Bonner Landgericht Angeklagte im Sugardaddy-Prozess nicht mehr dringend tatverdächtig

Bonn. · Im Sugardaddy-Prozess vor dem Bonner Landgericht hat es am Dienstag eine überraschende Wende gegeben: Das Gericht sieht einen dringenden Tatverdacht gegen die beiden Angeklagten nicht mehr gegeben. Auf freien Fuß dürfen sie allerdings vorerst nicht.

 Das Landgericht in Bonn.

Das Landgericht in Bonn.

Foto: Peter Kölschbach/dpa

Am Ende des dreizehnten Tages der Hauptverhandlung im sogenannten Sugardaddy-Prozess war die Verteidigung der beiden männlichen Angeklagten in Feierlaune: Nach bisherigem Verfahrensstand „mag das Gericht einen dringenden Tatverdacht nicht weiter erkennen“, sagte die Vorsitzende Richterin Isabel Köhne zum Abschluss des Verhandlungstages gegen 16 Uhr und setzte den gegen die beiden Männer bestehenden Haftbefehl außer Kraft. Eine weitere Haft in diesem Fall sei unverhältnismäßig.

In dem spektakulären Fall müssen sich die beiden 27- und 36-Jährigen sowie die mitangeklagte 31-jährige Kronzeugin wegen gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung verantworten. Auf freien Fuß kommen die beiden Männer aber trotzdem vorerst nicht: Am Landgericht laufen nämlich noch zwei weitere, getrennte Verfahren wegen Zwangsprostitution gegen sie und die daraus resultierende Untersuchungshaft bleibt von der richterlichen Entscheidung unberührt.

Das Verfahren gegen den Älteren läuft bereits seit Anfang des Monats. Begonnen hatte der Verhandlungstag genauso, wie der vorige aufgehört hatte: Unter Ausschluss der Öffentlichkeit war der „Sugardaddy“ – der wohlhabende Besitzer eines Medienunternehmens aus dem Sauerland – als Zeuge vernommen worden und offenbar hatte er gegen die beiden Angeklagten nicht viel Belastendes vorzubringen.

Dabei hatte der 50-Jährige das Verfahren erst ins Rollen gebracht: Als gegen ihn wegen Steuerhinterziehung ermittelt wurde, teilte er den verblüfften Ermittlern mit, bei den aus dem Geschäft entnommenen Geldern handele es sich um Lösegeldzahlungen für seine Freundin, die von den Hells Angels bedroht und entführt worden sei.

Daraufhin hatte die Bonner Staatsanwaltschaft die Sache von ihren Arnsberger Kollegen übernommen und später Anklage gegen die beiden Männer aus dem Rockermilieu und die Freundin des Geschäftsmannes, eine junge Prostituierte, erhoben. Letztere soll den Unternehmer über die Internetplattform „My Sugar-Daddy“ kennengelernt haben und von diesem zunächst für ihre sexuellen Dienstleistungen bezahlt worden sein.

Geschäftliche Beziehung soll sich zu privater entwickelt haben

Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage davon aus, dass sich aus der geschäftlichen auch eine private Beziehung entwickelt hat; zumindest habe der Geschädigte das glauben sollen. In Wirklichkeit hatte sie aber wohl bereits im Sommer 2015 den jüngeren Angeklagten kennen- und lieben gelernt.

Der soll die Liaison seiner neuen Eroberung als „Jackpot“ betrachtet haben, hatte die Frau als Kronzeugin ausgesagt. Dann sei der Plan mit der vorgetäuschten Bedrohung durch die Hells Angels geschmiedet worden. Beide Angeklagte sollen bis zu deren Auflösung Präsident und Vizepräsident des Bonner Chapters der mittlerweile aufgelösten und mit den Angels in Konkurrenz stehenden Rocker-ähnlichen Gruppierung „United Tribuns“ gewesen sein.

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