"Über den Tellerrand kochen" Wo Bonner in der Küche auf Flüchtlinge treffen

BONN · "Über den Tellerrand kochen": In der Katholischen Familienbildungsstätte in der Lennéstraße kochen Bonner gemeinsam mit Flüchtlingen.

 Der Tisch ist gedeckt: Natürlich steht am Abschluss des Kochabends das gemeinsame Essen.

Der Tisch ist gedeckt: Natürlich steht am Abschluss des Kochabends das gemeinsame Essen.

Foto: Thomas Kölsch

Immer fröhlich wenden. Und aufpassen, dass nichts anbrennt. Zwei heiße Pfannen mit Rösti, die es zu betreuen gilt und die dank Ibrahim immer gut gefüllt sind. Der junge Mann ist einer der so genannten Neu-Bonner, der bei der Bonner Ausgabe des integrativen Projekts "Über den Tellerrand kochen" in der Katholischen Familienbildungsstätte in der Lennéstraße mitmacht, mit der einen Hand einen Rösti nach dem anderen formt - und mit der anderen gerne mal von den fertigen nascht.

"Eine Hälfte für dich, eine für mich", bietet er immer wieder lachend an. Und es gibt viele, die diesem verlockenden Angebot nicht widerstehen können. Zumal auf diese Weise ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entsteht, das einfach angenehm ist. Gemeinsam kochen, gemeinsam essen, gemeinsam lachen. So etwas verbindet.

Etwa 30 Menschen haben sich in der Küche des Bildungswerks versammelt, knapp die Hälfte von ihnen sind Flüchtlinge. An jedem der drei Arbeitstische wird geschnippelt, gerührt und gezaubert, werden syrische Omelettes mit Minze ebenso zubereitet wie Entenleber und Knödel. Initiatorin Anke Krämer schaut sich dieses Bild mit glänzenden Augen an. "Ich finde es großartig, wie Alt- und Neu-Bonner gleichermaßen zusammenkommen", sagt sie und erzählt dann, wie sich das bundesweit existierende Projekt hier entwickelt hat. "Beim ersten Mal stand ich mit sechs Leuten da und habe mich gefragt, ob das wirklich klappt - und seitdem rennen uns die Leute die Bude ein. Wir kochen einmal pro Monat, bekommen aber so viele Anfragen, dass wir ohne Probleme doppelt so viele Abende veranstalten könnten."

Wenn denn das Geld und die Kapazitäten da wären. "Wir können so etwas natürlich nur mit jeder Menge Unterstützung machen", betont Krämer. "Die Katholische Bildungsstätte stellt uns diese fantastische Küche zur Verfügung, aber wir müssen ja auch einkaufen. Besonders dankbar sind wir deshalb dem Bistro Eselchen aus Duisdorf, das uns heute den gesamten deutschen Hauptgang samt Getränken gesponsert hat." Zusätzliche Unterstützung wäre aber hilfreich - ebenso wie weitere Küchen in anderen Stadtteilen. Und vielleicht noch ein paar Profiköche, die das Team anleiten.

Derzeit übernimmt diesen Part in erster Linie Robert Rechmann vom Bonner Kochatelier, der allerdings ganz entspannt sein kann. Immerhin gibt es im Team einige, die genau wissen, was zu tun ist. Darunter Maher Kouefatie, der früher in Syrien als Koch tätig war. "Eigentlich ist auch Ali dabei, der aber heute nicht kommen kann", erzählt Doris Bremm, die Fachbereichsleiterin in der Familienbildungsstätte. "Er und Maher kannten sich beide aus Aleppo und haben sich hier in Bonn in unserer Küche überraschend wiedergetroffen. Das war ein bewegender Moment."

Ohnehin sind es diese persönlichen Geschichten, die die Treffen so besonders machen. Etwa die über einen jungen Flüchtling, der dank eines solchen Abends ein Praktikum bei der Postbank ergatterte und nun gute Chancen hat, eine Ausbildungsstelle zu bekommen. Oder die über den älteren Herren, der sonst als verschlossen gilt und doch in den Kochrunden aufblüht. "Essen ist eben die universale Sprache", kommentiert Food-Blogger Argang Ghadiri, der ebenfalls mit von der Partie ist, diese Momente. Eine Sprache, die Herz und Gaumen gleichermaßen berührt.

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