Mehr Leihräder für Bonn geplant So werden die Nextbike-Räder wieder eingesammelt

Bonn · Bonn entwickelt sich für Nextbike zu einem Vorzeigemarkt. Aber: Noch fehlen 65 der insgesamt 100 Stationen und 400 Räder. Das Angebot soll noch wachsen, das Einsammeln der Räder ist schon jetzt eine größere Aufgabe.

Zehn Nextbikes wuchtet ein Mitarbeiter von der Ladefläche des weißen Pritschenwagens. Die Station an der Haltestelle UN-Campus ist schon wieder leer. Meist sind die Leihräder nach wenigen Minuten vergriffen, vor allem im Berufsverkehr. Dann schnappen sich viele, die aus der Bahn steigen, ein Fahrrad und legen darauf die letzten Meter bis zum Arbeitsplatz zurück.

Im Schnitt wird jedes der insgesamt 500 Nextbikes, die es in der Stadt gibt, pro Tag zweimal ausgeliehen. Tendenz: steigend. So ist Bonn in den vergangenen drei Monaten zu einem Vorzeigemarkt für Leihradsysteme geworden – auch wenn noch 65 der insgesamt 100 Stationen sowie 400 Nextbikes fehlen.

„Verglichen mit anderen Gebieten, in denen wir gestartet sind, ist die Nachfrage in Bonn enorm“, sagt Dennis Steinsiek. Er ist Projektleiter für das Leipziger Unternehmen Nextbike, das nach Köln und Düsseldorf bald auch den Rhein-Sieg-Kreis bedienen wird. Das Interesse der Bonner birgt Probleme: Drei Monate nach Auftragserteilung durch die Stadtwerke Bonn musste das System fertig sein, Mitarbeiter gefunden und eine Werkstatt eingerichtet werden.

Vom Kundenverhalten lernen

Durch hohe Ausleihzahlen – bislang rund 55.000 – steigt auch die Logistik. Denn die Räder müssen regelmäßig gesammelt und gewartet werden. Der Aufwand wächst in den nächsten Wochen noch. Dann kommen die restlichen Nextbikes, deren Auslieferung sich wegen fehlender Bauteile verzögert hat.

„Wir stellen uns gerade auf die Bedürfnisse der Kunden ein“, sagt Steinsiek. In so vielen Städten Nextbike auch präsent sein mag: Jedes System sei anders und lasse sich nicht hundertprozentig planen. „Wir müssen einmal alle Jahreszeiten durchmachen, um uns einzugrooven.“ So seien in den Sommermonaten mehr Leute mit dem Rad unterwegs als im Winter.

Als erste Änderung wurde die sogenannte Flexzone ausgeweitet. Jetzt können die Räder im gesamten Stadtgebiet ohne Aufpreis abgestellt werden. Das beste Beispiel des „Einstellens auf das Kundenverhalten“ ist für Steinsiek aber der Venusberg. Er liegt hoch oben über der Stadt – und die wenigsten wollen ihn mit dem Rad erklimmen. „Dafür fahren aber umso mehr runter.“ Für Nextbike bedeutet das, die Fahrräder ständig mit Pritschenwagen nach oben transportieren zu müssen. Allerdings nicht häufig genug, wie zuletzt die Bonner Ratsleute Gabi Mayer und Rolf Beu bemängelten.

Stadt muss Flächen zur Verfügung stellen

Ein weiterer Kritikpunkt sind die fehlenden Stationen. Erst 35 sind in Betrieb, an den anderen gibt es weder Schilder noch Bodenmarkierungen. Nextbike wartet darauf, dass die Stadt die ausgewiesenen Flächen zur Verfügung stellt und beispielsweise Halteverbotsschilder montiert. „Sonst sind die Plätze, die früher mal für Autos gedacht waren, sofort zugeparkt“, sagt Steinsiek. Und ehe die Pfosten nicht stünden, könne man auch keine Stationsschilder aufhängen. Die Stadt äußerte sich auf eine am Mittwoch gestellte Anfrage des GA bislang nicht.

Zwei Nextbike-Transporter sind derzeit im Einsatz, in drei Schichten rollen sie rund um die Uhr über die Straßen. Eine Tour, die nachts eine halbe Stunde dauert, wächst tagsüber wegen des Verkehrs auf zweieinhalb Stunden an. Insgesamt verschieben die Mitarbeiter jeden Tag 200 Nextbikes. Holen sie von der Straße, wenn sie gewartet werden müssen, oder bringen sie zu den Stationen zurück.

Ein dritter Wagen soll mit dem nächsten Schwung Fahrräder Ende Januar folgen. Dass sie derzeit die Ökobilanz trüben, weiß auch Nils Möller, Nextbike-Regionalleiter für das Rheinland. Derzeit ist man in Bonn mit Benzinern unterwegs. „Wir wollen bald aber auf Elektrotransporter umstellen“, sagt er. Wann das passiere, hänge davon ab, wann geeignete Fahrzeuge auf dem Markt verfügbar seien.

Bis dahin legen die Transporter pro Tag mehrere Hundert Kilometer zurück. In den warmen Monaten sind es weniger. Dann sind die Servicemitarbeiter oftmals auf Fahrrädern unterwegs, um Nextbikes auf der Straße zu überprüfen und zu reparieren. „Kleinigkeiten wie eine Klingel können wir auch vor Ort tauschen“, sagt Möller. Für größere Wartungen ist die eigene Werkstatt an der Sebastianstraße zuständig.

2500 bis 3000 Nextbikes in Bonn denkbar

Hier schraubt und schmiert seit anderthalb Wochen der Anlagenmechaniker André Scharrenbach. „Bislang habe ich nur hobbymäßig für Freunde und Verwandte Fahrräder repariert“, erzählt er. Und wie fast alle Kollegen kommt er mit dem Rad zur Arbeit, das gerne im Büro abgestellt wird.

Die Zentrale ist ohnehin noch provisorisch eingerichtet. Ursprünglich ist der Hinterhofbau, der mit seinen drei Räumen eher wie eine große Garage wirkt, ein Bürotrakt gewesen. „Wir wollen hier bald insgesamt vier Werkstatt-Arbeitsplätze haben“, sagt Möller. Inklusive Spezialgeräte für E-Bikes, die aus dem Rhein-Sieg-Kreis angeliefert werden. Die angrenzende Halle dient nur als Lager. Hier werden zusätzlich 100 Nextbikes für besondere Anlässe vorgehalten. „So können wir beispielsweise bei Konferenzen schnell aufstocken“, sagt Möller.

Aber selbst mit ihnen sei der Markt in Bonn nicht ausreichend bedient. „Wir können sicherlich auf 2500 bis 3000 Nextbikes gehen.“ Ob und wann, das sei Zukunftsmusik. Erst einmal müsse das System reibungslos laufen.

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