Beethovenfest Bonn und Siegburg Außergewöhnliche Musiker mit ungewöhnlichen Programmen

Bonn/Siegburg · Pekka Kuusisto und die Luomo Players. Elektronik trifft Folk, wabernde Spährenklänge aus einer Loop-Maschine auf einen virtuosen Geiger: Üblicherweise würde jetzt der so gerne bemühte Begriff "Crossover" fallen. Doch bei Pekka Kuusisto wäre dies fatal. Der Finne hasst dieses Wort, weil es Grenzen voraussetzt, die überschritten werden müssen. "Es ist alles einfach Musik", sagt er. Und lässt dann sein Instrument sprechen.

In der Straßenbahnhalle Dransdorf erweckt er die Polkas und Menuette zu neuem Leben - in der ersten Konzerthälfte ganz allein, nur durch die Technik unterstützt. Immer wieder nimmt der Geiger nach und nach verschiedene Stimmen auf, singt und fidelt fröhlich übereinander schichtend ganze Streichorchester-Passagen ein, während seine elektronische Skelett-Geige einer kontinuierlichen Metamorphose unterzogen ist, mal als Bass, mal als Ukulele und mal als Synthesizer fungiert.

Später holt Kuusisto Musikerkollegen auf die Bühne: Mit den Luomo Players setzt er noch deutlicher auf modernen Folk, traditionell und zugleich offen, an die "Pelimanni"-Musik (Spielmannsmusik mit Geige, Akkordeon und Bass) angelehnt und zugleich immer darüber hinaus gehend. Starre Regeln? Alles, nur das nicht.

So macht Volksmusik Spaß: Nicht in eingekrusteten volkstümelnden Strukturen verharrend, sondern lebendig, frisch, frei. Und vom Publikum werden die vier Musiker aus Finnland dafür gefeiert.

Quartet-Lab. Am Abend vor seinem Auftritt mit den Luomo Players übte sich der Geiger Pekka Kuusisto im Siegburger Stadtmuseum in der Kunst des Streichquartett-Spiels. Allerdings nicht ganz von Anfang an: Um ein Probleme mit der Beleuchtung zu überbrücken, spielte er zusammen mit der Geigerin Patricia Kopatchinskaja ein paar Duos von Belá Bartók - und gab sich darüber hinaus als eloquent-witziger Moderator.

Kuustisto und Kopatchinskaja, die sich am ersten und zweiten Violinpult abwechselten, standen in diesem "quartet lab" mit der finnischen Bratschistin Lilli Maijala und dem niederländischen Cellistin Pieter Wispelwey zwei weitere Individualisten gegenüber. Was sie eint, ist eine unbändige Musizierlust, die sich bereits in Mozarts Divertimento in D-Dur KV 136 austobte. Aber trotz aller Wildheit sind sie, was die Präzision im Zusammenspiel angeht, zu keinem Kompromiss bereit. Die Kommunikation funktionierte dabei fast wie in einer Jazz-Session.

Untypisch auch ihr Programm-Aufbau: Beethovens Quartett in f-Moll op. 95, das ziemlich aufgeraut wurde, schalteten sie die Bearbeitung eines Sanctus von William Byrd vor. Ähnlich verfuhr man bei Brittens zweitem Streichquartett, als Wispelwey dessen "Lamento" für Solo-Cello (aus op. 72) als Vorspiel intonierte.

Zwischen den offiziellen Programmpunkten kam das völlig begeisterte Publikum immer wieder in den Genuss kleiner Musikhäppchen, darunter einiger Quartettsätze des russischen Komponisten Boris Yoffe. Bei der Zugabe, Purcells "Fantasia Upon One Note", kam Yoffe sogar auf die Bühne, um auf der Bratsche den Grundton anzustimmen. Bernhard Hartmann

Konstantin Tyulkin. Das zweite Konzert der Reihe Ural Philharmonic in der wie gewohnt ausverkauften Post Tower Lounge spielte der Pianist Konstantin Tyulkin, der sich vorwiegend dem Werk von Sergej Prokofjew widmete. Er begann jedoch mit den Estampes von Claude Debussy.

Das zauberte ein wenig exotisches Flair in die Lounge. Das heikle klangliche Gefüge von Debussys Musik war jedoch noch nicht so austariert wie es Tyulkins zweifellos beeindruckenden manuellen Fertigkeiten entsprach.

Mit den Zehn Stücken aus dem Ballett "Romeo und Julia" von Prokofjew entfaltete Tyulkin ein beeindruckendes Psychogramm. Angefangen vom rustikalen "Tanz des Volkes" über das raffinierte "Maskenspiel" bis hin zum elegischen Abschied der Liebenden, Tyulkin spielte ebenso einfühlsam wie markant.

Ein ausgesprochenes Virtuosenstück war schließlich Prokofievs siebte Sonate. Mit rastloser Nervosität hämmerte er die Noten in die Tasten - ein grandioser Parforceritt durch den ersten Satz. Guido Krawinkel

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