Prozess in Bonn Ankläger fordert lebenslange Haft für Doppelmord in Duisdorf

Bonn · Der 47-jährige Angeklagte bestreitet bis zuletzt die Tötung seiner Lebensgefährtin und seines elfjährigen Sohnes in Duisdorf. Der Ankläger fordert lebenslange Haft.

 Marc S. vor Gericht. Er soll seinen elfjährigen Sohn und dessen Mutter getötet haben.

Marc S. vor Gericht. Er soll seinen elfjährigen Sohn und dessen Mutter getötet haben.

Foto: dpa

„Keine Frage, Sie sind der Täter.“ Staatsanwalt Florian Geßler machte gestern im ersten Satz seines Plädoyers klar, dass er von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist. Der 47-Jährige jedoch schüttelte wiederholt den Kopf. Der Aushilfsfahrer hatte bereits drei Tage nach Entdeckung des Verbrechens in einer Duisdorfer Wohnung beteuert, dass er seine 48-jährige Lebensgefährtin und den gemeinsamen elfjährigen Sohn nicht getötet hat. Mutter und Kind waren am 18. September 2016 erdrosselt in der Wohnung gefunden worden.

Der schwer kranke Sohn, der seit seiner Geburt mit einer Sonde ernährt werden musste, lag tot in seinem Kinderbett, von hinten mit einem USB-Kabel stranguliert. Wegen Doppelmordes muss sich der 47-Jährige schon seit Juni vor dem Schwurgericht verantworten. Aber er hat all die Monate zu den Vorwürfen geschwiegen. Sein Kopfschütteln am Montag war seine erste Reaktion in dem aufwendigen und zähen Indizienprozess.

Verschuldet und spielsüchtig

Eine lebenslange Haftstrafe forderte Staatsanwalt Geßler am Ende des Plädoyers. Allerdings geht der Ankläger bei der Tötung der Lebensgefährtin nicht mehr von Mord, sondern von Totschlag aus, da auch ein Streit und damit ein Affekt der Auslöser für das Verbrechen gewesen sein könnte. Nach diesem „Desaster“, so Geßler weiter, habe er sich für die Tötung des eigenen Kindes entschieden: Der Junge habe sterben müssen, weil er als Zeuge seinem Vater im Weg gestanden hätte. Er habe ihn im Schlaf erdrosselt, und das sei fraglos Mord. Die Tat sei auch heimtückisch begangen worden. „Es gab kein Kampfgeschehen, kein Schreien, keine Abwehrspuren.“

Dass der Angeklagte „seine Familie ausgelöscht hat“, weil er den Diebstahl von 15.000 Euro aus der Wohnung verdecken wollte, glaubt der Staatsanwalt nicht mehr: Das Motiv Habgier reiche nicht für eine Verurteilung. Weder sei der 47-Jährige, der damals von seiner Familie getrennt lebte, so verschuldet noch sei er so spielsüchtig gewesen, dass er „über Leichen geht, um weiter zocken zu können.“

Vielzahl von DNA-Spuren am Mordwerkzeug

Aber dass er der Täter sein muss, dafür spreche vieles, so Geßler: Eine Vielzahl von DNA-Spuren am Mordwerkzeug oder auch das wiederholte Einloggen mit dem Handy am Tatort in der fraglichen Nacht. Schließlich auch sein seltsames Verhalten: Am Abend vor der Entdeckung hatte der 47-Jährige einer Nachbarin erzählt, dass er auf dem Weg in die Klinik sei, weil der Sohn gerade notoperiert werde. Zu diesem Zeitpunkt jedoch waren Mutter und Kind bereits tot gewesen. Ein weiteres Indiz sei, dass die Wohnung von außen abgeschlossen war. Einen Schlüssel aber habe nur der Angeklagte besessen.

Wegen der besonderen Grausamkeit und Kaltblütigkeit der Tötung forderte Staatsanwalt Geßler zudem, dass die besondere Schwere der Schuld festgestellt wird. In dem Fall muss der verurteilte Täter mit einer Haftstrafe von mindestens 18 Jahren rechnen.

Die Verteidigung hält die Beweislage für „recht dünn“ und plädierte – im Zweifel für den Angeklagten – auf Freispruch. Ein Urteilstermin steht noch nicht fest.

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