Auf den Spuren der verlorenen Altstadt Werkstatt Baukultur blickte auf 50er Jahre zurück

BONN · Wer heute nach der Bonner Altstadt fragt, wird in den meisten Fällen in die Gegend hinter dem Stadthaus geschickt. Die eigentliche alte Innenstadt von Bonn ist der Bereich zwischen Alter Zoll und Beethovenhalle am Rhein. I

 Hier stand die Gertrudiskapelle: Martin Bredenbeck (rechts) führte die Gruppe in die Vogtsgasse.

Hier stand die Gertrudiskapelle: Martin Bredenbeck (rechts) führte die Gruppe in die Vogtsgasse.

Foto: Stefan Knopp

m Krieg stark zerstört, wurde der Bereich in den 50er Jahren vollkommen umstrukturiert - oft über die Köpfe der Bewohner hinweg. Eine Führung zum Thema "Altstadtumlegung" bot am Samstag Martin Bredenbeck von der Werkstatt Baukultur an.

Vor dem Zweiten Weltkrieg, so Bredenbeck, sei das Rheinufer der Altstadt eher Wohngegend der einfachen Leute gewesen, die einen pragmatischen Umgang mit dem Rhein als Transportweg und Müllkippe pflegten. Heute sind die Wohnungen am Rhein mit die teuersten in Bonn. Das sei aber nur ein Aspekt der baulichen Veränderungen der ie Stadtplaner nach dem Krieg. Bredenbeck erläuterte, dass man mit dem Bau breiter Straßen und spezifischer Architektur mit viel Glas der Stadt ein anderes Aussehen geben wollte. "Es durfte wenig an die alte Zeit erinnern", sagte Bredenbeck.

Man wollte die Altstadt mit ihren schmalen Gassen sanieren: "Was krank war, waren die Enge und Bedrängtheit." Für die Architekten und Planer habe die "Stunde Null" nicht mit Kriegsende, sondern einige Jahre später mit dem Start des Stadtumbaus begonnen. Bredenbeck ging auch auf den "Dächerstreit" zwischen Traditionalisten und Modernisten im Häuserbau ein: An der Kreuzung Rathausgasse und Belderberg stehen nebeneinander zwei Häuser, von denen eins das traditionelle spitz zulaufende Dach und das andere ein Flachdach hat.

Die knapp 20 Teilnehmer erfuhren, dass die Rheingasse früher steiler war und mit Bauschutt abgeflacht wurde. Sie sahen an der Treppe zur Giergasse ein Haus mit vielen für den Baustil der 50er Jahre typischen Aspekten wie trapezförmigen Fenstern.

Von einem kundigen Teilnehmer erfuhren sie, dass sich ein Gastwirt an der Stelle des heutigen Theaters geweigert habe, den Bauvorhaben der Stadtplaner zu weichen, und dafür viel Unterstützung erhalten habe. In der Vogtsgasse informierte Bredenbeck über den früheren Standort der Gertrudiskapelle, die im Krieg ebenfalls zerstört wurde. Weitere Stationen waren die Rheinpromenade mit Gartenkunst der frühen Nachkriegsmoderne und die Rheinlogen. Die erste Führung der Werkstatt Baukultur, die sich nur mit der Altstadtumlegung beschäftigte, bot einen guten Blick auf Bonn, wie es einmal war und warum es so wurde, wie es heute ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort