Auseinandersetzung am Hofgarten Streit in Bonn eskalierte wegen "Nichtigkeit"

BONN · Nach der blutigen Schlägerei am Bonner Hofgarten erließ ein Richter drei Haftbefehle. Wie inzwischen klar ist, spielten Drogen bei dem Streit offenbar keine Rolle.

Nur noch das getrocknete Blut klebt zwischen den Trittgittern der U-Bahnhaltestelle am Hofgarten. Sonst ist vom brutalen Streit in der Nacht von Samstag auf Sonntag nichts mehr zu sehen. Dort, wo Stunden zuvor Notärzte um das Leben eines Mannes kämpften, wird am Montagmittag Kaffee getrunken. „Der Hofgarten ist grundsätzlich sicher“, sagt Polizeisprecher Robert Scholten.

Die Gefühlslage der Bonner dazu ist gemischt. Einige machen nachts einen Bogen um den Park – andere haben keine Bedenken. Was gegen 3.30 Uhr am Sonntagmorgen geschah, hat die Polizei noch nicht lückenlos aufklären können. Allerdings haben Vernehmungen der Beteiligten und von außenstehenden Zeugen wichtige Details klären können. So waren zwei Gruppen mit insgesamt sieben Personen aneinandergeraten.

Die Situation, die Scholten als „anfangs verbalen Streit“ wegen einer „Nichtigkeit“ beschreibt, eskalierte: Die Beteiligten gingen mit Glasflaschen und Scherben aufeinander los. „Das Ganze schaukelte sich immer weiter auf.“ Derart brutal, dass ein Mann lebensgefährliche Verletzungen erlitt. Insgesamt wurden drei Männer und eine Frau verletzt. Am Montag erließ ein Richter drei Haftbefehle wegen gefährlicher Körperverletzung: Gegen den mutmaßlichen 26-jährigen Haupttäter, einen 20 Jahre alten Mann und eine 22-Jährige. Eine Feststellung war Scholten dabei wichtig: Rauschgift spielte offenbar keine Rolle.

Die Vermutung lag zunächst nahe, zumal die U-Bahn-Station Universität/Markt als Brennpunkt in der Drogenszene gilt und das Areal zuletzt wiederholt Schauplatz von gewalttätigen Auseinandersetzungen war. Erst vor einem Monat hatten sich dort mehr als zehn Beteiligte eine Schlägerei geliefert, bei der auch ein Messer und eine abgebrochene Flasche als Waffen eingesetzt worden waren. Einige Personen rechneten die Ermittler damals der Drogenszene zu.

Auseinandersetzung an Haltestelle Uni Bonn

Dafür hat die Polizei jetzt offenbar keine Hinweise. Scholten zufolge haben sich Täter und Opfer nicht gekannt. Vielmehr seien sich die beiden Gruppen „eher zufällig“ begegnet. Deren Herkunft sei dabei „höchst unterschiedlich gewesen“. Flüchtlinge sollen nach GA-Informationen ebenso vertreten gewesen sein, wie ein EU-Bürger und eine Deutsche. Dazu sagte Scholten nur: „Es gibt kein homogenes Bild von den Kontrahenten.“ Die beiden Männer, die dem Haftrichter vorgeführt wurden, sind Libanesen, einer davon hat womöglich einen EU-Status; die Mittäterin soll Deutsche sein. Die Verletzten stammen aus dem Irak, dem Iran und Afghanistan.

Bonner sehen die Bluttat mit gemischten Gefühlen. „Nachts gehe ich alleine nicht durch den Hofgarten“, erzählt eine junge Frau, die im Hofgarten Kaffee verkauft. „Allerdings meide ich auch dunkle U-Bahn-Unterführungen.“ Tagsüber gebe es im Hofgarten ebenfalls Streitigkeiten, aber nicht in solchen Ausmaßen und meistens unter Leuten aus der Drogenszene. „Man muss dazu aber auch sagen, dass die Polizei hier viel Präsenz zeigt.“ Mike Janßen fühlt sich nicht unsicher. „Mir ist hier noch nie etwas passiert. Und wir haben viel Zeit im Hofgarten verbracht“, sagt der 34-Jährige, der schon viele Jahre in Bonn wohnt. Dass im Park mit Marihuana gedealt werde, ist für ihn keine Neuigkeit und auch kein Grund zur Beunruhigung. „Das war schon vor Jahren so.“

Polizei kontrolliert im Hofgarten regelmäßig

Dass die Polizei häufig mit Streifen, sowohl in Uniform als auch in Zivil, im Hofgarten unterwegs ist, bestätigt Polizeisprecher Scholten. Rund um die Uhr könne man das Areal aber nicht überwachen. „Das käme einer Wache gleich und wäre nur mit politischem Willen realisierbar.“ Trotzdem sei der Hofgarten ein Schwerpunkt in der Polizeiarbeit, was auch immer wieder großangelegte Razzien zeigten. Und: „Die Passanten werden sensibler. Sie haben ein Auge darauf, was im Hofgarten passiert“, sagt Scholten. Häufig werden Notrufe schnell von Zeugen abgesetzt – so wie am Sonntagmorgen. Dann seien Polizisten zügig vor Ort.

Generelle Sicherheitsbedenken bräuchten die Bonner nicht haben. Doch gerade zur Nachtzeit seien Kontrollen schwer, weil das Gelände groß sei, mögliche Kriminelle nahende Polizisten früh erkennen und dann in alle Richtungen flüchten könnten.

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