Modelabel "Adenauer & Co" Adenauers Enkel designt Freizeitmode

Meerbusch · Surfer, Modemacher und Enkel: Andreas Adenauer betreibt in Meerbusch sein eigenes Modelabel. Keine dunklen Anzüge, sondern lässige Freizeitmode.

Dunkle Anzüge. Schwere Wollmäntel in gedeckten Farben. Nie ohne Hut. Weiße Hemden und natürlich Krawatte. Konrad Adenauer kleidete sich stets in klassischer Eleganz. Traditionsbewusst. Zwei Generationen später steht der Name Adenauer für einen ganz anderen Kleidungsstil. Pullover in knalligen Farben. Bequeme Jeans. Lässige T-Shirts. Für den Urlaub am Strand oder den Grillabend mit Freunden und Familie. So sieht die Mode von Andreas Adenauer aus.

Der Adenauer-Enkel ist Gründer des Labels "Adenauer & Co" mit Firmensitz in Meerbusch im Rhein-Kreis Neuss. Hier arbeitet er zusammen mit einem Team aus 20 Mitarbeitern an den neuesten Kreationen für seine "German Beach House Company" - so der Untertitel seiner Marke. Seine Kollektionen wecken Urlaubsgefühle.

Auch der Firmensitz hat Strandhauscharakter: An den Wänden hängen Surfbretter, orientalische Kissen liegen auf dem flaschengrünen Sofa im Herzen des Backsteinhauses und der Couchtisch ist von einer feinen Patina überzogen. Auf den Regalen stapeln sich Bücher bis unter die Decke. Adenauer selbst trägt einen meerblauen Kapuzenpulli mit dem Schriftzug "Adenauer & Co" und dem Anker-Logo. Der 55-Jährige ist leicht gebräunt, ganz so, als würde die Firmenzentrale nicht mitten im Rheinland, sondern am Meer liegen. Seine Kleidungsstücke mit dem aufgedruckten Familiennamen verkauft er mittlerweile in mehr als 20 Läden, den sogenannten Strandhäusern - von Sylt bis Basel. Dass sein Familienname einmal seine eigene Modemarke zieren würde, hätte sich Adenauer nie vorstellen können.

Geboren in Bonn, wächst er als zweiter von drei Brüdern zunächst in Rhöndorf auf. Nur ein paar Meter unterhalb des Adenauer-Hauses mit dem berühmten Rosengarten und der Boccia-Bahn. Seine Kindheit prägen die sonntäglichen Besuche beim Großvater und die Urlaube auf dem Boot des anderen Großvaters in Südschweden. Seine Familiengeschichte ist von Gegensätzen geprägt: Seine Mutter stammt aus einer schwedischen Kaufmannsdynastie.

Kein Privileg, sondern eine Bürde

"Macher und Individuelle", wie er sie charakterisiert. "Meine Mutter war ein unglaublicher Freigeist." So wie er selbst. Ein Surfer und Skater mit langen Haaren. Im Alter von 13 Jahren will er Skateboards produzieren. Ganz anders seine väterliche Seite: "Das waren eher angepasstere Menschen, wie Anwälte oder Ärzte". Sein Vater Georg ist das jüngste Kind des Kanzlers und dessen zweiter Ehefrau Auguste. Von der schwedischen Familienseite übernimmt der Modemacher den Freigeist, den Tatendrang.

Von seinem deutschen Großvater erbt er das rhetorische Talent und die "kölsche Art", wie es seine Freunde nennen. Den Großvater erlebt Andreas allerdings nur fünf Jahre. Dennoch: "Das war eine schöne, intensive Beziehung zu ihm. Ich habe ihn als schelmischen, witzigen Opa erlebt", erinnert er sich. Boccia-Spiele, eine geschenkte Metalleisenbahn oder die Geburtstage im Hause Adenauer. Bei der Erinnerung lächelt der 55-Jährige. In der Kanzler-Küche, durch die heute Besucher zum Schluss der Besichtigungstour laufen, schlief der Enkel immer neben dem Polizeihund. Und noch etwas hat er mit dem Kölner Großvater gemein: den Erfindergeist. "Er war ein Erfinder und Veränderer", sagt der Enkel über den Politiker.

Nach dem Tod des Großvaters zieht die Familie vom Rheinland in die Eifel. Während sein Vater Georg Landnotar wird und damit den heimlichen Lebenstraum des Großvaters wahr macht, erlebt Andreas seinen Nachnamen während seiner Jugend nicht als Privileg, sondern eher als Bürde. Trotzdem lernt er die Errungenschaften des Großvaters zu schätzen. "Ich habe viele Dinge gemacht, weil ich sie anders machen wollte - und nicht, weil ich mich als etwas Besseres gefühlt habe", sagt er.

So stößt sein Engagement, einen Football-Club zu gründen, anstatt einfach im örtlichen Fußballverein mitzukicken, bei vielen auf Unverständnis. Er gründet ihn trotzdem. Für seine spätere Karriere kommt ihm genau dieser Drang, Dinge anders machen zu wollen, zugute. Seine Kollegen geben ihm dem Spitznamen "Agent of Change" - Mann der Veränderung.

Alles was zählt ist Leistung

Nach dem Abitur geht er zunächst zum Bund, absolviert eine zweijährige Unteroffiziersausbildung. In die Fußstapfen des Vaters oder Großvaters möchte er jedoch nicht treten. Weil er keine politischen Ambitionen hatte? "Doch, schon. Aber ich hatte das Gefühl, dass es nicht meine Zeit gewesen ist", erzählt er. Eine politische Laufbahn, nur um der Karriere willens? Für den 55-Jährigen keine Option. Stattdessen beginnt er ein Betriebswirtschaftsstudium. Sein Ziel: die Textilindustrie. Parallel eröffnet er seinen ersten Modeladen in der Eifel.

Danach folgen Geschäftsführerjobs bei großen Konzernen. Insgesamt zehn Jahre arbeitet er für "Esprit" in Deutschland und New York, wechselt zur Surfermarke "O'Neill". Sein berühmter Nachname tritt in dieser Zeit in den Hintergrund. Alles was in der Branche zählt, ist Leistung. Mehr als 200 Kollektionen verantwortet er mit seinen Teams, optimiert Arbeitsprozesse und spürt neue Trends auf - "mit Leidenschaft, Präzision und Perfektion", wie er sagt.

Bis 2010. Nach 20 Jahren in der Modewelt denkt er über einen Neuanfang nach. Zieht mit seiner Familie für ein Jahr nach Mallorca, in den malerischen Ferienort Sóller im Norden der Insel, der Heimat seiner zweiten Ehefrau Gertrudis. Zurück in der Eifel, vertreibt er für Lieferanten, die er noch aus seiner Geschäftsführertätigkeit kennt, T-Shirts und Jeans - zunächst als Hobby. Es kommen weitere Stücke hinzu - bis ein Berater fragt, warum er eigentlich nicht seine eigene Firma gründet.

Ein Besuch auf Norderney weckt die Inspiration. "Ich habe zum ersten Mal realisiert, dass die Deutschen ihre Küsten lieben." Wozu Schriftzüge wie California oder Miami, wenn es Nordsee oder Ostsee gibt? Adenauer wagt schließlich den Schritt - mit der Unterstützung seiner Familie. "Wenn wir es nicht schaffen, dann essen wir eben Oliven", sagt seine Frau, die ihn auch in der Firma unterstützt. Und Andreas Adenauer macht genau das, was er jahrelang für andere Firmen getan hat: Er definiert die Marke, die Zielgruppe, baut eine eigene Ladeneinrichtung.

"Da fing das Feuer an." Bei einem Treffen mit Freunden entsteht der Markenname "Adenauer & Co" - und die Bedeutung seines Nachnamens ändert sich erneut für ihn. Der Enkel erkennt die positiven Werte: "Dann ist er wieder ein Geschenk." Und noch eine Sache hat er erkannt: "Was ich an meinem Großvater bewundere? Wie stark er im Glauben verankert war. Das ist mir erst jetzt bewusst geworden", sagt der bekennende Christ. Fast alle Textilien seines Modelabels lässt er in Europa herstellen.

Nur in einem Lebensbereich geht er seit längerem keine neuen Risiken mehr ein: "Ab 40 sollte man keine neuen Sportarten mehr lernen." Das Kite-surfen hat er daher aufgegeben. Windsurfer und Skater ist er aber immer noch. "Die Freizeit ist eingenommen von meinen Kindern." Mit fünf von ihnen und seiner Ehefrau lebt er mittlerweile in Meerbusch. "Man sollte sich nicht zu ernst nehmen. Es ist eh alles ein Geschenk", sagt Adenauer. Und meint damit nicht nur seinen Namen.

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