Interview mit Lydie Auvray Akkordeonistin gastiert am Dienstag in der Endenicher Harmonie

Die Musikerin und Sängerin Lydie Auvray präsentiert heute in der Endenicher Harmonie ihr aktuelles Album "3 Couleurs". Die "Grande Dame des Akkordeons" sprach im GA-Interview über Frankreich, Köln und fehlende Vorbilder.

 Lydie Auvray gilt als Star in der Akkordeon-Szene.

Lydie Auvray gilt als Star in der Akkordeon-Szene.

Foto: Volker Neumann

Madame Auvray, wann und warum haben Sie sich ausgerechnet für das Akkordeon entschieden?
Lydie Auvray: Als ich ein kleines Mädchen war, war es nicht so ungewöhnlich, dass die Kinder der "kleinen Leute" - mein Vater war Handwerker - Akkordeon lernten. Die Töchter aus "besseren" Kreisen lernten Geige oder Klavier. Nachdem ich in der Pubertät Probleme damit hatte, Akkordeon zu spielen, weil es ja als altbacken galt, griff ich vorerst zur Gitarre. Doch recht schnell entdeckte ich dann für mich, welch ein tolles Instrument das Akkordeon ist. Seitdem versuche ich zu zeigen, was man alles darauf spielen und damit ausdrücken kann.

Sie gelten als Star der Akkordeon-Szene, dem es gelungen ist, das Akkordeon grundlegend vom Tand der bieder vor sich hin dudelnden Quetschkommoden-Artistik zu befreien. Wie ist Ihnen das gelungen?
Auvray: Ich hoffe, dass es mir gelungen ist (lacht). Als ich anfing, hatte ich keine Vorbilder. Man kannte damals, vor fast 40 Jahren, keinen Tango Nuevo, keine Musik aus Nord-Brasilien, keinen Zydeco ... Und ich wollte nur eines: Etwas anderes machen, als die grinsenden französischen Akkordeonisten, die das alte schöne Musette in meinen Augen in eine billige Unterhaltungsmusik verschandelt hatten. Ich bin schließlich mit Rock und Pop aufgewachsen und wollte moderner und geschmackvoller (in meinen Augen) sein. Ich begann, Stücke zu schreiben, die zwar im Musette und Tango verwurzelt waren, aber die andere Einflüsse beinhalteten und die ich auf andere Art arrangierte. Ich glaube, das traf genau den Nerv.

1974 verließen Sie die heimische Normandie in Richtung Deutschland. Fühlen Sie sich 39 Jahre später mehr als Französin oder eher als Deutsche?
Auvray: Als Europäerin, als Kölnerin und irgendwie aber schon noch als Französin. Ich glaube, die ersten 18 Jahre eines Lebens sind ziemlich prägend. Ich lebe sehr gerne in Köln, aber ohne Frankreich geht es auch nicht.

Sie stehen seit 37 Jahren auf der Bühne, haben weit über 1000 Konzerte gegeben und mehr als 20 Alben veröffentlicht. Woran erinnern Sie sich besonders gern?
Auvray: Da gibt es viele schöne Erinnerungen. Auf Martinique bei einem Festival zu spielen, das war einmalig. Auch die Konzerte im Rahmen der Friedensbewegung waren großartig. Genauso die Zeit mit Stefan Remmler von "Trio" in Rio de Janeiro, wo wir die Videos zu seinem Album "Lotto" drehten. Wir drehten auch mit Status Quo in London und machten anschließend einige TV-Sendungen mit ihnen. Die waren immer gut drauf und sehr lustig.

Worin unterscheidet sich Ihre Spieltechnik von der anderer großer Meister wie Richard Galliano, Raúl Barboza oder Art van Damme?
Auvray: Also besonders Galliano und Van Damme sind wahre Virtuosen und geniale Techniker. Ich sehe mich eher als eine Musikerin und Komponistin und weniger als "Virtuosin". Ich mag auch nicht, dass man mich so nennt. Meine Musik lebt vor allem vom Ausdruck, vom Gefühl und vom Rhythmus.

Worin unterscheidet sich ein Konzert des Lydie-Auvray-Trios von den Auftritten mit Ihrer Band Auvrettes?
Auvray: Es ist leiser, intimer und irgendwie intensiver. Bei drei Instrumenten zählt jeder Ton.

Tango, Folk, Weltmusik, Chanson oder Musette - wie beschreiben Sie Ihren Musikstil?
Auvray: Es gibt keine Schublade dafür. Es ist meine Musik, eine eigene Mischung, die auf all dem beruht - gewürzt mit einem Schuss Jazz und karibischen Elementen.

Wovon träumen Sie?
Auvray: Von einer besseren Welt! Ohne Atom, ohne korrupte Politiker, ohne Lobbyisten und morallose Unternehmer. Und von einer Welt ohne Firmen, die unsere Lebensmittel kontrollieren wollen und uns dabei krank machen, ohne maßlose Profitgier, ohne ... Wollen Sie noch mehr hören?

Danke, das reicht. Wie lange wollen Sie noch auf Tournee gehen?
Auvray: So lange ich kann! Aber das Akkordeon ist mit seinen rund zehn Kilogramm Gewicht ein recht schweres Instrument und somit ist es für mich körperlich schon sehr anstrengend. Vor allem dann, wenn man es so temperamentvoll spielt wie ich. Mal sehen, wie lange es noch gut geht.

Was hat das Publikum bei Ihrem Konzert in der Harmonie zu erwarten?
Auvray: Den gewohnten "Auvray-Mix", wobei natürlich vor allem auch einige Stücke aus dem neuen Album "3 Couleurs" zu hören sein werden. Meine zwei Super-Mitmusiker Eckes Malz am Klavier und an der Percussion sowie Markus Tiedemann an den Gitarren und am Bass garantieren viel Spaß und Komplizität zwischen uns! Und durch ihr Talent, mehrere Instrumente spielen und auch noch gut singen zu können, ist das Programm sehr, sehr abwechslungsreich.

Lydie Auvray Trio live beginnt am Dienstag um 20 Uhr in der Harmonie in Endenich. Karten für 28,25 Euro gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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