Jugendlicher vor Gericht Anklage: 16-Jähriger fuhr nach Berlin und erstach die Mutter

BONN/BERLIN · Jahrelang soll der erbitterte Ehekrieg zwischen einem Bonner Hochschulprofessor und der in Berlin lebenden Mutter seiner Kinder das Familienleben überschattet haben. Bis der 16-Jährige Sohn des Paares dem ein gewaltsames Ende setzte.

 Die Staatsanwaltschaft wirft den Sohn Totschlag vor.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Sohn Totschlag vor.

Foto: Symbolfoto: dpa

Am 22. Februar soll der Schüler nach Berlin gereist sein und seine Mutter mit 25 Messerstichen getötet haben. So sieht es die Bonner Staatsanwaltschaft und klagte den Jugendlichen wegen Totschlags an.

Wie die Behörde am Donnerstag auf Anfrage erklärte, hätten die Ermittlungen Folgendes zum Hintergrund ergeben: Seit langem beherrsche ein völliges Zerwürfnis zwischen Vater und Mutter die Familie, und nach der Trennung des Vaters von der alkoholkranken Mutter habe der Ehekrieg die Gerichte beschäftigt mit Streit über den Unterhalt für die Ehefrau und das Sorgerecht für den Sohn und die drei Töchter. Und auch mit gegenseitigen Strafanzeigen sollen sich die Eltern überzogen haben.

Ende 2014 spitzte sich die Situation laut Anklage zu

Der 16-Jährige, der mal bei der Mutter und mal beim Vater lebte, soll den Ermittlern zufolge so sehr unter den Streitigkeiten gelitten haben, dass er psychische Probleme entwickelte. Zuletzt lebte der Jugendliche laut Anklage bei einer seiner Schwestern, wenn er nicht im Internat war. Und Ende 2014 spitzte sich die familiäre Situation laut Anklage zu.

Denn die Mutter soll den Ermittlungen zufolge Unterhaltszahlungen geltend gemacht und einen Titel über 67.000 Euro gegen den inzwischen mit einer neuen Partnerin lebenden Vater erwirkt haben.

Und als sich im Februar laut Staatsanwaltschaft ein Gerichtsvollzieher bei dem Vater meldete, soll der einen Familienrat abgehalten haben, weil er die Forderung für unberechtigt hielt. Und bei diesem Familientreffen, so sieht es die Staatsanwaltschaft, reifte in dem 16-Jährigen der Entschluss, seine Mutter mit allen Mitteln von ihrer Forderung abzubringen.

Deshalb setzte sich der 16-Jährige laut Anklage am nächsten Tag, dem 22. Februar, in den Zug nach Berlin, wo er gegen 19 Uhr eintraf und zur Wohnung der Mutter ging. Was dort genau geschah, weiß die Staatsanwaltschaft nicht, weil der 16-Jährige zu allen Vorwürfen bisher geschwiegen hat.

Fest steht für die Anklagebehörde jedoch: Der Schüler hat 25 Mal auf die Mutter eingestochen und sie in Kopf, Hals, Rücken und Arm getroffen. Die 52-Jährige starb infolge des hohen Blutverlusts und einer Luftembolie. Der 16-Jährige aber stieg laut Anklage anschließend wieder in den Zug nach Bonn, wo er am frühen Morgen ankam.

Es stellt sich die Frage, ob der Jugendliche schuldfähig ist

In den Fokus der Ermittler geriet der 16-Jährige laut Staatsanwaltschaft am 27. Februar. Da teilte ein Zeuge der Polizei mit: Er habe gehört, dass der 16-Jährige berichtet habe, er sei in Berlin gewesen, habe die Mutter aber nicht angetroffen. Der Schüler kam in U-Haft. Und weil Strafverfahren gegen Jugendliche an deren Wohnort geführt werden, gab die Berliner Staatsanwaltschaft den Fall an die Bonner Kollegen ab.

Die sind nun sicher: Der 16-Jährige tötete seine Mutter. Denn man könne nicht nur dessen Fahrten nach Berlin am Tattag beweisen, sondern man habe auch das Blut des Opfers an seiner Kleidung und an einem Messer, das ihm gehöre, gefunden.

Weil sich allerdings die Frage stellt, ob der 16-Jährige voll schuldfähig ist, wurde ein psychiatrischer Sachverständiger eingeschaltet. Sollte das Bonner Jugendschwurgericht den Schüler demnächst schuldig sprechen, spielt das Gutachten eine entscheidende Rolle bei der Frage, was mit dem 16-Jährigen geschieht.

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