Kommentar An die eigene Nase packen

BONN · Es ist schon ein wenig naiv zu glauben, eine Großveranstaltung wie die Bahnlärm-Demonstration am Sonntag in Bonn bliebe in diesen Tagen vom Wahlkampf verschont.

Selbst eine Grundsteinlegung, wie gestern beim Haus der Bildung in der Innenstadt, ist jetzt höchst willkommener Anlass für Politiker, sich in Szene zu setzen und gegen die Konkurrenz zu schießen. Schließlich ist in nicht ganz fünf Monaten Bundestagswahl. Und nächstes Jahr stehen Europa- und Kommunalwahlen ins Haus.

Die Kritiker von Jürgen Nimptschs Auftritt haben sicher Recht, wenn sie beklagen, dass parteipolitisches Getöse und Verbalinjurien dem Anliegen der lärmgeplagten Menschen entlang den Bahntrassen rechts und links des Rheines nicht dienen. Zumal das Problem das ganze Wahlvolk trifft, gleich wem es seine Stimme geben will. Das ist in vielen anderen Dingen, die die Menschen in ihrem Alltagsleben umtreiben, doch genauso.

So unangemessen man die Rede von Nimptsch finden mag, so scheinheilig seine Presserklärung dazu gestern auch klingt, so sollten sich doch alle Politiker, gleich welcher Couleur, mal an die eigene Nase packen. Und fragen, bei welcher Gelegenheit sie denn die parteipolitische Keule herausholen. Weil doch auch sie gerade in Wahlkampfzeiten oftmals weniger die Sache als vielmehr die Wählergunst im Blick haben. Wenn sie ehrlich sind, kriegen sie ihre Hände vermutlich kaum noch frei.

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