Flüchtlinge in Bonn Auch Poliklinik wird Notunterkunft

Bonn · Seit dem Umzug der Poliklinik vor drei Jahren auf das Gelände des Uniklinikums auf dem Venusberg steht der größte Teil ihrer Gebäude an der Wilhelmstraße mitten in der City leer.

Ab Montag kehrt wieder Leben in die alte Klinik ein. Die Stadt Bonn nutzt die landeseigene Immobilie zur Unterbringung von 150 Flüchtlingen. Damit wächst die Zahl der Flüchtlinge, die in Notunterkünften mitten in der City leben, auf 280 Personen.

Aufwendig umgebaut werden mussten der Backsteinbau im Innenhof und das an der Wilhelmstraße liegende Gebäude allerdings nicht. Lediglich die Sanitäranlagen in den ehemaligen Krankenzimmern hätten überholt und zum Teil erneuert werden müssen, erklärte Stadtsprecherin Monika Hörig gestern. Hörig geht davon aus, dass alle zur Verfügung stehenden Zimmer bezogen werden können und damit die Kapazität der ehemaligen Klinik schnell ausgeschöpft sein wird.

In dem nicht weit davon entfernten Gebäude der ehemaligen Pestalozzischule ist das längst der Fall. 130 Flüchtlinge leben seit Kurzem in der Schule gegenüber dem Stadthaus am Berliner Platz.

Die Pestalozzischule war einst die älteste Förderschule in Nordrhein-Westfalen und wurde im Sommer 2012 aufgrund rückläufiger Schülerzahlen geschlossen. Anders als in der Poliklinik müssen die Bewohner dort mit Dusch- und Sanitäreinrichtungen in Containern auf dem Schulhof vorliebnehmen. Eine andere Lösung wäre zu teuer geworden.

Ebenfalls voll belegt ist Hörig zufolge bereits das ehemalige Schwesternwohnheim der LVR-Klinik an der Graurheindorfer Straße. Der Landschaftsverband hatte das Wohnheim der Stadt zur Verfügung gestellt. In dem Haus sind 70 Flüchtlinge untergekommen.

Die seit Sommer leer stehenden Klassenzimmer und Büros der ins Haus der Bildung umgezogenen Volkshochschule gleich neben der Poliklinik will die Stadt Bonn für die Kinderbetreuung und für Sprachförderkurse nutzen. "Wir überlegen außerdem, ein bis zwei Integrationsklassen dort einzurichten, wenn die Schulen in Bonn keine Kapazitäten mehr haben", sagte Hörig. Vorerst auf Eis gelegt seien deshalb die Pläne, das VHS-Gebäude zu vermarkten.

Weitere 150 Wohnplätze werden zurzeit in einem ehemaligen Bürogebäude in Bad Godesberg an der Karl-Finkelnburgstraße geschaffen. Wie berichtet, hat die Stadt die Immobilie kürzlich für rund 5,9 Millionen Euro gekauft. Etwa Mitte 2016 soll sie bezugsfertig sein. "Unsere unter großem Aufwand akquirierten noch freien Plätze werden nach der Aufnahme der angekündigten Zuweisungen erschöpft sein", erklärte Hörig.

Die Stadt Bonn vertrete mit dem Deutschen Städtetag deshalb die Auffassung, dass den Kommunen nur noch Flüchtlinge mit einer Bleibeperspektive zugeordnet werden sollten. Für die anderen müsse der Bund seine Zuständigkeit anerkennen und selbst für die Unterbringung in von ihm geschaffenen Unterkünften sorgen. "Unser Ziel ist es nach wie vor, keine Zelte oder Turnhallen als Notunterkünfte nutzen zu müssen", sagte Hörig. Die Stadt hoffe, dass ihr das erspart bleibe, allerdings könne sie es angesichts der Flüchtlingsströme vor allem in Richtung Deutschland nicht versprechen.

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