Eigentümer mit eigenem Gutachten Streit um Bonner Mietspiegel geht in die nächste Runde

BONN · Der Mieterverein hat die Kritik der Eigentümergemeinschaft Haus & Grund am Bonner Mietspiegel zurückgewiesen. Diese hatte den Mietspiegel als "grob fehlerhaft" beschrieben - und kommt auf einen höheren Durchschnittspreis.

 Die Fortschreibung des Bonner Mietspiegels sorgt für Diskussionen.

Die Fortschreibung des Bonner Mietspiegels sorgt für Diskussionen.

Foto: picture alliance / dpa

Mietervereinsvorsitzender Bernhard von Grünberg zeigte sich regelrecht verärgert darüber, dass Haus & Grund den Mietspiegel als „grob fehlerhaft“ bezeichnet hat und nicht mehr an dessen Fortschreibung mitwirken will. Konkrete Auswirkungen hat der Ausstieg von Haus & Grund indes nicht. Der Mietspiegel behält weiter seine Gültigkeit – vorausgesetzt, der Stadtrat stimmt im Juli zu, wovon auszugehen ist.

Der Mietspiegel muss alle zwei Jahre aufgrund der Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten „Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland“ fortgeschrieben werden. Haus & Grund sieht allerdings keine Grundlage mehr für eine Fortschreibung und hat sich deshalb an der jüngsten Abstimmung in der Mietspiegelkommission der Stadt nicht beteiligt (der GA berichtete). „Wir sprechen uns natürlich nicht gegen eine Erhöhung von 2,4 Prozent für die nächsten beiden Jahre aus, was dem Lebenshaltungsindex entspricht“, sagte Helmut Hergarten, Geschäftsführer von Haus &Grund. Es gehe der Eigentümergemeinschaft generell um die Fortschreibung eines „grob fehlerhaften“ Mietspiegels. „Dem können wir nicht zustimmen.“

Haus & Grund hatte im Vorfeld Professor Walter Krämer vom Institut für Wirtschafts- und Sozialstatistik der Technischen Universität Dortmund beauftragt, ein Gutachten zum Bonner Mietspiegel aus wissenschaftlicher Sicht zu erstellen. Der Sachverständige wies darin eine „grobe Fehlerhaftigkeit“ des von der Stadt Bonn entwickelten Mietspiegels nach. Weil die Stadt sich laut Hergarten geweigert habe, den Mietspiegel zu überarbeiten und die Fehler zu beseitigen, habe Haus & Grund die Zusammenarbeit eingestellt. Gespräche sollen aber weitergeführt werden. Hergarten: „Laut Gutachter müssten die Mieten pro Quadratmeter im Durchschnitt um einen Euro höher angesetzt werden.“ Der Geschäftsführer stellt klar: Haus & Grund halte den Mietspiegel aus Gründen der Markttransparenz nach wie vor für ein wichtiges Instrument. Es müsse aber fehlerfrei sein.

Methode umstritten

Die Methode, die die Stadt Bonn und viele andere Kommunen anwenden, ist die sogenannte Regressionsmethode. Dabei wird ein mathematisches Modell aufgestellt, mit dem die Kaltmiete durch Merkmale wie Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage der Wohnung berechnet wird. Zur Ermittlung der Daten befragen geschulte Mitarbeiter der Stadtverwaltung an die 3000 Mieter und Vermieter per Fragebogen, die anschließend von städtischen Statistikern ausgewertet werden.

Um den gesetzlichen Vorgaben an einen Mietspiegel zu genügen, so erklärt von Grünberg, habe die Stadt das frühere vierstufige Wohnlagenmodell durch die Regressionsmethode mit Punktesystem ersetzt und dabei auch erstmalig die energetische Sanierung als Merkmal eingeführt. Die Folge seien „zum Teil nicht unerhebliche Differenzierungen“. Hier setzt die Kritik von Gutachter Krämer an: Zum einen müssten unabhängige Wissenschaftler und nicht städtische Statistiker den Mietspiegel erstellen, fordert er. „Das ist zu vergleichen mit Rettungssanitätern, die eine Herzoperation ausführen sollen“, erklärte er.

Eigentümer wollen Lage mit einbeziehen

Als einen groben Fehler bezeichnete er unter anderem, dass bei der Regressionsmethode der Mietpreissprung zwischen Gebäuden desselben Baujahrs in guter und schlechter Lage immer gleich hoch sei , egal, aus welchem Jahr die Gebäude stammten. Ein Fehler sei auch, dass etwa bei der Bewertung von Garagen kein Unterschied gemacht werde, in welcher Lage sie sich befänden. Von Grünberg dagegen hält es für besser, sich auf die Erfahrungswerte der städtischen Statistiker zu verlassen, weil sie sich in der Stadt im Gegensatz zu externen Gutachtern auskennen würden. Krämers Kritik kann er nicht nachvollziehen: „Herr Krämer hat selbst auch noch nie einen Mietspiegel erstellt.“ Der Mieterverein hat ebenfalls ein Gutachten erstellen lassen – vom Regensburger Professor Walter Oberhofer. Der laut von Grünberg anerkannte Mietspiegel-Gutachter habe nachgewiesen, dass die Stadt Bonn die Regressionsmethode völlig korrekt anwende. „Wir würden gerne mit Haus & Grund über beide Gutachten diskutieren, aber darauf will man sich nicht einlassen“, kritisierte von Grünberg. Mit ihrem Nein zur Fortschreibung des Mietspiegels sorge die Eigentümergemeinschaft nur für Verwirrung bei ihren eigenen Mitgliedern.

„Der Dissens mit Haus und Grund beim qualifizierten Mietspiegel konnte bisher nicht ausgeräumt werden“, hieß es seitens der Stadt Bonn. Ziel sei es, im Zuge der Erhebung und Aufstellung des neuen qualifizierten Mietspiegels 2020, deren Vorbereitungen im Herbst beginnen sollen, zu einer Lösung zu kommen.

Der Mietspiegel steht diesen Donnerstag ab 18 Uhr im Sozialausschuss (Stadthaus) auf der Tagesordnung. Verabschiedet werden soll ihn der Rat am 7. Juli.

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