Kottenforst in Bonn So sieht es zehn Jahre nach Orkan "Kyrill" aus

Bonn · Wer dieser Tage durch den Kottenforst wandelt, erfreut sich an der weißen Winterlandschaft. Nur Förster und andere Umweltexperten können noch die Narben in der Natur erkennen, die Orkan "Kyrill" in der Nacht zum 19. Januar 2007 hinterlassen hat.

 Forstamtsleiter Uwe Schölmerich begutachtet am Gudenauer Weg eine aufgeforstete Waldfläche.

Forstamtsleiter Uwe Schölmerich begutachtet am Gudenauer Weg eine aufgeforstete Waldfläche.

Foto: Holger Willcke

Uwe Schölmerich, Leiter des Regionalforstamts Rhein-Sieg-Erft, erinnert sich: „Kyrill war ein einschneidendes Erlebnis, das zu bewältigen große Anstrengungen erforderte. Mehr als 30.000 Bäume sind damals im Zuständigkeitsbereich des Forstamts umgeknickt. Dennoch muss man festhalten, dass Bonn mit einem blauen Auge davongekommen ist. Das Sauerland und die Region Siegen/Wittgenstein hat es damals besonders hart getroffen.“

Kyrill sei der stärkste Orkan in Deutschland seit „Lothar“ im Dezember 1999 gewesen. Der Sturm führte insbesondere zu großflächiger Waldvernichtung. Mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 200 Stundenkilometern raste der Sturm über die Wälder rechts und links des Rheins und hinterließ eine Spur der Verwüstung.

In Deutschland waren elf Tote zu beklagen, davon allein sechs in Nordrhein-Westfalen. Den volkswirtschaftlichen Schaden bezifferte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft auf 2,4 Milliarden Euro. Für viele Waldbesitzer und Forstleute war der Orkan ein besonders traumatisches Erlebnis. In wenigen Stunden zerstört Kyrill, was über Generationen aufgebaut und gepflegt worden war.

Im Forstamt Rhein-Sieg-Erft war die rechte Rheinseite mit dem Königsforst und dem Bergischen Land deutlich stärker betroffen als die im Windschatten der Eifel liegenden Flächen auf der linken Rheinseite. Allerdings gab es kaum ein Waldstück, in dem nicht mindestens ein paar Bäume umgefallen oder gebrochen waren.

Am Tag nach dem Orkan wurden als erstes die Straßen und Hauptwege wieder freigemacht, um das Schadensausmaß überhaupt erkennen zu können. Nach Auskunft des Landesbetriebs Wald und Holz NRW war das Betreten der Wälder über Monate teils unmöglich, teils eingeschränkt. Die Forstarbeiter gingen strategisch vor: Kartierung der Schadensflächen, Koordinierung der Forstunternehmen, Aufarbeiten der abgebrochenen Bäume, Unterstützung der Privatwaldbesitzer und Planung der Wiederaufforstung. „Jeder Sturm ist erst einmal eine Katastrophe – aber auch eine Chance, die Wälder vielfältiger und stabiler wieder aufzubauen.

Natürlich braucht das Zeit – nicht Jahrzehnte, sondern oft auch ein Jahrhundert“, erklärte Schölmerich bei einem Gespräch mit dem GA. Dabei hat das Forstamt auch fremdländische Baumarten wie die Douglasie im Kottenforst integriert, die besser an das Klima der Zukunft angepasst ist. Die Waldflächen sind artenreicher geworden. Auf Kyrill-Flächen, auf denen früher nur Fichten standen, wachsen heute mancherorts zehn verschiedene Baumarten. „Aus eins mach zehn“ ist zu einem Slogan der neuen Waldbaustrategie geworden. „Von Herbst 2007 bis März 2008 wurden 50.000 junge Eichen im Kottenforst gepflanzt“, weiß Schölmerich.

Orkan Kyrill: Ein Rückblick
35 Bilder

Orkan Kyrill: Ein Rückblick

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Zur Bewältigung der Katastrophe ließ sich nach Kyrill vieles mobilisieren, was vorher unmöglich schien. Fördermittel, Verwaltungsvereinfachungen, Genehmigungen oder zusätzliches Personal sind nur einige Beispiele. Gefragt, ob Förster den Wald auf einen nächsten Orkan vorbereitet haben, sagt Schölmerich. „Durch das Anpflanzen eines artenreichen Waldes, der eine natürliche Verjüngung verspricht, haben wir die Stabilität der Bäume erhöht. Stabile Bäume brauchen Platz und junge Bäume brauchen genug Licht. Deshalb ist eine regelmäßige Durchforstung wichtig, um den Wald für den Klimawandel fit zu machen.“

Dennoch könne der nächste Orkan wieder einen Schaden wie Kyrill anrichten. Durch den Klimawandel müsse man in Zukunft von häufigeren Unwetterkatastrophen ausgehen. Darin seien sich alle Experten einig. Ein Sommersturm hätte laut Schölmerich wegen der belaubten Bäume noch katastrophalere Auswirkungen als ein Wintersturm. „Kyrill hat unter anderem dazu geführt, dass wir Förster jetzt ein Handbuch Sturm erarbeitet haben. Im Fall des Falles sollte jeder Mitarbeiter wissen, was wann zu tun ist.“

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