Rivalisierende Banden Anklage nach Schüssen vor dem Bonner "Take Two"

Bonn · Vor zwei Jahren wurde der damalige Präsident des Boxclubs Fist Fighter angeschossen. Nun wurden zwei Mitglieder der rivalisierenden Gruppe wegen versuchten Totschlags angeklagt.

Die Szene war filmreif: Am 27. März 2015 gegen 20.30 Uhr peitschten vor der Bar „Take Two“ mitten in der Innenstadt an der Kreuzung Belderberg und Rathausgasse Schüsse durch die Luft. Sie galten dem damaligen Präsidenten des Boxclubs Fist Fighter, Konstantin „Costa“ S., der das erste Projektil noch mit einem als Schutzschild vorgehaltenen Bistrotisch abwenden konnte. Ein weiterer Schuss traf den 39-Jährigen ins Bein.

Nun hat die Bonner Staatsanwaltschaft einen 35-Jährigen, den sie für den Schützen hält, und dessen 30-jährigen Bruder wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Die Brüder gehören den Ermittler zufolge zum Club der United Tribuns und müssen sich demnächst vor dem Schwurgericht verantworten, erklärte Gerichtssprecher Bastian Sczech auf Anfrage.

Vor den Schüssen war es vor der Bar zu einer Massenschlägerei gekommen, in die Mitglieder der beiden von der Polizei als rockerähnlich eingestuften Gruppen verwickelt waren. Auslöser war laut Anklage ein Streit zwischen den beiden Angeklagten und Costa S., der schließlich zu einer handfesten Auseinandersetzung zwischen den beiden Lagern führte. Und dann soll der 35-Jährige mit einer Pistole Kaliber 7,65 Browning auf Costa S. gezielt, abgedrückt und gerufen haben: „Stirb doch endlich.“ Der 30-Jährige soll mit gezogener Pistole daneben gestanden haben. Die beiden Brüder wurden später verhaftet, jedoch wieder entlassen. Inzwischen sitzt der 30-Jährige wieder in U-Haft – wegen eines Verfahrens, das in Aachen gegen ihn geführt wird.

Video überführt einen der Täter

Sein 35-jähriger Bruder bestreitet laut Anklage die Schüsse, wird den Ermittlern zufolge jedoch unter anderem durch das Video eines vom Balkon filmenden Nachbarn überführt. Nach den Schüssen entstand ein Tumult, und den nutzte Costa S., um mit seinen Leuten zu flüchten. Laut Anklage schaffte er es, sich in Sicherheit zu bringen, weil in dem Durcheinander weitere gezielte Schüsse nicht mehr abgegeben werden konnten. Er kam in die Klinik, wurde operiert und nach wenigen Tagen entlassen.

Der Anklage zufolge hatte er am Tatabend gegen 19 Uhr in Duisdorf zusammen mit 20 bis 30 Leuten vor einem Haus, in dem ein Mitglied der Familie der Angeklagten wohnte, herumgebrüllt: So gehe das nicht. Anschließend sei es telefonisch zu Absprachen gekommen, sich vor dem Take Two zu treffen und die Lage zu klären.

Was geklärt werden sollte, ist der Anklage zufolge nicht sicher. So könnte es den Ermittlern zufolge um Revierkämpfe gegangen sein: Entweder, weil die Tribuns die Gründung eines Chapters (einer Regionalgruppe) in Bonn geplant haben, oder weil die Fist Fighter eine Expansion ins Revier der Tribuns nach Euskirchen vorbereitet haben könnten. Oder aber, so die Anklage: Es könnte – ganz profan – um eine Frau gegangen sein.

Ermittlungen sind schwierig

Fest steht: Die Ermittlungen gestalteten sich schwierig. Laut Staatsanwaltschaft sprach Costa S. nach den Schüssen zwar mit der Presse, verweigerte bei den Ermittlern jedoch die Aussage. Gegen ihn wurden Ordnungsgelder verhängt, und ihm wurde mit Beugehaft gedroht, bis er zur Vernehmung erschien. Der 39-Jährige ist bei der Justiz alles andere als ein unbeschriebenes Blatt und saß schon jahrelang hinter Gittern: Er tat sich mit Anfang 20 im Rotlichtmilieu hervor und zwang junge Mädchen mit Gewalt und auch Vergewaltigung zur Prostitution. Von seiner Vergangenheit hat er sich eigenen Angaben zufolge losgesagt und sich auch als Präsident der Fist Fighter zurückgezogen.

Die Justiz beschäftigt er aber nach wie vor. Wie Staatsanwaltschaftssprecher Sebastian Buß erklärte, ist Costa S. wegen Körperverletzung angeklagt, weil er an Karneval in einer Kneipe einem Gast so mit der Faust gegen den Kopf geschlagen haben soll, dass der Mann bewusstlos wurde und ein Schädel-Hirn-Trauma erlitt. Außerdem wird gegen ihn ermittelt, weil er am 25. November 2016 eine Polizistin am Telefon auf üble Weise beleidigt haben soll.

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