Ärger in der Bonner Kulturpolitik Theaterchef will nicht warten

Bonn · Die Stadtverwaltung will den 2018 auslaufenden Vertrag mit Generalintendant Bernhard Helmich schnellstens um bis zu fünf Jahre verlängern.

Noch vor der Sommerpause soll der Stadtrat über die Eckpunkte entscheiden, teilt Kulturdezernent Martin Schumacher auf Anfrage mit. Die Verhandlungen mit dem Theaterchef liefen bereits.

Die politische Brisanz liegt dabei nicht in Helmichs Gehalt, das dem Vernehmen nach weiter rund 180.000 Euro im Jahr betragen soll. Im Generalintendantenvertrag werden jedoch auch die jährlichen Zuschüsse für Oper und Schauspiel verbindlich festgelegt – ein Verfahren, das in vielen, aber nicht allen Städten üblich ist. „Das Theater muss Planungssicherheit haben“, begründet das Dezernent Schumacher.

Aktuell zahlt die Stadt einen Jahreszuschuss von rund 28 Millionen Euro, übernimmt zusätzlich aber noch Tarifkostensteigerungen beim Personal. Welchen Zuschuss man dem Rat im Juni für den Vertrag vorschlagen werde, stehe noch nicht fest, so Schumacher. Er solle aber etwas niedriger sein als bisher. Die frühere Vorgabe der Ratskoalition, ab 2020 beim Theater etwa 3,5 Millionen Euro zu kürzen, hält der Dezernent für „schwer umsetzbar“.

Es geht um Zuschüsse von mehr als 130 Millionen Euro

Unterm Strich geht es bei einem fünfjährigen Generalintendantenvertrag um Zuschüsse von weit über 130 Millionen Euro, die der Rat bis 2023 nicht mehr antasten kann, sobald die Tinte getrocknet ist. Das versetzt den Stadtsportbund Bonn (SSB) in Alarmbereitschaft. „Wir machen uns extreme Sorgen um die Stabilität des städtischen Haushalts“, sagt SSB-Finanzexperte Achim Dehnen.

Laut Haushaltssicherungskonzept muss die Stadt ihren tiefroten Etat bis 2021 ausgleichen. Gelingt das nicht, drohen Steuererhöhungen und Sparmaßnahmen. „Von diesem Risiko wäre nur das Theater Bonn ausgenommen, zu Lasten aller anderen Bereiche“, kritisiert SSB-Vorsitzender Michael Scharf. Deshalb dürfe der Intendantenvertrag nicht hinter verschlossenen Türen beschlossen werden. Scharf: „Wir fordern Transparenz und eine breite Diskussion mit den Bonner Bürgern.“ Das Presseamt verweist darauf, dass die Eckpunkte im Rat öffentlich behandelt würden.

Weitere SSB-Forderung: Der Vertrag dürfe erst geschlossen werden, wenn der Rat den Doppelhaushalt 2017/2018 diskutiert, also einen besseren Überblick über die Finanzlage habe. Der Kämmerer will den Etat im Juni einbringen und im Dezember verabschieden lassen. So lange will Generalintendant Helmich aber nicht warten. „Wir brauchen jetzt Planungssicherheit für das Programm der kommenden Jahre, vor allem für das Beethoven-Jubiläum 2020“, unterstreicht er.

Kommunalaufsicht verlangt Bericht über Sparpotenzial in der Kultur

Beim Zuschuss sieht Helmich einen Ratsbeschluss von 2015 als „Vorentscheidung“. Weil er dem Pantheon die Halle Beuel zur Verfügung stellen will, hatten die Fraktionen zugesagt, das städtische Theater künftig so zu bezuschussen, dass keine Abstriche an Quantität und Qualität des Programms nötig werden. Helmich: „Deshalb ist eine nennenswerte Absenkung unseres Etats nicht möglich.“

Der Theaterzuschuss dürfe der Spardebatte nicht entzogen werden, verlangt SSB-Funktionär Dehnen. „Der Sport will keinen Grabenkampf mit der Kultur“, betont er. Die Ausgaben für Kultur und Wissenschaft, die mit rund 67 Millionen Euro im Jahr einen Großteil der freiwilligen Leistungen der Stadt ausmachen, seien aber zu hoch. Das haben auch die Gemeindeprüfungsanstalt NRW und die Bezirksregierung Köln bereits festgestellt. Die Kölner Kommunalaufsicht verlangt von der Stadt bis Ende Juni sogar einen Bericht über mögliches Sparpotenzial in der Kultur. An diesem Papier werde noch gearbeitet, sagt Stadtsprecherin Monika Hörig.

Ob das Sparen beim Beethoven Orchester gelingt, ist unklar. Der Rat hat zwar beschlossen, 6 von 106 Musikerstellen zu streichen. Der designierte neue Generalmusikdirektor Dirk Kaftan tut sich damit nach GA-Informationen jedoch schwer – und hat seinen Vertrag noch nicht unterschrieben. Die Stadt sagt dazu, die Verhandlungen seien „auf einem guten Weg“.

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