Vorhang im neuen Wasserland-Bad Stadt bestreitet Sichtschutz nur für Muslima-Schwimmen

Bonn · Die Stadt Bonn nennt Wettkämpfe als Grund für die Verdunkelung im zukünftigen Wasserland-Bad. Sie empfiehlt strenggläubigen muslimischen Frauen vielmehr den Burkini.

Rolle rückwärts oder nur ein Missverständnis? Die Stadtverwaltung gibt im Zusammenhang mit dem geschlechtergetrennten Frauenschwimmen im neuen Wasserland-Bad am Mittwoch jedenfalls beiden Interpretationen Raum. Anlass ist eine am Nachmittag herausgegebene Pressemitteilung. Ihre Quintessenz: Die geplanten Vorhänge sollten gar nicht vorrangig dem islamkonformen Schwimmen dienen, kulturelle Konflikte ließen sich mit dem Burkini lösen. Die Verwaltung wolle nach Schließung des Frankenbads entscheiden, wie mit dem Thema umgegangen werden solle. Dazu werde dem Rat und seinen Fachausschüssen zu gegebener Zeit eine Vorlage unterbreitet.

In der Erklärung heißt es: „Mit den einfachen Vorkehrungen für einen Sichtschutz für eines der Schwimmbecken im neuen Schwimmbad ist keine Entscheidung getroffen, dass es dort ein Schwimmangebot für muslimische Frauen geben wird.“ Vorgesehen sei die Möglichkeit auch, um bei sehr hochrangigen Meisterschaften „die Konzentration der Wettkampfschwimmer zu ermöglichen und Unruhe während des Wettkampfs zu mindern“. Einen zusätzlichen Sichtschutz für muslimische Frauen erklärt die Stadt in ihrer Erklärung indes nun für „unnötig“. Zum Schwimmen für Musliminnen verweise die Integrationsbeauftragte Coletta Manemann seit vielen Jahren auf den Burkini als inzwischen anerkannte Badekleidung, mit der streng religiöse Frauen am öffentlichen Schwimmen teilnehmen könnten. Die Empfehlung sei auch ein Signal an religiöse Fundamentalisten, wie sie in Bonn bekanntlich stark vertreten sind. Gleichwohl sei das Angebot für Frauen „grundsätzlich sinnvoll“ und schade auch nicht der Integration, so Manemann.

Für die FDP eine „politische Anforderung“

Für viele Beobachter der Debatte dürften diese Argumente neu klingen. Wie berichtet, hatte die Verwaltung eine Einwohnerfrage nach dem möglichen Frauenschwimmen im neuen Bad mit den Worten beantwortet: Dort würden Vorkehrungen getroffen, um die Glaswände temporär mit Vorhängen versehen zu können. „Damit könnte das Schul- und Sportbad dem muslimischen Schwimmen zur Verfügung gestellt werden“, so die Stadt auf die konkrete Frage nach einem islamkonformen Angebot. Man gehe davon aus, dass das Interesse des Vereins Al Hilal als Partner auch nach Schließung des Frankenbads weiterhin bestehe, hieß es auf Nachfrage dieser Zeitung.

Festgelegt hatte sich die Stadt somit nur auf die Option, das Angebot des Frauenschwimmens auch im neuen Schwimmbad fortzusetzen. Es folgte eine politische Diskussion. Zunächst begrüßten Vertreter aller etablierten Parteien die Fortführung des Angebots im neuen Bad. Der FDP-Fraktionschef bezeichnete sie gar als „politische Anforderung“, der die Planer nachgekommen seien. Hingegen warf der CDU-Kreisvorsitzende Christos Katzidis der Verwaltung vor, Fakten zu schaffen, ohne dass politisch diskutiert worden sei.

Gänzlich unerwähnt blieb in der Diskussion jener Aspekt, den die Stadtverwaltung nun ihrer Erklärung von Mittwoch voranstellt: dass die Gewinde und Seile für die Vorhänge (auch) der Konzentration der Teilnehmer von Deutschen Meisterschaften dienen soll. Dass dies bei der bisherigen Vorbereitung in der Tat zur Sprache kam, bestätigt auf Anfrage der Stuttgarter Architekt Ernst Ulrich Tillmanns, von dem die Konzeption für das Bad stammt.

Bürger Bund kritisiert Verwaltung

Beides, sowohl das muslimische Frauenschwimmen als auch die Wettkämpfe seien in der Entwicklungsphase Thema gewesen, sagt er. Ebenso war im ersten Bürgerforum und bei Pressegesprächen der Stadtwerke das Frauenschwimmen als Teil des Angebots genannt worden. „Dem architektonischen Ansatz, das Bad mit möglichst großen Glasflächen in die umgebende Landschaft aufzunehmen, widersprechen Vorhänge diametral. Möglich ist es natürlich“, sagt er. „Es gab keinen Planungsauftrag, muslimisches Frauenschwimmen zu ermöglichen“, ergänzt auf Anfrage der Bonner Planer Hermann Ulrich, den die SWB engagiert hat. Ziel sei, eine möglichst flexible Nutzung des Bades zu ermöglichen. Dazu gehörten eben auch die Einschraubhülsen für große Vorhänge.

Kritik an der Stadtverwaltung kommt vom Bürger Bund Bonn (BBB), dessen Fraktion das geschlechtergetrennte Schwimmen als einzige kategorisch abgelehnt hatte. So will BBB-Fraktionsvorsitzender Marcel Schmitt an ein Missverständnis nicht glauben. Wenn das der Fall wäre, stelle sich die Frage, warum ausgerechnet der Vorsitzende des Sportausschusses und CDU-Kreisvorsitzende Christos Katzidis darauf nicht eingegangen sei. „Mit seiner durchsichtigen Schutzbehauptung will der OB nur die protestierenden Bürger dieser Stadt beruhigen“, so Schmitt. Zu Wort gemeldet hat sich auch die Gründerin des Vereins Al Hilal, Carola Abdelsalam. „Die Nachricht, dass die Stadt bemüht ist, bei den Planungen auf die Gepflogenheiten unserer Mitglieder Rücksicht zu nehmen, ist ein klares Signal: Ihr seid Bonner Bürger! Ihr gehört dazu“, schreibt sie.

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