Kandidaten für Praktikumsplätze gesucht Telekom Bonn lädt Flüchtlinge zum Speed-Dating

Bonn · Die Telekom geht bei einem Experimentalprojekt zur Integration von Flüchtlingen neue Wege und bietet Bewerbertage mit Speed-Dating an. Die bisherigen Erfahrungen mit dem Programm, das erst 2017 startete, sind positiv.

 Führungskräfte, Auszubildende und Praktikanten organisieren den Bewerbertag für Migranten bei der Telekom.

Führungskräfte, Auszubildende und Praktikanten organisieren den Bewerbertag für Migranten bei der Telekom.

Foto: Martin Wein

Bewerbungsschreiben, Zeugnisse, Lebenslauf – alles schön standardisiert, ordentlich und vergleichbar. So lieben es Personaler. Und so brauchten es gerade Großunternehmen, sagt Birgit Klesper, die bei der Telekom unter anderem den Bereich Human Ressources verantwortet. Umso erstaunlicher, dass die Telekom in einem Experimentalprojekt zusammen mit der Deutschen Post und dem Henkel-Konzern bei der Integration von Flüchtlingen ganz andere Wege beschreitet.

„Mal ganz abgesehen von fehlenden Unterlagen: Mit einer Sozialversicherungsnummer oder anderen Fachbegriffen des deutschen Sozial- und Arbeitsrechts können Neuankömmlinge in Deutschland oft nichts anfangen“, ist Klesper sicher. Falsch oder unvollständig ausgefüllte Bewerbungsbögen seien die Folge und damit Frust auf beiden Seiten.

Mit speziellen Bewerbertagen umschifft der Bonner Konzern solche Probleme. Am Freitag waren dazu wieder 40 junge Migranten in die Konzernzentrale eingeladen. Auszubildende und Führungskräfte aus verschiedenen Bereichen nahmen sie in Empfang. Zuerst halfen sie beim Ausfüllen der nötigen Unterlagen.

Dann ging es jeweils in drei bis vier kurze Gespräche. „Nicht die Noten interessieren uns, sondern der Mensch“, hatten die Verantwortlichen als Devise ausgegeben. Wichtig sei vor allem, ob die zwischenmenschliche Chemie stimme.

Für die Bewerber eine reelle Einstiegschance in den Arbeitsmarkt. 100 Migranten im Jahr bietet das Unternehmen auf diese Weise ein sechsmonatiges Praktikum an. Mit gut 1500 Euro Lohn bei 40 Wochenstunden wird es ordentlich bezahlt – die Hälfte davon von der Bundesagentur für Arbeit. Doch vor allem qualifizieren sich die Guten damit für eine Bewerbung um einen Ausbildungsplatz oder ein duales Studium.

Einer hat diesen Schritt schon geschafft. Im T-Shirt in der Unternehmensfarbe zeigte der junge Iraker nun anderen Bewerbern stolz die Zentrale, sprach über Zukunftsprojekte und Unternehmenswerte. Das Miteinander im Betrieb sei wichtig, Respekt voreinander zwingend. Wenn auch manchmal noch ein wenig zögernd und aufgeregt, merkte man ihm bei der Präsentation, aber schon erkennbar an, dass er mental zum Unternehmen dazugehört.

Die bisherigen Erfahrungen mit dem Programm, das allerdings erst 2017 startete, seien durchweg positiv, sagt Bereichsleiterin Klesper. In einem Fall habe man sich wegen Fehlverhaltens getrennt, ein anderer Praktikant fand vorzeitig eine feste Stelle. Die übrigen durchliefen das Praktikum ohne Probleme. Ausreichende Deutschkenntnisse und ein geklärter Aufenthaltsstatus seien allerdings Voraussetzungen für die Anstellung.

Für ältere Migranten mit Berufserfahrung gibt es ein ähnliches Programm. Hier könne ein Praktikum vorhandene Qualifikationen belegen und in einem Direkteinstieg mit Festanstellung für zunächst zwei Jahre münden. Und auch für hiesige Jugendliche, die keinen Schulabschluss zuwege gebracht haben, gebe es die Möglichkeit, über Praktika an einen Ausbildungsplatz zu kommen. Der Anteil dieser Berufseinsteiger sei seit den 1980er-Jahren gestiegen. „Für sie brauchen wir ebenfalls unkonventionelle Lösungen“, so Klesper.

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