Verhalten an heißen Tagen UN-Studenten befragen Bonner über Hitzebelastung

BONN · Studenten der Universität der Vereinten Nationen (UNU) in Bonn untersuchen die Belastungen der städtischen Bevölkerung durch zunehmende Hitzewellen. Aufgrund des Klimawandels werden sie weiter zunehmen.

 Studentin Magdalena Annerbo (links) befragt Lydia Möbus . Thema der Haushaltsbefragung ist Hitze in der Stadt.

Studentin Magdalena Annerbo (links) befragt Lydia Möbus . Thema der Haushaltsbefragung ist Hitze in der Stadt.

Foto: dsiebke

Wenn die Temperaturen in der Altstadt steigen, macht Lydia Möbus die zunehmende Hitze nichts aus. Die 49-Jährige verkauft an der Breite Straße Autoschilder und freut sich über Sommerwetter. „Es ist doch toll, wenn es mal wärmer ist“, sagt sie. Ihren Eltern werde es allerdings schnell viel zu heiß. „Die gehen auf die 80 zu und gar nicht mehr raus. Da kann ich mir schon vorstellen, dass eine Menge Leute ein Problem mit der Hitze haben.“

Lydia Möbus gehört zu den ersten Befragten, die 15 Studenten der Universität der Vereinten Nationen (UNU) in Bonn interviewen. Das Think Tank der UN beschäftigt sich in erster Linie mit Forschungsfragen, die viele Länder betreffen. Dabei gibt es weltweit Institute, die jeweils unterschiedlichen Themen gewidmet sind. Hier in Bonn arbeiten die Wissenschaftler am Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit.

800 Bonner werden befragt

Simone Sandholz forscht zum Thema Hitze in Städten und sagt: „Wenn es um Naturgefahren geht, denken wir häufig an Häuser, die bei Überflutungen und Stürmen beschädigt wurden. Das Thema Hitze wird dagegen häufig übersehen.“ Denn Hitzewellen verliefen häufig deutlich langsamer als andere Naturkatastrophen. Zahlen des Bundesumweltministeriums belegen, dass zum Beispiel der Rekordsommer 2003 circa 7000 Menschen in Europa das Leben kostete. Zusätzlich gab es zahlreiche Krankheitsfälle, etwa durch Dehydrierung, Hitzschlag, Herz- und Kreislauferkrankungen.

„Obwohl Deutschland ein vergleichsweise kühles Klima hat, nimmt die Belastung durch Hitzewellen zu. Diese hat vor allem auf die Stadtbevölkerung Auswirkungen“, erläutert Sandholz. Die Expertin geht davon aus, dass es wegen des Klimawandels künftig mehr Hitzewellen geben wird und diese auch länger anhalten werden. In typischen Urlaubsländern wie Italien und Spanien könnten die Menschen gelassener mit der Hitze umgehen als in Deutschland. „Nicht ohne Grund hat sich dort die Siesta durchgesetzt.“ Doch im Durchschnitt seien die Deutschen deutlich älter als die Südländer. „Und wir werden alle noch viel älter“, betont Sandholz.

Dementsprechend sollten die Bonner ihr Verhalten überdenken und Verwaltungen auf die Bedürfnisse der Bürger reagieren. Dafür wollen die Wissenschaftler größer angelegte Strategien entwickeln. „Gerade Senioren spüren jedes Grad und sind anfälliger, wenn Hitze länger anhält“, weiß Sandholz. Die meisten schränkten ihren eigenen Bewegungsradius freiwillig ein. „Wenn ich 80 Jahre alt bin und alleinstehend, frage ich mich schon, wer dann für mich einkaufen könnte.“ Deswegen schauten sich die Wissenschaftler auch den nachbarschaftlichen Zusammenhalt an. Neben Senioren gehören auch Kleinkinder, Schwangere, Übergewichtige, chronisch Kranke und Alkoholiker zu den Risikogruppen. Für diese hat das Umweltbundesamt den Hitzeknigge herausgegeben.

Während Projektpartner im interdisziplinären Forscherteam Analysen und Prognosen zur Hitzebelastung selbst durchführen, widmen sich die Experten der UNU der Bevölkerung. Insgesamt 800 Bonner sollen an der Befragung in der Altstadt und in Bad Godesberg teilnehmen. Die Wissenschaftler untersuchen, wie die Bewohner die Hitze in der Stadt wahrnehmen und welche Maßnahmen sie ergreifen, wenn es ihnen zu heiß wird. Zudem erfassen sie persönliche Angaben und die aktuelle Wohnsituation.

Da in den Stadtteilen gerade ein Leitbild erarbeitet werde, bestehe die Chance, Verwaltung und Bürger zeitnah über die Ergebnisse zu informieren, weiß Simone Sandholz. „Da die Altstadt sehr dicht bebaut ist, heizt sich dieser Stadtteil schneller auf als andere.“ Städte müssten Wege finden, sich anzupassen und ihre Bewohner zu schützen. Zum Beispiel spielten auch genügend Grünflächen eine Rolle.

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