Geduldsprobe für Autofahrer Schranken in Bonn bleiben noch länger geschlossen

BONN · Die neue Bahnhaltestelle UN-Campus bringt für Autofahrer, Radler und Fußgänger längere Wartezeiten. Die Mehrkosten von 120.000 Euro trägt der Nahverkehrsverbund Rheinland.

Des einen Freud', ist des anderen Leid. Ab Anfang November will die Deutsche Bahn die neue Haltestelle UN-Campus auf der Rückseite der Museumsmeile anfahren. Gearbeitet wird fleißig, die Bauzeit wurde mit Blick auf die Klimakonferenz im WCCB und in der Rheinaue mit rund erwarteten 20 000 Teilnehmern noch einmal verkürzt. Die Mehrkosten von 120.000 Euro trägt der Nahverkehrsverbund Rheinland.

Bahnfahrer profitieren von dem neuen Haltepunkt, denn von dort können sie mit zwei Buslinien weiter ins ehemalige Regierungsviertel fahren. Auf der anderen Seite werden Fußgänger, Rad- und Autofahrer, die schon heute am Bahnübergang Ollenhauerstraße täglich auf Geduldsproben gestellt werden, noch länger vor verschlossenen Schranken auf die Weiterfahrt warten müssen.

Bis zu vier Nahverkehrszüge pro Stunde legen am UN-Campus einen Stopp ein. Ein Bahnsprecher teilte auf Anfrage mit, „dass sich durch den Halt von Zügen am neuen Haltepunkt die Schrankenschließzeiten an den Bahnübergängen zwischen Rheinweg und Ollenhauerstraße geringfügig verlängern werden“. Die Stadt nennt konkrete Zeiten und bezieht sich auf eine alte Stellungnahme der DB. Demnach dauert es an der Schranke künftig jeweils anderthalb bis zwei Minuten länger, wenn Nahverkehrszüge passieren. Keine einfache Situation für die Betroffenen, zu denen auch Schüler des an der Ollenhauerstraße liegenden Friedrich-Ebert-Gymnasiums und der Erich-Kästner-Grundschule gehören. Die Schranken sind schon heute nicht selten 20 Minuten lang am Stück geschlossen.

Jahrelange Planungsphase

„Die Erstellung des Fahrplans für den neuen Haltepunkt ist noch in Arbeit“, teilte ein Bahnsprecher mit. Die Inbetriebnahme der Station sei weiterhin für Anfang November vorgesehen. Bis Juli hatte die Bahn den UN-Campus schon in den online abrufbaren Fahrturnus integriert. Nach einer Nachfrage des GA hat man ihn allerdings ohne weitere Erklärung wieder aus dem Plan genommen.

Seit Jahren ist am Bahnübergang Ollenhauerstraße eine Entlastung im Gespräch, um die Verkehrssituation zu entspannen. Man befinde sich trotz des langen zeitlichen Anlaufs noch „in einer frühen Planungsphase“, teilte der Bahnsprecher mit. Für die angedachte Unterführung „wird gerade eine Planungsvereinbarung erstellt. Die Kosten liegen grob geschätzt bei 8,5 bis zehn Millionen Euro.“ Wann es mit dem Bau losgehen kann, sei nicht absehbar. In jedem Fall konzentriert die DB sich auf diesen Übergang, die anderen würden zurzeit nicht weiter verfolgt. Die Schranken werden sich also auf unbestimmte Zeit weiter senken.

Zur Finanzierung ist nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz eine Aufteilung der Kosten auf die Bahn, den Bund und die jeweilige Kommune zu jeweils einem Drittel vorgesehen. Auf die Stadt kämen also mindestens drei Millionen Euro zu. Die Bundestagsabgeordneten Claudia Lücking-Michel (CDU) und Ulrich Kelber (SPD) halten den Anteil der Stadt allerdings für zu hoch. Sie begründen das mit der Ausweisung als viel befahrene Strecke in den transeuropäischen Netzen (TEN). Viele Pendler nutzen die Trasse nur zur Durchfahrt, ohne dass die Stadt etwas davon hat. Die Politiker verfolgen allerdings unterschiedliche Ansätze, wie der Anteil verkleinert werden kann: Kelber hatte zunächst eine bundesweite Regelung für alle viel befahrenen TEN-Trassen vorgeschlagen, und Lücking-Michel will eine Sonderfinanzierung für die Rheintrasse ohne kommunalen Eigenanteil erreichen. Beide sehen Bewegung auf ihrem jeweiligen Weg dahin.

Gespräche über Entlastung "noch in diesem Jahr"

Lücking-Michel sagt, sie habe NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) in der Sache angeschrieben „und um entsprechende Prioritätensetzung gebeten. Im Koalitionsvertrag der Landesregierung ist nämlich ein Masterplan zum Thema Lärmbekämpfung und Bahnübergangsbeseitigung im Rheintal vorgesehen.“ Er solle mit dem Bund, anderen Rhein-Anliegerländern und der Bahn auf den Weg gebracht werden.

Aus dem Verkehrsministerium teilte Sprecherin Leonie Molls mit: „Die Landesregierung will noch dieses Jahr erste Gespräche mit der Bundesregierung, den betroffenen Ländern und Kommunen sowie der Deutschen Bahn über die Situation im Rheintal aufnehmen.“ Einen Termin gebe es noch nicht. Erst danach könnten Aussagen über Maßnahmen, Strecken und Finanzierung getroffen werden. Die Frage, wie hoch die finanzielle Belastung für die Stadt sein werde, beantwortete Molls so: „Wegen der nationalen und sogar europäischen Bedeutung dieser Strecke wollen wir einen Weg finden, wie notwendige Maßnahmen ohne finanzielle Beteiligung der Anliegerkommunen finanziert werden können.“

Laut Kelber hat ihm das Bundesverkehrsministerium mitgeteilt, dass es für einen anderen Finanzierungsschlüssel aller deutschen TEN-Trassen keiner Gesetzesänderung bedürfe. „Eine Verordnung des Ministers würde reichen. Für eine solche Verordnung setzen sich auch Verkehrspolitiker der Union ein.“ Auf eine Stellungnahme aus dem Ministerium von Alexander Dobrindt warte er allerdings seit mehreren Wochen. Auch Anfragen des General-Anzeigers zum selben Thema ließ das Ministerium unbeantwortet.

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