Satteldiebe vor Bonner Gericht Bande räumte nachts Sattelkammern leer

Bonn · Ein Diebesquartett steht in Bonn vor Gericht. Bei Einbrüchen in Reitanlagen haben sie Beute im Wert von 225.000 Euro gemacht. Die Luxussättel wurden über die polnische Grenze geschafft.

Die Sättel heißen Titan, Siegfried, Edelweiß oder Venezia Silverstar. Ob deren Leder aus Elchhaut oder die Farbe Ebenholz ist, war den Einbrechern in den Reitställen egal: Bei den Diebestouren in den Sattelkammern nahmen sie mit, was sie kriegen konnten.

„Auf den Zustand der Sättel habe ich nicht geachtet“, gestand ein 45-jähriges Mitglied einer polnischen Bande, die sich seit gestern vor dem Bonner Landgericht verantworten muss. „Ich habe die Sättel immer schubkarrenweise rausgeholt, vor allem musste es schnell gehen.“ Dann ging es sofort ab über die polnische Grenze, wo die Luxusbeute heiß begehrt ist.

Zwischen Oktober 2014 und August 2015 soll die Bande laut Anklage in neun Reiterhöfen Reit,- Dressur-, und Springsättel im Gesamtwert von rund 225.000 Euro erbeutet haben. Neben Reitanlagen bei Hamburg, Hannover und Aachen waren auch zwei Höfe in der Region das Ziel.

Tatorte wurden vorher ausspioniert

Auf Burg Münchhausen in Adendorf sollen die Männer aus den Spinden, die sie mit Brechstangen geknackt hatten, 13 Sättel im Wert 19.000 Euro erbeutet haben. Im Januar 2015 stiegen sie in das Gut Haus Holzen in Berkum ein. Dabei sollen sie 30 Reitsättel abtransportiert haben. Da eines ihrer beiden Autos vor dem Hof im Schlamm stecken geblieben war, mussten sie zahlreiche Sättel zurücklassen.

Die Tatorte wurden vorher abgefahren und ausspioniert, gestand gestern der 45-Jährige zum Prozessauftakt. In Berkum wäre das fast schiefgegangen: Als sie auf einem Parkplatz eines Einkaufscenters ihren nächtlichen Einsatz abwarteten, wurden sie von Polizisten kontrolliert. „Da sind wir erst mal schnell über die Grenze zurück.“ Nur zwei Tage später kamen sie wieder – und setzten ihren Plan um.

Der 45-Jährige hatte in seinem Geständnis den Jüngsten der vier Angeklagten als Mittäter belastet. Der aber reagierte gestern entrüstet. „Ich war nicht am Tatort“, beteuerte er, er habe in Polen lediglich die Autos verliehen. Aber warum er dennoch persönlich vor Ort war, dafür hatte er gestern keine plausible Antwort. Einer der vier Angeklagten war am ersten Prozesstag nicht vor Gericht erschienen. Das mutmaßliche Bandenmitglied war nach vier Monaten haftverschont worden und hatte eine falsche Adresse in Polen angegeben. So konnte er nicht zum Prozess geladen werden.

Im August 2015 wurde der Ritt durch die Reiterhöfe vorerst gestoppt. Denn die Bande geriet nach dem Einbruch in einen Reiterhof bei Dresden in eine Polizeikontrolle – und die Beamten fanden 26 frisch erbeutete Reitsättel im Wert von 32.000 Euro. Für den Prozess sind sechs weitere Verhandlungstage angesetzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort