Traditionen in der Festzeit Weihnachtsbräuche im Rheinland und im Rest der Welt

Bonn · Baum schmücken, Lieder singen, Krippen gucken - in der Weihnachtszeit gibt es zahlreiche Bräuche, die sich teilweise seit dem Mittelalter entwickelt haben. Wo welche Bräuche ihren Ursprung haben, erklären wir hier.

  Ein rotes Geschenk hängt an einem Tannenbaum in der Ortsmitte.

 Ein rotes Geschenk hängt an einem Tannenbaum in der Ortsmitte.

Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Die Vorweihnachtszeit ist kurz in diesem Jahr. Der vierte Advent ist gleichzeitig Heiligabend. Viele hetzen sich ab in der Vorweihnachtszeit und in all dem Trubel gehen die alten Bräuche immer mehr verloren.

Doch das Rheinland ist reich an Bräuchen und weltweit geben Traditionen zum Weihnachtsfest ebenfalls für lokale Eigenheiten. Mit dem ersten Adventssonntag beginnt oftmals auch die Vorbereitung auf das Fest. Sei es das erste Dekorieren der Wohnung, Aussuchen eines Tannenbaums oder natürlich die Suche nach passenden Geschenke.

Das Wort Advent kommt aus der lateinischen Sprache und bedeutet Ankunft, zugleich ist er der Beginn des Kirchenjahres. Neben all dem Konsum, Vorbereiten und Planen des Festmahls lohnt aber auch ein Blick auf die religiöse Bedeutung und Bräuche. Das Wort "Weihnachten" wurde erstmalig um 1170 bei dem bayerischen Spruchdichter Spervogel literarisch belegt.

Seit dem Mittelalter entwickelte sich das kirchliche Weihnachtsfest mit Krippe, Christbaum, Weihnachtsliedern und Bescherung, wie wir es auch heute noch kennen. Doch als Familienfest, wie es heute gefeiert wird, bildeten sich Bräuche laut Kulturwissenschaftlerin Ingeborg Weber-Kellermann seit dem 19. Jahrhundert.

Strohhalmlegen

Ein bekannter rheinischer Brauch ist das Strohhalmlegen. Praktiziert wurde er von Kindern, die in der Adventszeit jeden Tag ein Gebet sprechen oder eine gute Tat vollbringen sollten. War dies erledigt, gab es als Belohnung einen Strohhalm, eine Feder, Stoff oder Watte die vom Kind in eine kleine Krippe gelegt wurde. Schließlich wurde aus den Materialien eine Krippe für das Jesuskind.

Krippen gucken

Ein beliebter Weihnachtsbrauch ist besonders in ländlichen Gebieten der nachbarschaftliche Besuch zur Weihnachtszeit, um sich die unterschiedlichen Krippen anzuschauen. Doch mittlerweile gibt es auch immer mehr öffentliche Krippen in den Städten, die einen begleiteten Gang zu den Krippen mit Erklärungen und Geschichten anbieten.

Sankt Martin

Sankt Martin soll Weltkulturerbe werden. Eine Initiative vom Niederrhein hat einen entsprechenden Antrag eingereicht, die Rheinische Tradition der Martinszüge als immaterielles Weltkulturerbe auszuzeichnen. Zahlreiche Umzüge sind jedes Jahr in Bonn und der Region unterwegs und erinnern an die Geschichte des Heiligen, der seinen Mantel für einen Bettler teilt und Licht in die Dunkelheit bringt.

Nikolaus, Weihnachtsmann oder Christkind?

Die Bescherung an Heiligabend verknüpfen Kinder oftmals mit der Geburt von Jesus, da diese besonders gern am Weihnachtsgottesdienst in Form eines Krippenspiels dargestellt wird. Doch wer bringt nun eigentlich die Geschenke und wie kam es zu den vielen Figuren.

Im 16 Jahrhundert wurde das Christkind vielmehr mit dem Nikolaustag in Verbindung gebracht. Bereits zu dieser Zeit scheint es, dass beide Gabenbringer parallel aufgetreten sind. Das Christkind galt erst in protestantischen Gebieten als Gabenbringer und verdrängte mit Ausbreitung der Reformation den Nikolaus. Im Rheinland war der Brauch des Christkindumgangs weit verbreitet.

Bräuche in Deutschland

Adventskranz

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Seit dem 19. Jahrhundert gibt es den Brauch des Adventskranzes. Vier Kerzen schmücken einen Kranz aus Tannenzweigen oder anderen Materialien. An jedem Adventssonntag wird eine weitere Kerze angezündet, so dass in diesem Jahr Heiligabend alle Kerzen brennen.

Volkskundlerin Dagmar Hänel erklärt: "Im "Rauhen Haus", einer Einrichtung für schwer erziehbare Jugendliche in Hamburg, dachte der damalige Leiter, der evangelische Theologe Johann Heinrich Wichern, über ein Ritual zur Adventszeit nach. Es sollte die Wartezeit deutlich machen, aber auch etwas von der Weihnachtsbotschaft vermitteln. Er baute einen großen Kranz mit 24 Kerzen, jeden Morgen wurde beim gemeinsamen Morgengebet eine zusätzliche Kerze entzündet. Für die Werktage stellte er kleine rote, für die vier Sonntage dicke weiße Kerzen auf."

Der Weihnachtsbaum

Das Schmücken des Tannenbaums symbolisiert für viele Familien die finale Einstimmung auf den Heiligabend. Der Weihnachtsbaum entstammt dabei dem kirchlichen Paradiesspiel des Mittelalters. Seit dem 16. Jahrhundert wanderte er aus den Kirchen als Gaben tragender Baum zuerst in die adeligen Weihnachtsfeiern und im Laufe des 19. Jahrhunderts in die Familien in ganz Deutschland. Früher hießen die Weihnachtsbäume auch Zucker- oder Essbäume - der essbare Schmuck wie Nüsse und Lebkuchen wurde seit dem 16. Jahrhundert nach Weihnachten geplündert.

Weihnachtsbräuche aus aller Welt

Geschichte des Adventskalenders

Seit mehr als zwei Jahrhunderten verbreiten sich Adventskalender auf der ganzen Welt und sorgen so dafür, dass besonders für die Kinder das Warten auf Weihnachten schneller vergeht.

Hänel dazu: "Sie sollen zum einen den Kindern die Zeit des Wartens verkürzen, aber auch Geduld und Disziplin vermitteln". Schließlich darf jeden Tag nur ein Türchen geöffnet werden. Die Adventskalender mit Spielzeug oder richtigen kleinen Präsenten sind natürlich neumodischer Art.

In der Entstehungszeit gab es vielmehr Kalender mit Bildern und kleinen Figuren - aber natürlich auch mit Schokolade, noch heute der beliebteste Klassiker. Ein gewisses "Brauch-Potential" hat der "lebendige Adventskalender". In den Gemeinden öffnen dann Vereine, Institutionen oder Provatpersonen eine echte Tür und laden zu einer weihnachtlichen Aktion ein - gemeinsames Singen, eine gelesene Geschichte oder Plätzchen essen.

Weihnachtspullover

Kein Brauch im eigentlichen Sinne - aber der Rheinländer dehnt den Begriff ja gerne mal etwas aus:

In den letzten Jahren immer beliebter geworden sind auch die bunt gestalteten Weihnachtspullover. In Amerika und England gibt es seit Jahren vor Weihnachten "ugly sweater Partys" - also Partys mit besonders hässlichen Pollovern. Auch immer mehr deutsche Großstädte bieten solche Mottopartys an und dementsprechend wächst auch das Angebot an ausgefallenen Pullis.

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