ende 2021. Dies sei allein schon mit Blick auf die geplante Erneuerung des Tausendfüßlers unabdingbar. Wiesner: „Bonn braucht die Viktoriabrücke. Wir hätten mit dem Projekt auch begonnen, wenn wir schon damals gewusst hätten, dass es 45 Millionen Euro kosten wird.“

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