Wohnungssuche mit Tücken Arbeitsloser Bonner blitzt bei Deutscher Annington zunächst ab

BONN · Benachteiligt die Deutsche Annington bei der Vergabe von Wohnraum gezielt sozialschwache Mieter? Diesen Verdacht hegte zumindest Nick Süren, als er sich gemeinsam mit seiner Mutter an den GA wandte.

 Verstand erst die Welt nicht mehr, jetzt hat die Annington ihm doch eine Wohnung angeboten: Der 24-jährige Nick Süren.

Verstand erst die Welt nicht mehr, jetzt hat die Annington ihm doch eine Wohnung angeboten: Der 24-jährige Nick Süren.

Foto: Leif Kubik

Die Deutsche Annington nehme keine Mieter auf, die von der Arbeitsagentur beziehungsweise vom Jobcenter kämen, sei ihm an der telefonischen Hotline des Unternehmens gesagt worden, so der 24-jährige, der aktuell in einem Wohnheim für Suchtgefährdete lebt.

Eine Aussage, die auch seine Mutter bestätigt: "Die Sachbearbeiter im Callcenter Bochum haben mir gesagt, dass sie die Anweisung hätten, keine Interessenten, die ausschließlich von Geldern des Jobcenters lebten, aufzunehmen", so die 53-jährige kaufmännische Angestellte. Auch spiele es keine Rolle, ob der Bewerber nur eine Ergänzung zum Lebensunterhalt erhalte oder ganz vom Staat abhängig sei.

Recherchen des GA ergaben allerdings ein differenzierteres Bild: "Grundsätzlich ist der Bezug von Arbeitslosengeld II oder anderer staatlicher Transferleistungen selbstverständlich kein Hinderungsgrund für die Vergabe einer Wohnung", so die Auskunft bei einem Testanruf. Es gebe jedoch Sperrvermerke für bestimmte Objekte, in denen man "schlechte Erfahrungen, zum Beispiel mit Überbelegung" gemacht habe, so die Auskunft eines Callcenter-Mitarbeiters. Ob das Objekt in Tannenbusch, für das sich Nick Süren interessierte, dazu gehört, war aber nicht in Erfahrung zu bringen.

Dass die Annington grundsätzlich sozialschwache Bewerber ablehne, mag man sich auch bei Mieterbund und Jobcenter nicht vorstellen. Derartige Beschwerden habe es bisher nicht gegeben. Die Ablehnung begründet die Deutsche Annington folglich auch anders: "Leider konnten wir die Wohnungen Herrn Süren nicht anbieten, da sie zwischen 26 und 29 Quadratmeter groß sind.

Das Jobcenter übernimmt die Kosten nicht, weil sie zu klein sind. Das Jobcenter verlangt eine Mindest-Wohnungsgröße von 35 Quadratmetern", so die offizielle Auskunft. Das mag man beim Jobcenter so nicht stehen lassen: "Die 35 Quadratmeter sind eine Untergröße, auf die der Berechtigte einen Anspruch hat", so Sprecher Markus Waschinski. "Wer sich bewusst für eine kleinere Wohnung entscheidet, kann das natürlich tun und wird von uns dann auch unterstützt."

Süren, der sein Einkommen durch einen Job bei einem Bestattungsunternehmen aufstockt, hat dennoch keinen Besichtigungstermin bekommen. Der junge Mann scheint mittlerweile durchaus auf einem guten Weg zu sein, nachdem er, wie er selbst sagt, in seiner Jugend nicht in der Lage war, sein Leben selbstständig zu führen: "Ich lebe noch immer in dem Wohnheim und suche einfach eine bezahlbare Wohnung. Die 26 oder 29 Quadratmeter der beiden Objekte, die ich im Internet gefunden habe, wären mir durchaus genug."

Lange Jahre entsprachen die oftmals als "Heuschrecken" abqualifizierten Immobiliengesellschaften wie die Deutsche Annington oft dem ihnen anhaftenden Ruf nach hohem Renditestreben bei geringer Investitionslust: "Mit Sozialleistungsempfängern als Mieter fuhr man am besten, schließlich zahlt die Stadt die Miete", sagt zum Beispiel Bernhard von Grünberg, Bonner Mietervereinschef und SPD-Landtagsabgeordneter.

Heute zahlen die meisten Transferleistungsempfänger Miete und Nebenkosten selbst, das Geld wird ihnen von den Jobcentern überwiesen. Die aktuelle Vergabepolitik könnte daher auch als ein Zeichen zu werten sein, einer weiteren Verwahrlosung des Viertels entgegenzuwirken. Klar sagen mag man das bei der Annington allerdings nicht. Nick Süren hat man jedoch inzwischen eine Wohnung angeboten.

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