Bundesamt in Dransdorf Alles für den Ernstfall auf Lager

Bonn · Klappspaten, Rettungsdecken, Verbandsmaterial, aber auch Biertischgarnituren oder ein Mülleimer – es gibt vieles, was Rettungskräfte in einem richtigen Katastrophenfall brauchen können. Damit im Ernstfall nichts fehlt, bestücken Mitarbeiter des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in einer großen Halle in Dransdorf zentral alle Fahrzeuge, die der Bund den Ländern und Kommunen für diese Aufgabe zur Verfügung stellt.

 Der Physiker Stefan Wilbert gibt am Steuerstart den Startbefehl für die Messanlage für Radioaktivität.

Der Physiker Stefan Wilbert gibt am Steuerstart den Startbefehl für die Messanlage für Radioaktivität.

Foto: Martin Wein

Dort warten Paletten von Besen, Warnlichtern, aber auch besagten schwarzen Mülleimern mit Deckel auf ihren Einsatz. Gerade wird ein Schlauchwagen vom Typ SW-KatS bestückt. „Im täglichen Feuerwehreinsatz werden Sie den kaum sehen“, erklärt der zuständige Referatsleiter Michael Gewehr. Zum Einsatz kommt das Fahrzeug am ehesten bei Waldbränden, wo ein Wasseranschluss nicht unbedingt in der Nähe liegt. Zwei Kilometer Schlauch liegen auf seiner Ladefläche aufgerollt bereit, um bei langsamer Fahrt abgewickelt zu werden.

Bei einer Katastrophe könnte auch die Wasserversorgung in einer Stadt Probleme bereiten. Möglichst autark soll die Besatzung in solchen Fällen arbeiten können. Dazu gehört auch so etwas Banales wie ein Reservereifen, den kein normaler Feuerwehrwagen besitzt. „Die schickt man einfach in die Werkstatt und beordert ein neues Löschfahrzeug. Aber im Ernstfall können wir nicht davon ausgehen, dass eine Werkstatt offen hat“, sagt Gewehr.

Mehr als 100 Fahrzeuge mit einem Gesamtwert von über 30 Millionen Euro hat das BBK 2015 für Länder und Kommunen ausgestattet und bereitgestellt. BBK-Präsident Christoph Unger macht keinen Hehl daraus, dass es noch deutlich mehr sein könnten. Auch die Bonner Berufsfeuerwehr warte auf fünf neue Fahrzeuge. Die Haushaltslage im Bund habe die Möglichkeiten aber eingeschränkt.

In Dransdorf wird von den Mitarbeitern aber nicht nur konfektioniert und mit bis zu zwei Tage langen Schulungen an die zukünftigen Nutzer übergeben. Im Nebengebäude testen Mitarbeiter wie Stefan Wilbert zunächst, ob die angebotenen Geräte und Materialien überhaupt den Ansprüchen und vor allem den Herstellerangaben entsprechen. „Es ist für Einsatzkräfte schlicht lebenswichtig, dass sie sich auf die Angaben von Messgeräten wirklich verlassen können“, sagt Wilbert.

Was selbstverständlich klingen mag, ist es keineswegs immer. Bei Handgeräten zur Messung radioaktiver Strahlung haben die Bonner Experten Hersteller mehrfach zum Nachbessern aufgefordert. Im eigenen Messraum können sie ein Testgerät auf einem fahrbaren Schlitten aus verschiedener Entfernung einer Strahlenfeldquelle von bis zu einem Sievert pro Stunde aussetzen. Zum Vergleich: Bei 25 Mikrosievert sperrt die Feuerwehr eine Strahlungsquelle ab. Außerhalb des abgeschirmten Raums verfolgen die Physiker die Testfahrt auf mehreren Videokameras. Wilgert ist überzeugt: „Unsere Präzision hat sich auch bei der Industrie rumgesprochen. Das allein schützt schon vor Ungenauigkeiten“.

Die Chemikerin Karin Braun und ihr Kollege Udo Bachmann widmen sich chemischen Gefahren. Im Arbeitsschutz gängige Bekleidung etwa werde nur auf die Gefahrstoffe getestet, mit denen Mitarbeiter auch in Verbindung kommen. „Theoretisch gibt es aber 50 Millionen mögliche chemische Verbindungen“, sagt Bachmann. In jahrelanger Arbeit haben die Chemiker Stoff-Cluster gebildet, die ähnlich reagieren. Ist ein Anzug resistent gegen einen Stoff, dann auch gegen die anderen.

Neuerdings forschen die Bonner gemeinsam mit anderen an Anzugstoffen, die Gefahrstoffe auf ihrem Gewebe mithilfe von Katalysatoren unschädlich machen. „Sonst läuft man beim Ausziehen Gefahr, sich zu kontaminieren“, erklärt Braun. Für eine Halterung zur Erprobung der Textilien hat das BBK gerade erst die Patentrechte erworben. Nur ein Labor für biologische Analysen wäre eigentlich noch nötig, um alle Gefahrenquellen vor der Anschaffung von Material sicher bewerten zu können.

Dass man von der Arbeit des BBK in Dransdorf und in der Lengsdorfer Zentrale im Allgemeinen wenig merkt, wenn die Behörde nicht gerade einmal einem Pressevertreter Einblicke gewährt, stört Behördenchef Unger übrigens nicht. Er sagt: „Wenn Sie von uns nichts erfahren, ist das im Allgemeinen ein gutes Zeichen, denn unsere zentrale Aufgabe ist der Schutz der Bevölkerung im Spannungs- und Verteidigungsfall.“

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