Reisereportage: Unterwegs in Namibia Abenteuer Wüste

BONN · Die beste Autoversicherung ist gerade gut genug: Eine Fahrt von Swakopmund durch den Namib-Naukluft-Park in Namibia ist durchaus abwechslungsreich.

 Bei Sonnenaufgang ist die Wüste am schönsten – auch, weil die Temperaturen noch angenehm sind.

Bei Sonnenaufgang ist die Wüste am schönsten – auch, weil die Temperaturen noch angenehm sind.

Foto:  HANS-J. WIMMEROTH

Morgens gegen sieben Uhr: Am Tor in den namibischen Nationalparks der Namibwüste stauen sich Autos. Zu Dutzenden warten Touristen in ihren Allrad-Fahrzeugen darauf, gegen Gebühr in den Nationalpark eingelassen zu werden und zu den riesigen Dünen am Sossusvlei fahren zu können. Das Farbspektakel in der aufgehenden Sonne lockt dorthin, wo sich die roten Dünen auf mehr als 300 Meter Höhe recken und grau-weiße Trockenpfannen (Vlei) signalisieren, dass es dort alle paar Jahre auch mal Regen gibt. 60 Kilometer sind es vom Tor am Camp Sesriem bis zu dem als Weltnaturerbe der Unesco eingestuften Naturschauspiel. Wobei man die letzten vier Kilometer besser mit einem Shuttle fährt, als sich in die Gefahr zu begeben, im Sand stecken zu bleiben.

Endlich rückt der Uhrzeiger auf die Sieben, und etwas später öffnen freundliche Parkwächter die Schranken. Name des Fahrers und Kennzeichen werden notiert, dann geht es los. Derweil steht die Sonne etwas höher und taucht die Landschaft in unterschiedlichste Rot-, Orange- oder Violett-Töne, hier gleißt es golden, dort ist es tiefschwarz, weil noch kein Licht einfällt. Ab und zu lassen sich ein paar Oryx-Antilopen blicken, an anderer Stelle machen sich Springböcke aus dem Staub.

Nach gut einer Stunde landet man auf dem Parkplatz vor dem Sossusvlei, noch einmal vom Shuttlefahrer durchrütteln lassen, dann sind die Dünen erreicht. Ganz nah scheinen sie in dem grellen Sonnenlicht, doch ist noch der eine oder andere Kilometer zu wandern, um an einen Aufstieg Richtung Big Daddy, so heißt die höchste Düne, zu gelangen.

Also rauf. Die ersten paar Meter gehen noch, doch in dem losen roten Sand wird jeder Schritt zur Qual. Nach gut 150 Metern ist die Luft raus. Die Pumpe schlägt bis zum Hals, immer wieder greifen wir zur Wasserflasche. An-geblich reichen für den ganzen Aufstieg 2,5 Liter pro Person, es dürften mehr sein. Egal, oben ist der Blick fantastisch, das Farbenspiel wechselt im Minutentakt.

Okay, wieder runter, es wird schließlich immer heißer, zum Wagen, noch ein Blick in den Sesriem Canyon und zurück zur Namib Dessert Lodge, unserem Quartier. Die Lodge ist überaus komfortabel, zwei Pools laden zum Abkühlen, und auch von dort gibt es einen prächtigen Blick auf versteinerten Dünen, hinter denen weit weg der Sossusvlei liegt. Die vorletzte Nacht in einem so ganz anderen, so fremden, aber auch so gastfreundlichen Land.

Die Farm Rooiklip kommt noch, zwei Nächte zum Ausspannen sind dort gebucht, die 18 Kilometer von der C14 bis dorthin geraten zu einem eigenen Abenteuer, zum Teil geht es über blanken Fels. Mehrfach kommt der Gedanke auf, die Untersetzung einzuschalten, doch irgendwie kommen wir durch. Irgendwann tröstet ein Schild „nur noch 5 Kilometer“. Und dann diese Farm. Zwei Professoren der TU München sind mit einem Dutzend Studenten dort und betreiben ökologische Feldforschung. Die Farm gehört Klippen-Frans (66) und Hannelore (76), die mit 60 Jahren aus Deutschland zu ihrem Frans gezogen ist. Ein bisschen Aussteigerqualität hat die Farm, und relaxen geht dort ganz prima.

Nach einer Woche auf der Gästefarm Otjikoko im Landesinneren waren wir zunächst zum Atlantik gereist und von dort in die Namib: Bismarckstraße, Kaiser-Wilhelm-Straße, Hotel Zum Kaiser, Buchhandlung Die Muschel oder Juwelier Ralph Schmidt. Wir sind in Swakopmund, der viertgrößten Stadt Namibias, am Atlantik gelegen und sehr deutsch. Die Kaiser-Wilhelm-Straße heißt heute Sam Nujoma Avenue, aber es gibt noch alte Straßenschilder.

1892 wurde die Stadt gegründet, nachdem bereits 1884 Südwestafrika deutsches Protektorat geworden war. Swakopmund ist häufig grau, weil kalte atlantische Winde auf heiße Wüstenluft stoßen, dort ist es kühler als im Inland. Und so herrscht in der Hauptreisezeit des südlichen Afrika von Oktober bis März nicht nur reges Treiben, sondern auch ein buntes Sprachgewirr.

Hübsch ist es dort, im Stadtzentrum flaniert man entlang breiter Boulevards, Geschäfte laden zum Shopping, gastronomische Betriebe gibt es reichlich, viele Fischgerichte stehen auf den Karten, die Preise sind – im Vergleich zu Deutschland – überaus moderat. Und mit der Sprache gibt es auch kein Problem: Viele Namibier sprechen Deutsch, auch viele Schwarze pflegen die Sprache, hilft sie doch beim Verkauf von allerlei Tand, der von Einheimischen hergestellt sein soll.

Vor allem unterhalb des Leuchtturms nahe der alten Brauerei treffen Besucher auf ein Dutzend Verkaufsstände, und wehe, man lässt sich auf ein Verkaufsgespräch ein. Schicke Häuser säumen die Straßen, viele noch aus Zeit der vorvergangenen Jahrhundertwende mit Zinnen und Türmchen, sogenannte wilhelminische Stilelemente.

Dass die Straßen sehr breit angelegt sind, hat mit der Geschichte des Landes zu tun. Swakopmund war einst der wichtigste Hafen für die deutschen Kolonialisten. Die zogen mit Ochsengespannen ins Landesinnere oder brachten Waren nach Windhoek, der Hauptstadt. Ochsengespanne hatten einen ziemlich großen Wendekreis, was entsprechend dimensionierte Straßen erforderte.

Swakopmund ist ein geeigneter Startplatz für eine Tour durch die Namib-Naukluft-Wüste, die als älteste Wüste der Welt gilt, bis nach Windhoek. Die Strecke führt von Swakopmund zunächst nach Walvis Bay. Wer länger in Swakopmund verweilt, sollte sich eine Schiffstour von Walvis Bay zu Robben, Delfinen und Pelikanen gönnen. Bald kommen die ersten Robben an Bord und betteln um Fisch, kaum, dass das Schiff abgelegt hat. Ein Pelikan namens Gaga, so der Tourguide, macht es ihnen nach, landet auf der Reling und fordert ebenfalls seinen Anteil. Dabei macht der Vogel derartige Faxen, dass die Passagiere nicht aus dem Lachen kommen.

Jedenfalls ist die Strecke von Swakopmund bis Walvis Bay noch leicht zu befahren, weil es ein sogenannter Teerpad ist, eine asphaltierte Straße. Pad heißen die Straßen in Namibia, und die meisten sind Schotterpisten. Darum muss der Leihwagen auch ein allradgetriebenes Fahrzeug sein, eine starke Klimaanlage und zwei Tanks besitzen und mit (meist zwei) Reservereifen, Schaufel, Wasserkanister und elektrischer Kühlbox ausgerüstet sein, damit man eventuelle Pannen oder Feststecken im Sand auch überstehen kann.

Christian Rink, Chef von Camelhorse Safaris, der unsere Tour mit und für uns geplant hat, drängte mächtig auf den Abschluss einer etwas teureren Versicherung, weil darin ein Platten und eine geringere Selbstbeteiligung enthalten sind. Reifenreparaturen können in Namibia ziemlich ins Geld gehen, sind die Pneus doch in der Regel teure Geländereifen.

Von Walvis Bay führt eine Straße namens C14 direkt in die Wüste und Richtung Hauptstadt. Rote Erde, Steine, Geröll, in der Ferne beleuchten die Hamilton-Berge in der Morgensonne. Hier und da ein paar Kameldorn-Büsche oder kleinere Grünpflanzen, die man aber auch pro Quadratmeter leicht zählen kann.

Holprig geht es über den Pad, der Linksverkehr in Namibia ist das geringste Problem, es gibt meist nur wenig Gegenverkehr. Rechter Hand bewegen sich ein paar Punkte: Oryx-Antilopen, perfekt an das karge Leben in der Wüste angepasst, ziehen in der Ferne vorbei. Irgendwo finden sie wohl immer etwas Feuchtes, um ihren Wasserbedarf zu decken. Christian hatte uns strengstens ermahnt, auf den Pads nicht schneller als 60 bis maximal 80 Stundenkilometer zu fahren. Wroooom, rauscht ein Einheimischer an uns vorbei, zieht eine riesige Staubfahne hinter sich her und entschwindet. Wir waren ihm wohl zu langsam.

Nach gefühlt endloser Zeit und reichlichem Geruckel auf dem ausgefahrenem Pad erreichen wir die Berge, die die Wüste gegen das Hochland abzuschirmen scheinen. Ein Wegweiser in der Nähe des Kuiseb-Canyons deutet Richtung Henno Martin Shelter.

Henno Martin und Hermann Korn waren zwei deutsche Geologen, die sich dort während des Zweiten Weltkrieges und der drohenden Internierung versteckt hatten. Die Strecke wird schon abenteuerlicher, es naht der erste, der Kuiseb-Pass. Ein Stück Leitplanke sichert den Pad nach links, dahinter geht es geschätzt gut hundert Meter in die Tiefe. Die Leitplanke steht auf Holzpflöcken. Die Mitfahrer verstummen. Also schön in der Mitte des Pads bleiben und auf Gegenverkehr achten. Ob der meist weithin sichtbaren Staubfahnen ein geringes Problem.

Hinter dem Pass geht es weiter auf der C14 Richtung einer Ansiedlung namens Solitaire. „Da müsst Ihr unbedingt hin“, hatte uns Christian eingeschärft, „dort müsst Ihr tanken und den besten Apfelkuchen Namibias essen.“ Gehört, getan. Ein wildes Durcheinander von Menschen, Fahrzeugen und allerlei Schrott erwartete uns. In Namibia wird nichts weggeworfen. Auch eine uralte „Kiste“ kann immer noch wertvolle Ersatzteile liefern.

Solitaire gehört einem Schotten namens Moose McGregor, und der hat die Anlage zu einem beliebten und wegen des Sprits wichtigen Treffpunkt ausgebaut. Sein lauwarmer Apfelkuchen hat keine Zeit, kalt zu werden. Und er schmeckt mit frischem Kaffee nach Stunden in der Wüste einfach unbeschreiblich.

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